Bischöfe lösen Gremium zur Missbrauchsaufarbeitung auf
In einem bundesweit einmaligen Vorgang haben die zuständigen Bischöfe die gemeinsame Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Berlin sowie den Bistümern Dresden-Meißen und Görlitz, IKA, aufgelöst. Nach dem Rücktritt weiterer Mitglieder des Gremiums hätten sie beschlossen, die Amtszeit der verbliebenen Mitglieder der IKA zum 31. Mai zu beenden, gab das Erzbistum Berlin diesen Dienstag im Internet bekannt.
Die Bischöfe folgten mit der Auflösung der IKA, „der vielfach vorgetragenen Bewertung, dass eine weitere Zusammenarbeit in dem gegebenen Rahmen trotz aller Bemühungen nicht möglich zu sein scheint“, heißt es in der Mitteilung auf der Internetseite des Erzbistums Berlin.
Zu den Hintergründen verweisen die Bischöfe demnach in einem Schreiben an die verbliebenen Mitglieder auf den jüngsten Jahresbericht der Kommission vom November sowie ein „Minderheitsvotum der Betroffenenvertreter zum Jahresbericht der IKA 2023 / 2024“ vom 2. Februar 2025. „Darin werden die anhaltenden kommunikativen Probleme geschildert und wird die Arbeit als dysfunktional beurteilt“ – heißt es auf der Seite des Erzbistums Berlin.
Bedauern bei Bischöfen und Betroffeneninitiative
„Die Bischöfe bedauern diese Entwicklung ausdrücklich und danken den Mitgliedern für ihre Arbeit. Sie fühlen sich dem Anliegen der Aufarbeitung weiterhin verpflichtet und wollen sorgfältig prüfen, wie diese Aufarbeitung konstruktiv fortgeführt werden kann“, endet die kurze Mitteilung des Erzbistums Berlin.
Auch die Betroffeneninitiative Eckiger Tisch bedauerte die Auflösung. Zugleich sagte der Sprecher der Initiative, Matthias Katsch, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), das dürfe nicht das Ende der Aufarbeitung in den drei Bistümern sein. Es brauche auch weiterhin eine unabhängige Aufarbeitungskommission. Wichtige Anliegen seien noch nicht oder nur unzureichend angegangen worden. Eine solche Kommission solle konkret Missbrauchsfälle anhand vorhandener Akten des jeweiligen Bistums aufklären und dabei Betroffene anhören. Eine weitere wichtige Aufgabe sei es, die betroffenen Pfarrgemeinden, in denen es in der Vergangenheit Missbrauch durch Kleriker gegebenen habe, in den Aufarbeitungsprozess einzubeziehen. Es wäre von Anfang an besser gewesen, statt eines bistumsübergreifenden Gremiums jeweils eigene Untersuchungskommissionen in den Bistümern Berlin, Dresden-Meißen und Erfurt zu bilden, so Katsch.
Hintergrund
Die sogenannte Interdiözesane Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs (IKA) konstituierte sich am 10. Mai 2023. Zuständig für die IKA sind Erzbischof Heiner Koch (Berlin) sowie die Bischöfe Wolfgang Ipolt (Görlitz) und Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen); zudem war die Katholische Militärseelsorge, die ihren Sitz in Berlin hat, ebenfalls mit im Verbund. Die neun Mitglieder wurden von Landesregierungen, Bistümern und einem Beirat von Missbrauchsbetroffenen benannt. Das Gremium war nicht Teil kirchlicher Strukturen und arbeitete weisungsfrei.
Aufgabe der Kommission war es, das Ausmaß sexualisierter Gewalt in den beteiligten Bistümern sowie die kirchlichen Rahmenbedingungen, die Missbrauch fördern, zu ermitteln sowie zu bewerten und auf wirksame Präventionsmaßnahmen hinzuwirken. Ferner sollten Betroffene ermutigen werden, von ihren Erfahrungen zu berichten. Grundlage für die Berufung der Kommission ist eine Vereinbarung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und des damaligen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig aus dem Jahr 2020. Entsprechende Aufarbeitungs-Kommissionen wurden seitdem in allen katholischen Bistümern Deutschlands eingerichtet.