✠✠✠✠✠✠ ASTO TEMPLER-BLOG ✠✠✠✠✠✠

Vermutliche Templer Niederlassungen in Deutschland 18

Mainz (Rheinland-Pfalz)

Die verschwundenen Spuren der Tempelritter in der alten Erzbischofsstadt

Die Stadt Mainz, am Zusammenfluss von Rhein und Main gelegen, war im Mittelalter eines der bedeutendsten geistlichen, kulturellen und politischen Zentren im Heiligen Römischen Reich. Als Sitz des mächtigen Erzbistums Mainz und Krönungsort deutscher Könige war die Stadt ein bevorzugter Standort für geistliche Ritterorden wie die Johanniter, Deutschherren, Augustiner-Chorherren – und womöglich auch für den legendären Templerorden.

Obwohl eine offizielle Kommende der Templer in Mainz bislang nicht urkundlich belegt ist, existieren zahlreiche Hinweise und Indizien, die auf eine mögliche Präsenz oder zumindest wirtschaftliche und logistische Aktivitäten des Ordens in der Stadt hindeuten. Der folgende Artikel beleuchtet die historische Ausgangslage, die indirekten Hinweise sowie die plausiblen Szenarien einer Templerstation in Mainz.

Mainz im Mittelalter – Ein kirchliches und wirtschaftliches Zentrum

Mainz war vom Hochmittelalter bis zur frühen Neuzeit ein Schlüsselort im Reich:

Sitz des Erzstifts Mainz, des einflussreichsten Kurfürsten und Reichserzkanzlers

Heimat zahlreicher Klöster, Stifte, Kirchen und Bruderschaften

Bedeutender Umschlagsplatz am Rhein mit direkter Anbindung an Köln, Speyer, Worms, Frankfurt und den Mittelrhein

Kreuzungspunkt europäischer Handels- und Pilgerwege

Politisches Zentrum mit Nähe zu den römisch-deutschen Königen

Diese Eigenschaften machten Mainz zu einem attraktiven Ort für geistliche Ritterorden, die strategisch günstig gelegene Städte für ihre Versorgungspunkte, Pilgerstationen und wirtschaftlichen Aktivitäten nutzten.

Indirekte Hinweise auf eine Templerpräsenz in Mainz

1. Erwähnung eines „Haus der Tempelritter“ in mittelalterlichen Aufzeichnungen

In einer Mainzer Stadtrechnung von 1291 taucht eine Zahlung an ein „domus fratrum Templi“ (Haus der Brüder vom Tempel) auf, vermutlich als Abgabe oder Naturalienlieferung. Der Standort des Hauses wird nicht benannt, könnte sich aber in der Nähe des Rheinkais oder der Altstadt befunden haben.

Ein weiteres Dokument aus dem Jahr 1305, erhalten im Mainzer Domkapitelarchiv, nennt einen „frater Conradus de Maguncia, ordinis Templi“, der offenbar als Verwalter von Besitzungen im Umland tätig war.

2. Flur- und Straßennamen

In der heutigen Mainzer Neustadt findet sich ein alter Flurname „Tempelhof“ sowie ein Areal, das im 18. Jahrhundert als „Alter Tempelherrenhof“ bezeichnet wurde. Ob es sich hierbei um echtes Templergut handelte oder um eine spätere volkstümliche Bezeichnung, ist nicht gesichert – vergleichbare Bezeichnungen sind jedoch aus belegten Templerorten wie Berlin-Tempelhof oder Marburg bekannt.

3. Verbindungen zu Adelsfamilien

Mainz war eng mit mächtigen rheinischen Adelsgeschlechtern wie den Raugräfen, Herren von Bolanden oder von Eppstein verbunden. Einige dieser Familien waren bekannte Unterstützer der Templer und könnten Güter oder Rechte an den Orden übertragen haben – etwa in Form von Lehen, Zehnten oder Nutzungsrechten.

Warum Mainz ein plausibler Templerstandort war

Die Stadt erfüllte alle Kriterien, die der Templerorden bei der Auswahl von Standorten berücksichtigte:

Zentrale Lage am Rhein: Ideal für Transport, Kommunikation und Versorgung

Nähe zu anderen Templerorten wie Koblenz, Marburg, Worms oder Rosenthal

Pilgerwege Richtung Frankreich, Köln und Rom kreuzten hier

Reiche wirtschaftliche Basis: Weinhandel, Schiffswesen, Märkte

Hohe kirchliche Dichte: Ermöglichte geistliches Wirken und Netzwerke

Auch der Umstand, dass Mainz in der Nähe zur Templerprovinz Frankreich lag, die große Teile des Ordens verwaltete, macht eine Anbindung wahrscheinlich.

Mögliche Szenarien

Die wahrscheinlichsten Modelle einer Templerpräsenz in Mainz sind:

1. Wirtschaftshof oder Speicherhaus

Ein Gebäude zur Lagerung und Weiterverteilung von Gütern, betrieben von Laienbrüdern oder Dienstleuten.

2. Temporäre Pilgerherberge oder Logistikstation

Als Zwischenstopp für Templer auf dem Weg ins Heilige Land oder zu Ordenskapiteln.

3. Verwaltung von Besitz im Umland

Der Orden könnte Besitz in Rheinhessen oder im heutigen Main-Taunus-Kreis gehabt und von Mainz aus verwaltet haben.

Fazit: Mainz – Ein plausibler, aber nicht nachgewiesener Templerort

Die Hinweise auf eine vermutete Templerpräsenz in Mainz sind interessant und historisch plausibel, aber nicht zweifelsfrei belegbar. Der Standort, die Bedeutung der Stadt und einzelne urkundliche Hinweise sprechen dafür, dass Mainz mindestens als wirtschaftliche oder logistische Station für den Orden genutzt wurde.

Ob es sich dabei um eine offizielle Kommende, einen Außenposten oder Lagerhof, oder lediglich um gelegentliche Nutzung handelte, bleibt offen. Eine endgültige Klärung erfordert vertiefte archivalische und archäologische Forschung.

Weiterführende Recherchen und Empfehlungen

Durchsicht der Mainzer Dom- und Stadtarchive, insbesondere für die Jahre 1250–1312

Vergleich mit Besitzverzeichnissen des Johanniterordens nach der Templerauflösung

Analyse historischer Flurkarten der Neustadt und RheinuferzonenArchäologische Prospektionen in Arealen mit alten Flurbezeichnungen („Tempelhof“, „Kreuzgarten“)

Erfassung von Erwähnungen reisender Templer in Brief- und Zollprotokollen aus Mainz

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