✠✠✠✠✠✠ ASTO TEMPLER-BLOG ✠✠✠✠✠✠

Die Architektur der Templer

Zwischen Mythos und Realität

Einleitung

Die Architektur der Templer ist ein faszinierendes und zugleich rätselhaftes Thema. Oft von Mythen und Spekulationen umrankt, stehen ihre Bauwerke im Spannungsfeld zwischen militärischer Nützlichkeit, religiöser Symbolik und mittelalterlicher Ingenieurskunst. Nicht alle Kirchen, die mit dem Orden in Verbindung gebracht werden, wurden tatsächlich von den Templern errichtet. Viele waren Teil von Schenkungen und wurden von den Rittern lediglich übernommen und angepasst. Dennoch schufen die Templer einzigartige Bauwerke, die nicht nur als spirituelle Zentren, sondern auch als Verteidigungsanlagen dienten.


Templerische Kirchenarchitektur: Rechteckiger Grundriss als Standard

Der Großteil der unter der Leitung der Templer errichteten Kirchen und Kapellen folgt einem schlichten, rechteckigen einschiffigen Grundriss. Zwei Hauptvarianten lassen sich unterscheiden:

  1. Flacher Chorabschluss
    • Beispiele: Gardeny, Mas-Deu und Perpignan (Katalonien)
    • Auch in England gibt es vergleichbare Bauten, wie in South-Witham.
  2. Apsidialer oder polygonaler Chorabschluss
    • Beispiele: Barcelona (Katalonien) und Mücheln (Deutschland)

Diese Bauweise entsprach den funktionalen und liturgischen Anforderungen der Templer. Rechteckige Grundrisse waren einfacher zu konstruieren und zu verteidigen, während polygonale oder apsidiale Chöre häufig einen repräsentativen Charakter hatten.


Zentralbauten: Eine seltene Ausnahme

Kirchen mit kreisförmigen oder polygonalen Grundrissen waren bei den Templern eine Ausnahme und sorgten später für viele Mythen. Tatsächlich haben die meisten christlichen Zentralbauten keinen direkten Bezug zu den Templern, sondern sind:

  • Bauzitate der Grabeskirche in Jerusalem
  • Theologische Symbolbauten (Taufe, Tod, Auferstehung)

Mythen und Missverständnisse rund um Zentralbauten

Einige bekannte Kirchen, die fälschlicherweise den Templern zugeschrieben wurden, sind:

  • Oktogonale Kirche von Montmorillon (Johanniterkapelle)
  • Kirche von Eunate auf dem Jakobsweg (eine Stiftung einer adligen Dame für ein Pilgerhospiz)

Die populäre Vorstellung, dass jede Komturei über eine Rundkirche verfügte, wurde durch den französischen Architekten Viollet-le-Duc im 19. Jahrhundert verbreitet. In seinem berühmten Architekturlexikon vertrat er die Meinung, dass jede Templerkomturei eine Rundkirche gehabt haben müsse. Diese Einschätzung wurde zu einer weithin akzeptierten Lehrmeinung, die bis heute in der Populärkultur nachhallt.

Nachweisbare Templer-Zentralbauten

England

  • „Old Temple“ in London (um 1135)
    • Eine Rotunde unter dem Patrozinium der Heiligen Maria
  • „New Temple“ in London (um 1160)
    • Zwölfseitige Rotunde mit sechs Säulen
    • Später ergänzt durch einen rechteckigen Chor (1240)
  • Weitere englische Beispiele:
    • Bristol (um 1150)
    • Aslackby (um 1164)
    • Garway (um 1180)
    • Temple Bruer (um 1186, acht Säulen)
    • Dover (um 1185, sechs Säulen)

Frankreich

  • „Temple“ in Paris (um 1160)
    • Zwölfseitige Rotunde mit sechs Pfeilern
    • Erweiterung um einen rechteckigen Chor und später eine Apsis

Portugal

  • Tomar (Ende des 12. Jahrhunderts)
    • Oktogonaler Innenraum mit einem 16-seitigen Ambulatorium

Heiliges Land

  • Château Pélerin (Anfang des 13. Jahrhunderts)
    • Polygonale Kapelle, vermutlich mit zwölf Seiten

Vorbild für die Zentralbauten: Grabeskirche oder Felsendom?

Historiker sind sich uneinig darüber, welches Bauwerk den größten Einfluss auf die Zentralbauten der Templer hatte:

  • Grabeskirche in Jerusalem: Eine Rundkirche mit drei Apsiden und Ambulatorium, bestehend aus acht Säulen und Pfeilern, in deren Mitte die oktogonale Grabkapelle steht.
  • Felsendom: Vier Pfeiler und zwölf Säulen tragen eine Kuppel, umgeben von einem oktogonalen Umgang.

Der deutsche Architekturhistoriker Georg Dehio favorisierte den Felsendom als Vorbild, während Viollet-le-Duc die Grabeskirche als Hauptinspiration sah. Tatsächlich weisen Templerbauten Elemente beider Vorbilder auf, kombiniert mit praktischen und liturgischen Anforderungen.


Militärarchitektur der Templer: Funktion und Anpassung

In den Grenzgebieten christlicher Herrschaft, vor allem im Heiligen Land, Spanien und Portugal, errichteten die Templer nicht nur Kirchen, sondern auch Festungen und Burgen. Diese Bauwerke zeichneten sich durch:

  • Starke Verteidigungsanlagen (Türme, dicke Mauern)
  • Wirtschaftsbereiche für die Versorgung der Bewohner
  • Strategische Lage zur Kontrolle wichtiger Handels- und Pilgerwege

Beispiele:

  • Burg von Tomar (Portugal)
  • Burg von Tortosa (Spanien)
  • Château Pélerin (Heiliges Land)

Fazit: Funktionale und symbolische Architektur

Die Architektur der Templer spiegelt die duale Rolle des Ordens wider:

  1. Spirituelle Zentren: Kapellen und Kirchen dienten der Liturgie und Gemeinschaft.
  2. Militärische Stärke: Burgen und Festungen schützten die Grenzen und sicherten Handelsrouten.

Während rechteckige Kapellen den praktischen Bedürfnissen entsprachen, symbolisierten Zentralbauten eine Verbindung zu den heiligen Stätten Jerusalems.

Viele Missverständnisse rund um die Templerarchitektur resultieren aus späteren Mythenbildungen und der Sehnsucht nach einem geheimnisvollen, verborgenen Wissen. Doch bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass die Templer vor allem effiziente Baumeister waren, die praktische Lösungen mit tiefgründiger Symbolik zu verbinden wussten.

Ihre Bauwerke, ob Kirchen oder Burgen, bleiben bis heute faszinierende Zeugnisse einer einzigartigen Epoche.

Schreibe einen Kommentar