Weltnaturabkommen: Wo stehen wir beim Artenschutz?
Das Weltnaturabkommen 2022 sollte dafür sorgen, dass Naturschutz einen höheren Stellenwert bekommt. Die Bilanz über ein Jahr später: Es tut sich zu wenig, aber es gibt Fortschritte.
Darum geht’s:
Warum überhaupt ein Weltnaturabkommen?
Das Pariser Klimaabkommen von 2015 ist wohl den meisten Menschen bekannt. Es wird immer wieder im Zusammenhang mit dem 1,5-Grad-Ziel genannt. Spätestens seit Ende 2023 kennen auch einige den Begriff “COP“ (Conference of the Parties). Das ist die jährlich stattfindende UN-Klimakonferenz. Sie ist im vergangenen Jahr in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten in ihre 28. Auflage gegangen.
Entsprechend groß mag die Verwirrung sein, wenn nun auch noch die Rede von der COP15 die Rede ist. Muss das nicht schon sehr lange her sein, wenn gerade die COP28 stattgefunden hat?
Auch eine COP, aber diesmal für Biodiversität
Tatsächlich geht es hier um die UN-Biodiversitätskonferenz – ebenfalls eine Conference of the Parties. Die Biodiversität ist ein genauso wichtiger Aspekt für das Leben auf der Erde wie das Klima, aber deutlich weniger präsent in den Köpfen vieler Menschen.
Die COP15 fand im Dezember 2022 in Montreal in Kanada statt und viele Fachleute ordneten sie als großen Erfolg ein. Am Ende stand das „Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework“, eine neue globale Vereinbarung zum Schutz der Natur. Matthias Glaubrecht, Professor für Biodiversität der Tiere und Leiter des Evolutioneums an der Universität Hamburg, sagt: “Mit dem Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework hat sich die Staatengemeinschaft von immerhin beinahe 200 Nationen dazu bekannt, 30 Prozent unseres Planeten in einem naturnahen Zustand zu erhalten.“ Das Ziel soll 2030 erreicht sein. Ein großes Vorhaben, wie Glaubrecht aufzeigt: “Derzeit sind global nur etwa 17 Prozent an Land und 8 Prozent der Meere geschützt.“ Daneben gibt es noch weitere Ziele. So sollen geschädigte Ökosysteme wiederhergestellt und umweltschädliche Subventionen verringert werden.
Kritiker:innen finden die Beschlüsse zu langsam und undeutlich
Allerdings gab es auch Kritik. Yves Zinngrebe vom Department Naturschutzforschung am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig findet die Zielfindung zu langwierig und die Ergebnisse zu schwammig: “Ich bin enttäuscht, dass die Gemeinschaft durch einen ungeschickten Prozess über vier Jahre gebraucht hat, um neue Ziele zu erarbeiten. Es gibt nach wie vor wenig Verbindlichkeit und es ist unklar, was gemacht werden muss oder kann, um Ziele umzusetzen.“ Die Frage, wie genau das Abkommen erfüllt werden kann, beschäftigt auch Matthias Glaubrecht und andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Die Skepsis der Forschenden ist gerechtfertigt: Auf der COP10 hatte es schon einmal eine Strategie zur Erhaltung der Biodiversität gegeben, die sogenannten „Aichi-Biodiversitätsziele“ – fünf Ziele mit jeweils mehreren untergeordneten Vorhaben. Das ernüchternde Resultat: Bis zum anvisierten Jahr 2020 wurde keins der Ziele vollständig erfüllt. Yves Zinngrebe hätte sich daher eher eine Aufarbeitung der Gründe für das Verfehlen gewünscht, damit weitere Abkommen nicht in ähnlicher Weise enden.
Grundsätzlich lässt festhalten: Die Biodiversitätsziele sind eigene, wichtige Vorhaben. Sie sollen neben den Klimazielen das Leben auf der Erde bewahren. Allerdings verläuft auch ihre Umsetzung einfach zu langsam