Unerträgliche Gleichgültigkeit
Nach einem Bootsunglück mit mindestens 57 Toten vor Libyen hat der Jesuiten-Flüchtlingsdienst harte Kritik an den politischen Institutionen geübt.
Die Unbeweglichkeit und Gleichgültigkeit der Regierungen und der EU sei „unerträglich“ angesichts der gestiegenen Zahl ertrunkener Migranten, erklärte der Leiter der Ordenseinrichtung in Rom, Camillo Ripamonti, am Dienstag. Man müsse dem „Massenopfer der Migranten“ ein Ende setzen.
Der Jesuit verlangte eine unverzügliche Such- und Rettungsmission auf dem Mittelmeer mit ausschließlich humanitären Zielen. Die Finanzhilfen für Libyen sollten für eine legale und sichere Einwanderung umgewidmet werden. Ripamonti sagte, die bereits bestehenden humanitären Korridore und Umsiedlungsprogramme hätten sich als gangbarer Weg erwiesen, um den Zustrom von Migranten zu regeln. Die EU müsse das überholte Dublin-Abkommen durch strukturelle Maßnahmen für höhere Einwandererzahlen und eine gerechte Verteilung auf die Mitgliedsstaaten ersetzen.
Mindestens 57 Tote
Beim Kentern eines Migrantenboots vor der libyschen Küste waren am Wochenbeginn nach UN-Angaben mindestens 57 Menschen ums Leben. Unter den Toten seien mindestens 20 Frauen und zwei Kinder, wie eine Sprecherin der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Montag unter Berufung auf Berichte von Überlebenden mitteilte. Das Boot war demnach am Sonntag von der westlibyschen Stadt Chums aus gestartet.
Seit Jahresbeginn ertranken oder verschollen auf dem Mittelmeer laut IOM 1.113 Migranten, mehr als zweieinhalb Mal so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Allein 920 starben bei der Überfahrt über das zentrale Mittelmeer nach Italien oder Malta.