Unsere Treffen im Untergrund
Die Geschichte der Templer kennt nicht nur Glanz und Ruhm, sondern auch Zeiten des Rückzugs und der Verschwiegenheit. Nach außen hin mochte es scheinen, als wäre ihr Wirken zu Ende – doch im Verborgenen hielten sie das Feuer der Tradition am Leben. Ein besonders bewegendes Kapitel dieser Geschichte beginnt mit dem Untergrundwirken nach dem Jahr 1823.
Die Auflösung der Wildensteiner Ritterschaft
Mit der Auflösung der „Wildensteiner Ritterschaft auf blauer Erde“ auf Burg Seebenstein im Jahr 1823 wurde ein symbolisches Kapitel geschlossen. Diese Ritterschaft, eng mit alten Ordensstrukturen verbunden, war Träger esoterischer, ritterlicher und humanistischer Ideale. Ihr Ende markierte auch für unseren Templerorden einen Wendepunkt: Der Rückzug in den Untergrund wurde zur Notwendigkeit.
Freimaurerei und Ordensbünde unter Verdacht
Bereits im Jahr 1790 wurde unter Kaiser Franz II. die Freimaurerei in Österreich faktisch zum Erliegen gebracht. Der Kaiserhof stand geheimen Gesellschaften zunehmend feindlich gegenüber. In einer Ära politischer Spannungen, aufkommender Revolutionen und wachsender Kontrolle betrachtete man jede Form von „Geheimbündelei“ mit Misstrauen – seien es Freimaurerlogen, Ritterbünde oder spirituelle Orden.
Der Templerorden geriet ebenfalls ins Visier. Seine rituellen Zusammenkünfte, seine Verbindung zum humanistischen Gedankengut und seine transnationalen Kontakte galten als potenziell staatsgefährdend. Die Folge war das Abtauchen in die Verborgenheit.
Die Wiener Komturei im Schatten des Karriegels
Trotz aller Gefahren blieb der Geist des Ordens lebendig. Für das Jahr 1914 existieren glaubwürdige Hinweise, dass sich Mitglieder der Wiener Komturei regelmäßig im tiefen Wienerwald trafen – an einem abgelegenen Ort: der Robert-Fünkh-Hütte am Karriegel.
Diese Hütte, fernab städtischer Beobachtung, diente als geheimer Versammlungsort. Hier wurde das geistige Erbe gepflegt, Rituale abgehalten, Wissen weitergegeben. Es war ein Rückzugsort für jene, die unbeirrbar an den Werten von Tapferkeit, Wahrheitssuche und innerer Vervollkommnung festhielten.
Der Geist lebt im Verborgenen
Diese Phase des Untergrunds war keine Flucht, sondern ein Schutzraum. Ein Raum, in dem die innere Arbeit weitergeführt, das Wissen bewahrt und die Verbindung zur spirituellen Quelle erhalten blieb. Die äußere Unsichtbarkeit bedeutete keine Aufgabe, sondern einen Übergang – wie der Same, der im Verborgenen keimt, bis die Zeit zur Blüte reif ist.
Heute erinnern wir uns an jene Brüder, die in Stille wirkten, um das Licht der Templertradition durch die Dunkelheit zu tragen. Ihr Mut, ihre Ausdauer und ihre Treue über politische Umbrüche hinweg sind ein Vermächtnis, das bis in unsere Tage nachwirkt.