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Ecce Homo: Mensch oder Superstar?

Aspekte der Bibel (Lukas 19, 28–40)

Ecce Homo – Seht, der Mensch!“ Mit diesen Worten stellt Pontius Pilatus Jesus von Nazareth dem Volk vor. Ein gebrochener, geschlagener Mensch steht da, wenige Stunden vor seiner Kreuzigung. Diese Szene, überliefert im Johannesevangelium, ist ein Schlüsselmoment in der Passionsgeschichte und offenbart in verdichteter Form die Frage: Wer ist dieser Jesus wirklich? Mensch? Märtyrer? König? Oder doch Superstar?

Der Einzug in Jerusalem

Nur wenige Tage zuvor hatte sich ein ganz anderes Bild gezeigt: Jesus reitet auf einem Esel in Jerusalem ein – ein bewusster Akt mit tiefer symbolischer Bedeutung. Der Evangelist Lukas (19,28–40) berichtet davon mit besonderer Eindringlichkeit: Jesus sendet zwei Jünger voraus, um ein unberittenes Fohlen zu holen. Dieses Tier ist ein Bild des Friedenskönigs – keine Kriegserklärung, sondern das Zeichen einer sanften, aber kraftvollen Herrschaft, wie sie im Propheten Sacharja angekündigt ist.

Der Jubel der Menschen ist groß. Sie rufen:
Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Friede im Himmel und Ehre in der Höhe!“ (Lk 19,38)
Doch Palmzweige, wie sie Matthäus, Markus und Johannes erwähnen, fehlen im lukanischen Bericht. Lukas richtet den Fokus nicht auf triumphalen Prunk, sondern auf die Spannung zwischen der Erwartung der Menschen und der inneren Klarheit Jesu über seinen Weg.

Mensch oder Superstar?

Jesus wird gefeiert wie ein König – ein Superstar des Volkes? Und doch ist seine Botschaft eine andere. Er sucht nicht Macht oder Ruhm, sondern die Umkehr der Herzen, das wahre Friedensreich Gottes. Der Kontrast könnte kaum größer sein: Während die Menge jubelt, weiß Jesus bereits um das Leid, das vor ihm liegt.

In der Theologie wird dieser Moment oft als eine Art „falscher Triumph“ gedeutet. Jesus lässt den Jubel zu – aber nicht, weil er sich selbst erhöhen will. Im Gegenteil: Als einige Pharisäer ihn auffordern, seine Jünger zum Schweigen zu bringen, antwortet er:
Ich sage euch: Wenn diese schweigen, werden die Steine schreien.“ (Lk 19,40)

Damit wird deutlich: Die Botschaft Jesu lässt sich nicht aufhalten. Sie ist größer als jeder Personenkult. Sie spricht nicht von Glanz und Glamour, sondern von Wahrheit, von Opfer, von einem anderen Königreich – nicht aus dieser Welt.

Ecce Homo – Der Mensch

Wenn Pilatus später sagt „Ecce Homo“, meint er vielleicht Spott, vielleicht Mitleid. Doch ungewollt spricht er eine tiefere Wahrheit aus: Jesus ist der Mensch – der neue Adam, der Gerechte, der in der Erniedrigung seine Größe zeigt.

Der Weg von Palmsonntag bis Karfreitag ist ein Weg der Ent-Täuschung: Die Menschen müssen erkennen, dass Jesus nicht der erwartete politische Erlöser ist. Er ist mehr. Aber auch ganz Mensch. Und darin liegt sein Geheimnis und seine Größe.

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