Die Sagenwelt der Templer in Europa
Mythen, Mysterien und Teufelspakte
Die Templer, einst ein mächtiger und einflussreicher Ritterorden des Mittelalters, haben tiefe Spuren in der europäischen Mythologie hinterlassen. Ihr mysteriöses Ende, die geheimnisvolle Aura und die teils düsteren Legenden, die sich um sie ranken, haben über die Jahrhunderte hinweg zahlreiche Sagen inspiriert. Häufig tauchen in diesen Geschichten Themen wie Teufelsbündnisse, verborgene Schätze, geisterhafte Erscheinungen und tragische Schicksale auf. In vielen Regionen Europas finden sich heute noch Orte, die als Schauplatz solcher Templersagen gelten, oft mit architektonischen Besonderheiten wie Kreuzen oder grotesken Steinfiguren, die die Legenden befeuern.
Teufelsbündnisse: Macht und Preis
Eines der immer wiederkehrenden Motive ist der Pakt mit dem Teufel. Der Legende nach ging Arnold von Sierck, der Erbauer des Schlosses Malbrouch (auch bekannt als Schloss Meinsberg) in Lothringen, einen Pakt mit dem Teufel ein. Er soll seine Seele verpfändet haben, um Reichtum und Unterstützung beim Bau des Schlosses zu erhalten. Diese Sage bringt Arnold von Sierck in Verbindung mit den Templern, obwohl er etwa ein Jahrhundert nach der Auflösung des Ordens lebte.
In Wehrendorf in Nordrhein-Westfalen sollen die Templer laut einer örtlichen Legende jährlich zusammentreffen und dem Teufel Opfer dargebracht haben. Solche Erzählungen sind Ausdruck der tiefen Faszination und des Misstrauens, das die Templer auch nach ihrer Zeit auf sich zogen. Die Vorstellung, dass sie sich okkulten Praktiken hingaben, diente im Mittelalter vermutlich dazu, den Orden zu dämonisieren und sein unrühmliches Ende zu rechtfertigen.
Mord, Hexensabbat und Orgiastische Rituale
Die „moines rouges“, die „roten Mönche“ der Bretagne, sind ein düsteres Beispiel für die wilden Sagen um die Templer. Diese Legenden berichten von schrecklichen Taten: Die moines rouges sollen junge Frauen vergewaltigt und ermordet haben. Als Strafe für ihre Verbrechen wurden sie angeblich vom Bischof von Quimper zum Feuertod verurteilt. Diese Geschichte mag Übertreibungen enthalten, doch sie reflektiert die zeitgenössische Auffassung der Templer als sündhaft und verderbt – ein Ruf, der ihnen während des Prozesses gegen den Orden angeheftet wurde.
Das tragische Ende: Flucht und Untergang der Templer
Sagen über das Ende der Templer lassen die Vorstellung aufleben, dass einige Ordensmitglieder das Schicksal ihres Ordens überlebten und sich in entlegene Orte zurückzogen. In Bestenheid in Baden-Württemberg sollen geflüchtete Templer ein geheimes Ordenshaus errichtet haben und dort noch lange nach der offiziellen Auflösung des Ordens gelebt haben. Ähnlich wird in Heinde in Niedersachsen von einem Templer berichtet, der aus dem dortigen Ordenshaus floh und später im Paulinerkloster in Hildesheim unterkam.
Eine besonders eindrucksvolle Sage rankt sich um die Burg Lahneck im Rheinland. Dort sollen sich zwölf Templer vor den Truppen des Mainzer Erzbischofs verschanzt haben. Sie kämpften bis zum bitteren Ende und fanden letztlich den Tod. Der Legende nach sind alle zwölf im Burghof begraben, was die Burg Lahneck zu einem symbolträchtigen Ort der Templergeschichte macht.
In Österreich gibt es ebenfalls Sagen, die das dramatische Ende der Templer beschreiben. Auf der Burg Eibenstein soll ein Templer versucht haben, seine Feinde durch eine List zu täuschen, indem er die Hufeisen seiner Pferde verkehrt herum beschlug, um seine Spur zu verschleiern. Ein anderer Schauplatz ist Mödling, wo der Burgherr Eckard Bruno angeblich die Templer in der Krypta der Marienkirche folterte und tötete.
In Aachen erzählt man sich, dass das Templerhaus dort mitsamt seinen Bewohnern in die Erde versank, nachdem die Brüder ermordet worden waren. Einmal im Jahr sollen sie als Geister aus einem nahegelegenen See auftauchen, auf der Suche nach Rache oder gar nach jungen Mädchen, die sie ins Wasser ziehen.
Die Bedeutung der Sagenwelt der Templer
Diese Legenden werfen ein Schlaglicht auf die Wahrnehmung der Templer in der Volkskultur: Sie waren nicht nur Krieger und Glaubensverteidiger, sondern auch unheimliche Gestalten, die mit finsteren Mächten in Verbindung gebracht wurden. In einer Zeit, in der das Unbekannte und Mysteriöse oft mit dem Teufel in Verbindung gebracht wurde, boten die Templer, mit ihren geheimen Ritualen und ihrem plötzlichen Untergang, den perfekten Stoff für düstere Legenden. Diese Geschichten haben nicht nur die Vorstellungskraft beflügelt, sondern auch einen kulturellen Mythos geschaffen, der die Templer bis heute in einem geheimnisvollen Licht erscheinen lässt.
Obwohl die historischen Wahrheiten der Templer wenig mit solchen finsteren Erzählungen gemein haben, bieten die Sagen faszinierende Einblicke in die Ängste und Vorstellungen der Menschen, die sich von den Templern als geheimnisvollen und möglicherweise gefährlichen Figuren eingeschüchtert fühlten. Die Templersagen Europas sind lebendige Zeugnisse der Volkskultur und geben uns heute noch Anlass, uns mit den Schattenseiten und der Mystik des Mittelalters auseinanderzusetzen.