Jaques de Molay und die Verleumdungen gegen die Templer
Frankreich war in der Zwischenzeit als Hauptsitz
der Templer ausgebaut worden. Der unter chronischem
Geldmangel leidende König Philipp der
Schöne hatte wieder einmal die Währung abgewertet
und musste vor dem aufgebrachten Volk in
die Templerburg in Paris flüchten. Dort wurde er
von dem um die Unterhaltung des Königs besorgten
Seneschall durch die Schatzkammer geführt
– ein verhängnisvoller Fehler. Denn nun
wurde Philipp des vollen Umfangs des Reichtums
seiner Beschützer ansichtig.
Als er wieder dem Schutz seiner Leibgarde, den
Bogenschützen, übergeben wurde, war er voll des
Neides und Hasses auf den Orden. Er begann die
Verfolgung des Ordens mit den Mitteln der Verleumdung,
Denuntiation und der Beeinflussung
der öffentlichen Meinung. Das notwendige Material
dazu lieferte ihm Esquieu de Floyran, ein ehemaliger
Templer und entlassener Häftling, der den
Orden der Ketzerei, Päderastie, Sodomie und der
Anbetung von Götzen bezichtigte.
In dieser Situation befand sich nun Jaques de
Molay, als er 1306, dem Ruf von Klemens V. folgend,
aus Zypern nach Frankreich zurückkehrte,
um hier gemeinsam mit dem Großmeister der Johanniter
einen neuen Kreuzzug vorzubereiten. Er
begnügte sich nicht damit, einfach nur anzukommen,
sondern gestaltete seine Reise von Marseille
nach Paris als Triumphzug eines heimkehrenden
siegreichen Herrschers. Schwer mit Schätzen beladen
(ca. 150 000 Goldstücke, 10 Maultierladungen
Silber) und mit einem mächtigen Tross zog er
in Paris ein.
Dies musste Philipp als Machtdemonstration,
beinahe als Drohung, vorkommen. Er bereitete
nun im geheimen mit seinen Vertrauten Wilhelm
de Nogaret und Wilhelm Imbert, dem Großinquisitor
von Frankreich, die Vernichtung des Ordens
vor.
Molay fühlte sich zu diesem Zeitpunkt gänzlich
sicher. Er wollte lediglich den Kreuzzug vorbereiten
und hatte selbst Papst Klemens ersucht, die gegen
den Orden gerichteten Angriffe zu untersuchen.
Er war in dieser Zeit im wesentlichen damit
beschäftigt, eine Vereinigung der Johanniter mit
den Templern zu verhindern. Molay rechnete dabei
weder mit der Schwäche des Papstes, dessen
alleiniger Gerichtsbarkeit er unterstellt war, noch
mit der Systematik, mit der Philipps Schergen vorgingen.
Der Großinquisitor gab dem König den Auftrag,
die Mitglieder des Ordens zu verhaften und
der Inquisition zur Untersuchung vorzuführen.
Damit hatte der König die Möglichkeit, auch vor
der Öffentlichkeit die ersten Verhöre durchzuführen.
Am 13. Oktober 1307 war es soweit. Die
Gens de Roi, die Häscher des Königs, verhafteten
in ganz Frankreich einen Großteil der Ordensangehörigen
oder setzten sie in den eigenen Ordenshäusern
fest.
Unter schwerer Folter gestand sechs Tage nach
seiner Verhaftung Gottfried de Charney, der Präzeptor
der Normandie, die dem Orden vorgeworfenen
Vergehen und verhalf damit den Feinden
des Ordens zu ihrem ersten Erfolg.
Molay, der nicht gefoltert wurde, wahrscheinlich
aber Folterungen beiwohnen musste, verfasste
am 25. Oktober 1307 ein Schreiben an alle inhaftierte
Brüder, in dem er sie aufforderte, alle
ihnen vorgeworfenen Vergehen, mit Ausnahme
der Sodomie, zu bekennen.
Was waren das nun für Vorwürfe und Verleumdungen,
die die Inquisition und der König
durch Folterungen bestätigt bekommen wollten?
Im wesentlichen bezogen sich die Vorwürfe auf
die Aufnahmezeremonie. Die Hauptanklagepunkte
lauteten, dass die Novizen anlässlich ihrer Aufnahme
Christus dreimal verleugnen müssten,
indem sie das Kreuz dreimal bespuckten, den aufnehmenden
Oberen sollten sie auf Gesäß, Genitalien
und Mund küssen, womit die Templer auch
den Vorwürfen der Homosexualität und Päderas-
tie ausgesetzt waren. Des weitern wurde den
Templern Götzendienst vorgeworfen, weil sie eine
geheimnisvolle Gottheit namens Baphomet verehrt
haben sollten.