Der unmoralische Staat
Es ist absolut unmoralisch: Wenn Staaten die Ärmsten durch 20 % Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel belasten
In einem wohlhabenden Europa, das über Subventionen für Großkonzerne, Rüstungsprogramme und digitale Infrastruktur in Milliardenhöhe entscheidet, wirkt es wie ein Hohn: Noch immer wird auf Grundnahrungsmittel in vielen Ländern der EU der volle Mehrwertsteuersatz erhoben – oft bis zu 20 %. Wer leidet darunter am meisten? Nicht die Gutverdienenden. Nicht die Unternehmen. Sondern die Ärmsten – die Rentner, Alleinerziehenden, Geringverdiener und Sozialhilfeempfänger.
Es ist eine stille Form von Umverteilung – von unten nach oben.
Grundnahrungsmittel sind kein Luxus – sie sind ein Menschenrecht
Wasser, Brot, Milch, Obst, Gemüse, Mehl, Reis – diese Dinge sind kein Genussmittel, kein Lifestyle-Produkt, kein Luxus. Sie sind die Grundlage des Lebens. Wer diese Basisgüter mit dem gleichen Steuersatz belegt wie Tabak, Alkohol oder Elektronik, stellt in Frage, was einem Staat die Grundbedürfnisse seiner Bevölkerung überhaupt wert sind.
In einer sozialen Marktwirtschaft, die sich gerne human und fortschrittlich gibt, ist es ein moralisches Versagen, dass Menschen mit niedrigem Einkommen bei jedem Einkauf für lebensnotwendige Dinge 20 % Steueraufschlag zahlen müssen – während Großinvestoren durch Steuerschlupflöcher oder „legale“ Umwege ihre Abgaben minimieren können.
Die Ungerechtigkeit trifft nicht alle gleich
Ein wohlhabender Mensch merkt die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel kaum. Ob ein Kilo Brot 2,00 oder 2,40 Euro kostet, ist für ihn nicht entscheidend. Doch bei jemandem, der monatlich mit 800 oder 1.000 Euro auskommen muss, summieren sich diese Aufschläge zu einem spürbaren Abfluss dringend benötigter Mittel.
Und hier zeigt sich das strukturelle Problem: Die Mehrwertsteuer ist eine der unsozialsten Steuerformen überhaupt, weil sie nicht einkommensabhängig ist. Alle zahlen den gleichen Prozentsatz – aber für die einen ist es ein kleiner Betrag, für die anderen existenzbedrohend.
Andere Länder machen es vor
Dass es auch anders geht, zeigen viele europäische Staaten:
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In Großbritannien und Irland gilt 0 % Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel.
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Auch Frankreich, Luxemburg und Polen ermäßigen den Satz teils auf unter 5 %.
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In Deutschland wurde die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel während der Pandemie kurzfristig auf 5 % gesenkt – mit spürbarem Effekt.
Warum also nicht dauerhaft? Warum nicht eine politische Entscheidung, die sofort Millionen Menschen entlasten würde, ohne neue Bürokratie zu schaffen?
Der moralische Bankrott der Steuerpolitik
Wenn ein Staat ernsthaft vorgibt, das Wohl seiner Bürger im Blick zu haben, dann kann er nicht gleichzeitig die Ärmsten zur Kasse bitten, wenn es um das tägliche Überleben geht. Eine Gesellschaft, die Zucker mit Steuerzuschlägen belegt, aber Brot mit 20 %, setzt ihre Werte falsch.
Was wir brauchen, ist eine klare und mutige Entscheidung:
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Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel
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Einführung eines sozialen Mehrwertsteuermodells, das sich an der realen Kaufkraft der Menschen orientiert
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Stärkere Besteuerung dort, wo Wohlstand wirklich existiert – bei Kapitalerträgen, Erbschaften, Spekulationsgewinnen
Fazit: Moral zeigt sich in den kleinen Dingen
Die Art, wie ein Staat seine Bürger besteuert, ist ein Ausdruck seiner Haltung. Wer Grundnahrungsmittel wie Luxus behandelt, zeigt, dass er die Würde der Schwächsten gering schätzt. Es ist Zeit für eine radikale Umkehr. Nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus menschlicher Verantwortung.
Denn in einer gerechten Gesellschaft darf niemand hungern – und niemand sollte für ein Stück Brot 20 % Strafe zahlen.