Friedhöfe der Templer
Orte der Ruhe, des Versprechens und des Konflikts
Privileg und Recht
Mit der großen Privilegienbulle Omne Datum Optimum, erlassen im Jahr 1139 durch Papst Innozenz II., erhielten die Tempelritter das Recht, eigene Kirchen und Friedhöfe zu errichten. Damit wurde den Brüdern des Ordens wie auch der engeren familia die Möglichkeit gegeben, innerhalb des Schutzraumes des Ordens bestattet zu werden. Allerdings blieben die Rechte der Bischöfe gewahrt: Begräbnisse mussten unter Berücksichtigung der kirchlichen Ordnung stattfinden, und die sogenannte portio canonica – der vierte Teil der Vermächtnisse – war an die zuständigen Pfarrgeistlichen abzuführen.
Ab den 1180er Jahren wurde dieses Recht durch weitere päpstliche Privilegien ausgeweitet: nun durften alle Gläubigen, die dies wünschten, auf den Templerfriedhöfen bestattet werden. Die Templer standen damit in einem Spannungsfeld zwischen geistlichem Privileg, bischöflicher Autorität und menschlichem Verlangen nach geistlicher Nähe zum Orden.
Donation und Begräbnis
Viele Gläubige erhofften sich durch eine Bestattung in einer Komturei besondere geistliche Vergünstigungen: Gebete der Brüder, Anteil an den geistlichen Gütern und Schutz über den Tod hinaus.
So versprach die Dame Proenza 1226 in Tortosa als donata et conversa nicht nur ihre Treue, sondern auch eine jährliche Gabe von Kerzenwachs und eine testamentarische Geldsumme. Im Gegenzug sicherte ihr der Komtur die Bestattung im Ordensfriedhof sowie geistliche Teilhabe zu. Ebenso legte der Ritter Petrus de Militia 1270 fest, dass er in Saint-Gilles auf dem dortigen Templerfriedhof beigesetzt werden sollte – unter feierlicher Handreichung und Schwur auf die Evangelien.
Die Aufnahme in die familia und die Zusage eines Begräbnisses waren nicht nur ein Wunsch, sondern ein heiliger Vertrag zwischen Spender und Orden. Selbst unterwegs auf Pilgerfahrt ließ sich dieses Versprechen oft verankern, damit im Falle des Todes der Leib dennoch im Schoß des Ordens zur Ruhe kam.
Konflikte um das Begräbnisrecht
Dieses weitreichende Begräbnisrecht führte unweigerlich zu Konflikten mit Bischöfen und Pfarrgeistlichen. Denn mit jedem Begräbnis auf einem Templerfriedhof entgingen der örtlichen Kirche Einnahmen und Einfluss.
Bereits 1152 schränkte der Erzbischof von Arles die Bestattung auf Templerfriedhöfen auf Ordensmitglieder ein. 1169 legte der Abt von Saint-Gilles sogar die maximale Größe des Friedhofs fest und verbot, Sterbende auf dem Totenbett noch in den Orden aufzunehmen, um den Anspruch auf ein Templerbegräbnis zu sichern.
1281 kam es in Tortosa zu einer detaillierten Vereinbarung: Die Templer durften jeden aufnehmen, der dies wünschte, doch der Pfarrkleriker musste den Leichnam begleiten und ein Viertel aller Gaben fiel an den Bischof.
Nicht selten wurde den Ritterorden vorgeworfen, ihre Privilegien auszudehnen und sogar Exkommunizierte oder unter Interdikt stehende Personen zu bestatten. Papst Alexander III. befahl 1175 die Exhumierung solcher Leichname in Canterbury. Hier zeigte sich, wie sehr das Begräbnisrecht auch ein Kampf um Macht und Deutungshoheit war.
Zeugnisse der Templergräber
Bis heute sind an Orten wie Lietzen, Laon oder Atlit Spuren von Templerfriedhöfen erhalten. Grabplatten und Begräbnisstätten legen beredtes Zeugnis ab, doch eine eindeutige Identifizierung gelingt nur, wenn Inschriften oder Symbole – wie das Kreuz des Ordens – den Verstorbenen als Templer kennzeichnen. Nach der Auflösung des Ordens gingen die meisten Friedhöfe in den Besitz der Johanniter über, sodass sich ihre Geschichte mit jener der Templer untrennbar vermischt.
Fazit: Der Friedhof als Spiegel des Glaubens
Für uns Templer ist der Friedhof mehr als ein Ort der Bestattung. Er ist Symbol des Versprechens – ein Band zwischen dem Lebenden und der Gemeinschaft, das auch im Tod nicht zerreißt.
Die Auseinandersetzungen um das Begräbnisrecht zeigen, wie stark dieser Wunsch nach geistlicher Nähe zum Orden war – und wie sehr er zugleich die bestehenden kirchlichen Strukturen herausforderte.
So sind die Friedhöfe der Templer ein Spiegel jener Zeit: Orte des Gebets, der Erinnerung, des Konflikts – und bis heute stille Zeugen einer Bruderschaft, die den Menschen nicht nur im Leben, sondern auch im Tod Beistand versprach.

