Warum uns Social Media empfänglich macht für Desinformation
In der heutigen Zeit ist es eine zunehmend schwierige Aufgabe geworden, echte Nachrichten von Falschmeldungen zu unterscheiden. Diese Herausforderung wird durch die Flut an Informationen, die uns täglich über soziale Medien erreicht, sowie durch die neuesten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz noch verstärkt. KI-Technologien ermöglichen es, überzeugende Fake News und sogar täuschend echte Bilder zu generieren, was die Verbreitung von Desinformationen erleichtert.
Die Philosophin Romy Jaster und der Kommunikationsforscher David Lanius analysieren in ihrem Buch „Die Wahrheit schafft sich ab“, wie soziale Medien und menschliche Psychologie in einer Weise interagieren, die die Verbreitung von Falschinformationen begünstigt. Plattformen wie X (vormals Twitter), Facebook und TikTok nutzen die Eigenschaften der menschlichen Psyche gezielt aus, indem sie Inhalte bevorzugen, die stark emotionalisieren und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die dahinterstehenden Algorithmen wurden mit Hilfe von Psychologen entwickelt, um Nutzerinnen und Nutzer möglichst lange auf der Plattform zu halten.
Das primäre Ziel der Betreiber sozialer Medien ist es, die Nutzungszeit zu maximieren, um zielgerichtete Werbung zu präsentieren und dadurch ihre Einnahmen zu steigern. Dabei spielt es für sie keine Rolle, ob die verbreiteten Inhalte wahr oder falsch sind. Diese Neutralität wird jedoch von politischen Akteuren ausgenutzt, die gezielt Desinformationskampagnen starten, um ihre Agenda zu fördern.
Die Psychologie hinter der Anfälligkeit
Soziale Medien bedienen sich verschiedener psychologischer Mechanismen, die uns anfällig für Desinformation machen:
Bestätigungsfehler: Menschen neigen dazu, Informationen zu suchen, zu interpretieren und zu bevorzugen, die ihre bereits bestehenden Überzeugungen bestätigen. Soziale Medien verstärken diesen Effekt, indem sie Algorithmen nutzen, die Nutzern Inhalte präsentieren, die ihren Ansichten entsprechen, wodurch Echokammern entstehen.
Emotionale Anziehungskraft: Nachrichten, die starke Emotionen hervorrufen, werden eher geteilt als neutrale Nachrichten. Dies führt dazu, dass sensationalisierte und falsche Informationen eine größere Reichweite erzielen.
Kognitive Überlastung: Die schiere Menge an Informationen, mit der wir konfrontiert sind, überfordert unsere Fähigkeit, Informationen kritisch zu bewerten. Dies begünstigt die unreflektierte Annahme und Weiterverbreitung von Desinformation.
Soziale Bestätigung: Die Anzahl von Likes, Shares und Kommentaren dient als sozialer Beweis und kann die Glaubwürdigkeit einer Information in den Augen der Nutzer erhöhen, unabhängig von deren Wahrheitsgehalt.
Fazit
Die Struktur und Funktionsweise sozialer Medien, kombiniert mit menschlichen psychologischen Neigungen, schaffen ein fruchtbares Umfeld für die Verbreitung von Desinformation. Um dieser Herausforderung zu begegnen, ist es entscheidend, Medienkompetenz zu fördern und kritisches Denken zu stärken. Gleichzeitig sind politische und technologische Maßnahmen erforderlich, um die Mechanismen der Desinformationsverbreitung in sozialen Medien zu erkennen und einzudämmen.