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Muslimischer Sultan und Templer werden Blutsbrüder

Es ist eine jener Geschichten, die die Kreuzzüge in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen: Ein Kommandant der Tempelritter und der gefürchtete muslimische Sultan von Ägypten schließen einen Bund – nicht als Feinde, sondern als Blutsbrüder.

Ein unerwartetes Bündnis

In den 1270er Jahren lebte in der Küstenstadt Sidon der Templerkommandant Matthew Sauvage (auch Sarmage genannt). Dort kam er in Kontakt mit keinem Geringeren als dem Mamluken-Sultan Baybars – einem der fähigsten und härtesten Herrscher, die den Kreuzfahrern je gegenüberstanden.

Zwischen beiden Männern kam es zu einer außergewöhnlichen Zeremonie: Sie schworen sich ewige brüderliche Treue, indem sie ihr Blut mischten. Der italienische Notar Antonio Sici di Vercelli, der zu dieser Zeit den Templern diente, schrieb:

„Der Kommandant Sauvage war der Bruder des Sultans von Babylon (Kairo), der damals regierte, weil jeder abwechselnd vom Blut des anderen getrunken hatte – weshalb sie Brüder genannt wurden.“

Ein Ritual, das für damalige Christen ebenso schockierend wie faszinierend gewesen sein muss.

Wer war Baybars?

Baybars (1223–1277) war kein Araber, sondern ein Mamluke, also Nachkomme eines turkstämmigen Sklavenvolkes, das in Ägypten zu militärischer Macht aufstieg. Geboren in der Steppe nördlich der Krim, unterschied er sich durch sein helles Aussehen – groß, blauäugig, breitgesichtig – von den Völkern, die er später regierte.

Militärisch galt Baybars als einer der größten Feldherren seiner Zeit:

  • Er besiegte die Kreuzfahrer mehrmals vernichtend.

  • In der Schlacht von Al Mansura fügte er 1250 den Templern und den Truppen des französischen Königs Ludwig IX. eine beschämende Niederlage zu.

  • Er stoppte sogar die Mongolen in Galiläa – ein Sieg von welthistorischer Bedeutung.

Ein erbarmungsloser Gegner also – und doch wurde er der Blutsbruder eines Templers.

Blutsbrüder – eine Tradition?

So ungewöhnlich es klingt: Solche Bündnisse gab es bereits zuvor. Saladin etwa soll der Blutsbruder des Grafen Raimund III. von Tripolis gewesen sein, ebenso des byzantinischen Kaisers Isaak II. Angelos.

Es zeigt, dass persönliche Beziehungen zwischen Kreuzfahrern und muslimischen Herrschern komplexer waren, als man gemeinhin annimmt. Diplomatie, Ehre und gegenseitiger Respekt konnten neben fanatischem Krieg bestehen.

Wie kam es zum Bund?

Über die genauen Umstände kursieren zwei Theorien:

  1. Diplomatische Begegnung: Die Templer empfingen durchaus hochrangige muslimische Gäste in ihren Ordenshäusern. Es ist möglich, dass Baybars als Gesandter oder Herrscher bei den Rittern erschien und dort Sauvage kennenlernte.

  2. Rettung aus Gefangenschaft: Eine andere Überlieferung besagt, dass Sauvage nach einem Gefecht in Gefangenschaft geriet. Während andere Kreuzfahrer freigekauft wurden, blieben die Templer zurück – bis Baybars selbst ihre Freilassung veranlasste. Sauvage könnte sein Leben dem Sultan verdankt haben – und den Dank in einem Blutsbrüderpakt besiegelt haben.

Tragisches Nachspiel

So außergewöhnlich dieser Bund war, so tragisch wurde er Jahrzehnte später ausgelegt. Als die Templer 1307 untergingen und ihre Ankläger alles zusammentrugen, was gegen sie sprach, trat der alte Notar Antonio Sici di Vercelli als Zeuge auf.

Er berichtete vom Blutsbrüderpakt zwischen Sauvage und Baybars – und die Feinde des Ordens nutzten dies als Beweis für angebliche Doppelzüngigkeit und Verrat der Templer an der Christenheit.

Viele Brüder zahlten mit ihrem Leben auf dem Scheiterhaufen.

Fazit

Die Geschichte von Matthew Sauvage und Sultan Baybars zeigt, dass selbst im Zeitalter der Kreuzzüge Feindschaft nicht das letzte Wort sein musste. Ein Templer und ein Sultan verbanden ihr Blut – ein Bild für die Brüderlichkeit jenseits von Grenzen und Religionen.

Doch am Ende wurde dieser Pakt nicht als Zeichen von Größe, sondern als Vorwurf gegen den Orden gewertet. So ist das Schicksal der Templer: gefeiert für Tapferkeit, verurteilt für ihre Geheimnisse.

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