✠✠✠✠✠✠ ASTO TEMPLER-BLOG ✠✠✠✠✠✠

Wie können wir uns Gott vorstellen?

Brüder und Schwestern,
seit jeher ringt der Mensch darum, sich ein Bild von Gott zu machen. Die alten Schriften sprechen von ihm als vom Vater, vom König, vom Herrn der Heerscharen. In Fresken und Glasmalereien sehen wir ihn als ehrwürdigen alten Mann mit langem Bart, thronend über den Wolken. Dieses Bild war für viele Generationen Trost und Orientierung. Doch heute erkennen wir: Gott ist mehr als ein Bild, mehr als eine Gestalt in menschlichen Zügen.

Der „Himmel“ als Symbol

Wenn wir in unseren Gebeten die Augen zum Himmel erheben, so wissen wir, dass Gott nicht auf einer Wolke sitzt wie ein Herrscher aus Fleisch und Blut. Der „Himmel“ ist Sinnbild des Höheren, des Überirdischen, des Bereichs jenseits der vergänglichen Erde. Er ist nicht ein Ort über unseren Köpfen, sondern eine Dimension, die unser Herz erreicht, wenn es sich öffnet.

Gott als Archetyp in der Seele

Manche fragen: Ist Gott nur ein Archetyp, ein Urbild in unserer Seele, das uns die Richtung weist? Sicherlich wirkt Gott in uns durch diese Bilder und Symbole. In den Tiefen unseres Inneren spiegelt sich sein Antlitz, sei es als Vater, Mutter, Licht oder Kraft. Doch er ist nicht nur ein Archetyp – er ist mehr. Der Archetyp ist das Tor, durch das wir das Unendliche erahnen.

Verändert sich Gott mit unserer Entwicklung?

Nein, Gott selbst ist unveränderlich. Was sich wandelt, ist unsere Wahrnehmung.

  • Ein Kind sieht Gott vielleicht als strengen Vater oder als schützenden Freund.

  • Der Suchende erkennt ihn als Licht, das ihn auf seinem Weg begleitet.

  • Der Mystiker erfährt ihn als stilles Einswerden, in dem jedes Bild vergeht.

So wie das Licht durch verschiedene Glasfenster in unterschiedlicher Farbe strahlt, so zeigt sich uns Gott in Gestalten, die unserer Reife entsprechen. Doch das Licht selbst bleibt dasselbe.

Gott jenseits der Bilder

Wir Templer wissen: Kein Bild, keine Statue, kein Gedanke vermag Gott zu fassen. Er ist das unaussprechliche Mysterium, Ursprung und Ziel aller Dinge. Und doch hat er uns in Christus ein Antlitz gezeigt – das Antlitz der Liebe, die sich hingibt.

Darum dürfen wir uns Gott vorstellen als Kraft, die uns trägt, als Vater, der uns ruft, als Mutter, die uns birgt, als Licht, das uns erleuchtet. Doch wir sollen niemals vergessen: Jedes Bild ist nur ein Schatten des wahren Lichts.

Der Weg des Templers

Für uns Templer ist entscheidend nicht, welches Bild wir von Gott tragen, sondern dass wir uns ihm weihen. Ob wir ihn Vater nennen, Licht oder All-Einheit – das Herz, das sich ihm öffnet, ist ihm näher als das Auge, das sich ein Bild macht.

So möge jeder auf seinem Weg ein Bild finden, das ihm Halt gibt. Doch wenn er weiter schreitet, wird er erkennen, dass alle Bilder zerbrechen müssen, damit das wahre Licht Gottes in der Seele aufstrahlt.

Schlusswort

Gott ist nicht der alte Mann auf der Wolke, doch er ist auch nicht nur ein Bild in uns. Er ist der Grund aller Wirklichkeit, das unaussprechliche Mysterium, das sich in Liebe offenbart. Wir können ihn uns vorstellen, doch niemals fassen.

Und so gilt für uns Ritter wie für jeden Sucher: Wir schauen auf das Unsichtbare, wir hören auf das Wort, das in uns spricht, und wir dienen dem, der uns ruft.

Non nobis, Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam.

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