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Was Sie über Depressionen wissen solltest

Statistisch gesehen erkrankt jeder Fünfte mindestens einmal im Leben an Depression. Trotzdem hat man lange kaum über sie gesprochen.

Was genau ist eine Depression?
Schon der allgemeine Sprachgebrauch sorgt für Missverständnisse: Wir sagen schnell mal „ich bin deprimiert“, wenn wir eine alltägliche Stimmungsschwankung, ein Stimmungstief meinen.

Eine Depression im medizinischen Sinne aber ist etwas anderes: denn die Depression ist eine richtige Krankheit, die den Betroffenen wirklich viel Leid bringt, die man aber auch gut diagnostizieren und behandeln kann.

In Deutschland erkranken jedes Jahr 5,3 Millionen Menschen an einer Depression, Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Krankheit ist gefährlich, sogar lebensbedrohlich – denn im schlimmsten Fall kann sie zum Tod durch Suizid führen. Zum Glück ist in den letzten 40 Jahren die Zahl der Suizide in Deutschland um über die Hälfte zurückgegangen (von 1981: 19.000 auf 2021: 9.000 pro Jahr), weil sich inzwischen viel mehr Menschen Hilfe holen.

Diagnose Depression
Für Betroffene oder auch Angehörige ist es gar nicht so leicht, eine Depression zu erkennen, denn sie kann ziemlich unterschiedliche Symptome haben. Erste Anlaufstelle kann der Hausarzt oder die Fachärztin sein – in dem Fall eine Psychiaterin oder ein psychologischer Psychotherapeut.

Er/Sie schaut, ob mindestens zwei von drei Hauptsymptome der Depression durchgehend über mindestens zwei Wochen vorhanden sind. „Depression“ kommt vom lateinischen „deprimere“, also „niederdrücken“, und das drückt sich auch in den drei Kernsymptomen aus:

Unfähigkeit, Freude zu empfinden:
-> Oder überhaupt etwas zu empfinden, manche Patienten sagen auch, sie können nicht einmal mehr traurig sein.

-> Die Patienten wirken wie „eingefroren“, unfähig irgendetwas zu empfinden

Antriebslosigkeit:
à Alles fühlt sich so an, als würde man gegen einen großen Widerstand kämpfen müssen.

-> Man kann sich zu nichts mehr aufraffen, alles fällt unheimlich schwer – schon das Aufstehen am Morgen zum Beispiel. Oder ganz alltägliche Dinge wie Einkaufen gehen.

Erschöpfung:
-> Man ist unglaublich müde, aber nicht im Sinne von schläfrig, ganz im Gegenteil – depressive Menschen können meist nicht gut schlafen – sondern müde im Sinne von erschöpft. Und trotz dieser Erschöpfung ist man innerlich permanent total angespannt.

Meistens zeigen Depressive aber noch mehr Symptome, die ganz unterschiedlich sein können. Dazu zählen:

Appetitlosigkeit
Schlafstörungen
Schuldgefühle
Sozialer Rückzug
Hoffnungslosigkeit
Konzentrationsschwächen
Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen
Aggressionen
Körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Herz-Kreislauf-Beschwerden, ohne dass es eine körperliche Ursache dafür gibt
Gerade die Antriebslosigkeit und die Erschöpfung sind für Außenstehende oft schwer nachzuvollziehen. Ratschläge wie „Jetzt raff‘ dich halt auf“ oder „Mach halt mal Urlaub, einen Spaziergang, schlaf dich mal aus“ helfen bei einer Depression genauso wenig, wie bei einem Herzinfarkt. Denn die Depression ist eine richtige Krankheit und keine Charakterschwäche. Und sie geht nicht durch Spazieren oder mal Ausschlafen weg.

Was ist der Auslöser einer Depression?
Anders als bei einem gebrochenen Arm gibt es bei der Depression nicht die eine Ursache, den einen Auslöser. Es ist wie bei zwei Seiten einer Medaille: auf der einen Seite gibt es die „seelischen“, der Fachmann sagt „psychosozialen“ Aspekte. Und auf der anderen Seite die „körperlichen“, der Fachmann sagt „neurobiologischen“ Aspekte. Beide Seiten schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich. Eine Depression hat also nicht entweder körperliche oder seelische Ursachen, sondern immer beides.

Die gute Nachricht: Beide Seiten der Medaille kann man gut behandeln: die körperlichen Ursachen mit Medikamenten, also z.B. Antidepressiva. Die seelischen Ursachen mit Psychotherapie.

Seelische Ursachen
Bei einer Umfrage der Stiftung Deutsche Depressionshilfe haben 96 Prozent der Befragten geglaubt, eine Depression habe irgendetwas mit einem Ereignis, einem Schicksalsschlag zu tun oder einem äußeren Umstand – wie z.B. Stress auf der Arbeit. Das stimmt so aber nicht.

Vielmehr kann die Depression jeden erwischen, der eine Veranlagung dafür hat. Die äußeren Faktoren können ein Trigger sein. Aber die Bedeutung äußerer Umstände wird in der Regel überschätzt. Denn wenn man die Veranlagung zu einer Depression nicht hat, dann erträgt man die „Bitternisse des Lebens“ auch ohne depressiv zu werden.

Eine Depression zieht sich auch nicht durchs ganze Leben, sondern verläuft in Episoden. Das heißt, es gibt Phasen, da geht es den Betroffenen durchaus gut, sie können das Leben genießen und sind auch leistungsfähig.

Die neurobiologischen Faktoren
Was genau die körperlichen Ursachen einer Depression sind, konnte bis heute nicht restlos geklärt werden. Es gab und gibt ganz verschiedene Theorien, was bei einer Depression im Gehirn passiert.

Was kann man tun?
Als Angehöriger sollte man erstmal zuhören – und nicht selbst reden. Wenn der oder die Betroffene offen dafür ist, kann man ihn oder sie ermutigen, sich professionelle Hilfe zu suchen. Da die Erkrankten oft Schwierigkeiten haben, sich Hilfe zu holen, weil sie erschöpft sind, weil sie hoffnungslos sind, weil sie sich selbst die Schuld geben, weil sie sich schämen, ist es wichtig, dass Angehörige das in die Hand nehmen. Sie können beim Arzt anrufen, einen Termin vereinbaren, die Diagnose stellen lassen, die Erkrankten in den Arm nehmen und hinbringen zum Arzt.

Ganz besonders, wenn eine Suizidgefährdung besteht. Wenn man den Eindruck hat, die Depression ist schwer und der/die Betroffene hat finstere Gedanken bis hin dazu, sich etwas antun zu wollen. Dann ist es höchste Zeit, dass man einen Termin vereinbart und den Erkrankten oder die Erkrankte zum Arzt bringt.

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