Eine Frau als Papst, warum nicht?
Der Benediktinermönch David Steindl-Rast hat keine Vorbehalte gegenüber einer völligen Gleichstellung der Geschlechter in der Kirche bis hin zum Dienst des Papstes. An eine rasche Umsetzung glaubt er aber nicht.
Eindrücklich betonte der 1926 in Wien geborene, im Europakloster St. Gilgen lebende Mönch, dass die weibliche Perspektive im christlichen Glauben unverzichtbar sei. Christen würden Gott zwar als Vater bezeichnen, „weil Jesus ihn Vater genannt hat“, doch sei das Vaterbild Jesu vielseitig: In seinem Gleichnis vom verlorenen Sohn etwa benehme sich der Vater „so, wie sich eine Mutter benimmt“, indem er Ausschau halte nach dem Sohn und sich dann zuerst um sein Gewand kümmere. Ähnlich sei Maria Magdalena nach der Auferstehung Jesu „die Apostolin, die den Aposteln überhaupt erst die Augen öffnet.“
Durchaus verbinde er mit Leo XIV. Hoffnung auf Reformen in der Kirche, erklärte der bekannte Mystiker und Bestsellerautor. Der neue Papst habe die Synodalität angesprochen, mit der sein direkter Vorgänger Franziskus den langsamen Abbau der „Machtpyramide“ in der Kirche in Angriff genommen habe. Weiters beziehe er sich im Namen auf Leo XIII., der das Prinzip der Subsidiarität – der Entscheidungsfindung auf der jeweils niedrigstmöglichen Ebene – eingeführt habe. Steindl-Rast: „Wie der Bahnhof aussieht, steht der Gemeinde zu, für den Fahrplan muss es aber eine höhere Ebene geben. Also nur in allen wesentlichen Dingen muss es Einheit geben“, so der betagte Mönch.
Schon das von Jesus Christus verkündete Reich Gottes sei als Gegensatz zur Machtpyramide des Römerreichs verstanden worden, sagte der Ordensmann. Der auf Machterhalt ausgerichteten Gewalt der Besatzungsmacht habe er Gewaltfreiheit entgegengesetzt, der Rivalität und Habgier Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung und Teilen – durchaus entsprechend der „Ideale der kommunistischen Einstellung“, wie Steindl-Rast bemerkte. Schon die Tatsache seiner Hinrichtung am Kreuz weise darauf hin, dass die Römer diese Lehre als Unterminierung ihrer Macht und ihn selbst als „Revolutionär“ eingestuft hätten.
Als „eigentlichen Kern der christlichen Botschaft“ definierte Steindl-Rast in dem abendfüllenden Gespräch über „Warum glauben“ mit dem Moraltheologen und Mediziner Matthias Beck, „dass das innerste Geheimnis des Lebens uns liebt und wir es lieben können“. Das Wort „Gott“ verwende er nur vorsichtig, da es oft missverstanden werde. Er verstehe darunter „das große Geheimnis, das wir in jedem Menschen begegnen und das über den Einzelnen hinausgeht, da es allumfassend ist“. Gott sei auch die „letzte Wirklichkeit, die wir nicht begreifen, begrenzen oder in Begriffe fassen können, aber doch verstehen, wenn sie uns ergreift“. Viele Menschen erlebten dies in der Kunst oder Musik, so Steindl-Rast.