Menschenhandel gibt es auch in Österreich
Ein Aufruf an das Gewissen – am Europäischen Tag gegen Menschenhandel
Der 18. Oktober gilt in ganz Europa als Tag des Erinnerns und des Widerstandes gegen eines der dunkelsten Verbrechen unserer Zeit: den Menschenhandel. Und dennoch – in Österreich ist dieses Thema noch immer kaum im Bewusstsein der Gesellschaft verankert. Viele halten es für ein fernes Übel, das nur in anderen Weltregionen geschieht. Doch die Realität zeigt: Menschenhandel findet auch hier statt – mitten unter uns.
Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Die kirchliche Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde“, getragen von mutigen Frauen und Männern, erinnert seit mehr als zehn Jahren daran, dass Menschenhandel „ein globales Problem ist, das keine Grenzen kennt“. Besonders Frauen, Mädchen und Kinder geraten in die Netze jener, die aus der Not anderer Profit schlagen. Eine Ordensfrau, die unzählige Opfer persönlich kennt, spricht Klartext:
„Menschenhandel, im Speziellen Frauen-, Mädchen- und Kinderhandel, gehört zu den abartigsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“
Die Betroffenen leben in Abhängigkeit, unter Zwang und Gewalt. Ekel, Scham und Todesangst sind ihre täglichen Begleiter. Mehr als 90 % der Frauen und Mädchen, die in Österreich als „Sexdienstleisterinnen“ ausgebeutet werden, stammen aus dem Ausland. Sie werden nicht als Menschen wahrgenommen, sondern als Ware, die benutzt, gebrochen und verkauft wird.
Täter im Verborgenen
Die Gesellschaft ist schnell dabei, Opfer zu verurteilen und sie als „Huren“ oder „N…“ zu beschimpfen. Doch die wahren Täter bleiben oft im Schatten.
Es sind nicht nur die kriminellen Menschenhändler – es sind auch die Freier. Männer, die nicht selten in Partnerschaften oder Familien leben und dennoch Frauen kaufen, als handle es sich um eine Ware. Über sie schweigt man.
Das Schweigen aber ist Verrat an der Wahrheit.
Aufklärung und Widerstand
Durch Vorträge, Ausstellungen und Diskussionsrunden macht die Initiative SOLWODI den Zusammenhang zwischen Sexkauf und Menschenhandel deutlich. Ein Zeichen dafür, dass die Gesellschaft langsam zu erwachen beginnt. Anlässlich des heutigen Tages wird in Linz die Ausstellung „PHÖNIX. Auferstehen aus dem Schweigen“ eröffnet. Sie ruft ins Gedächtnis, dass Gewalt gegen Frauen und Kinder nicht verschwiegen, sondern ans Licht gebracht werden muss.
Papst Franziskus mahnte: „Wer schweigt, macht sich zum Komplizen.“ Ein Satz, der mitten ins Herz trifft. Und doch: In den pastoralen Konzepten der Kirche kommt dieses Thema noch viel zu wenig vor. Jeder einzelne von uns, jede Pfarre, jede Gemeinschaft sollte sich fragen: Wie können wir konkret gegen diese Form der modernen Sklaverei ankämpfen?
Das Nordische Modell – ein Weg der Hoffnung
Ziel muss es sein, den Markt für Frauen- und Mädchenhandel zu schließen. Ein Ansatz ist das sogenannte Nordische Modell:
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Entkriminalisierung der Opfer
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staatliche Ausstiegshilfen
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Aufklärung und Bewusstseinsbildung
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ein klares Verbot des Sexkaufs
Denn solange Nachfrage besteht, wird es auch Angebot geben – auf Kosten der Schwächsten. Österreich braucht Gesetze, die Täter bestrafen und Opfer schützen. Gleichzeitig bedarf es internationaler Zusammenarbeit, um Menschenhändler-Netzwerke zu zerschlagen.
Neue Fälle zeigen: Es ist kein fernes Problem
Jüngste Prozesse in Salzburg und Wels sowie hunderte Anzeigen in Wien machen deutlich: Menschenhandel ist Realität in Österreich. Frauen werden mit falschen Versprechen gelockt, entrechtet, misshandelt und zu moderner Sklaverei gezwungen. Ganze Ringe operieren im Hintergrund – und viele schauen weg.
Stimme der Templer
Als Tempelritter stehen wir seit Jahrhunderten für die Würde des Menschen, für Gerechtigkeit und für den Schutz der Schwachen. Menschenhandel ist ein Schlag ins Gesicht der Menschlichkeit, ein Angriff auf die Heiligkeit des Lebens selbst.
Wir dürfen nicht schweigen.
Darum erheben wir unsere Stimme:
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gegen die Ausbeutung von Frauen, Mädchen und Kindern
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gegen die Täter, die im Dunkeln agieren
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gegen die Gleichgültigkeit, die dieses Übel gedeihen lässt
Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes, keine Ware.
Heute, am Europäischen Tag gegen Menschenhandel, rufen wir:
„Non nobis, Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam.“ – Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen sei Ehre.
