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Demut – das Lächeln des Glaubens

Ein demütiges Leben zu führen, ist gar nicht leicht. Doch Jesus lebt es uns vor und zeigt uns, wie es gehen kann.

Ein ungeliebtes Wort

Demut – was für ein furchtbares Wort! Sofort steigen innere Bilder auf: Mönche, die sich selbst kasteien, Duckmäuserei, Unterwürfigkeit. Ein Leben in Demut scheint wie ein Appell, sich kleinzumachen, nichts zu sagen und bloß nicht aufzufallen. Doch gleichzeitig spüre ich: Demut – was für ein notwendiges Wort! In einer Welt voller Selbstdarstellung, in der Influencer auf Instagram und TikTok ihre glatt polierten Leben inszenieren, erscheint Demut fast wie ein Heilmittel.

Dabei geht es nicht darum, ein gesundes Selbstbewusstsein zu leugnen. Wir sind Ebenbilder Gottes, ausgestattet mit Würde und Begabungen. Doch in uns steckt auch ein anderes Selbst – das falsche Selbst, wie es die Mystiker nennen. Dieses Ego will sich selbst ins Zentrum rücken, wichtiger sein als andere, als die Schöpfung und manchmal sogar als Gott. Demut kann helfen, dieses Ego in seine Schranken zu weisen.

Ich bin nicht der Schöpfer

Schon im Alten Testament wird Demut als wertvolle Tugend geschätzt. Das hebräische Wort bedeutet so viel wie „sich beugen“ oder „sich ducken“. Für den modernen Menschen klingt das nach Schwäche und Unterwerfung. Doch gemeint ist etwas anderes: das Anerkennen einer höheren Ordnung, die Ehrfurcht vor Gott.

Demut heißt: Ich anerkenne mich als Geschöpf und nicht als Schöpfer. Ich bin der Ton, nicht der Töpfer. Diese Haltung entlastet. Denn wenn ich mich nicht als den Mittelpunkt des Universums betrachte, kann ich aufhören, alles kontrollieren zu wollen. Stattdessen kann ich das Leben mit offenen Händen empfangen und gestalten – als Teil der Schöpfung, nicht als ihr Herrscher.

Dieses Wissen befreit. Denn wenn wir glauben, selbst die Schöpfer zu sein, laufen wir Gefahr, die Welt nach unserem Bild zu formen – oft mit katastrophalen Folgen. Demut bedeutet daher nicht Selbstverleugnung, sondern ein realistisches Einordnen in die Schöpfungsordnung. Wir sind mächtig, ja, aber unsere Macht ist verliehen.

Jesus lebt Demut vor

Dann kommt Jesus. Und mit ihm ein Wendepunkt in der Geschichte Gottes mit den Menschen. Was für ein Plot-Twist: Gott wird Mensch, verletzlich und klein. Jesus sagt nicht nur, dass Demut wichtig ist – er lebt sie vor. „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Matthäus 11,29), sagt er.

Das ist revolutionär. Denn dieser demütige Gott unterwirft sich nicht einem machtgierigen System, sondern kommt auf Augenhöhe mit den Menschen. Jesus zeigt, dass Demut keine Duckmäuserei ist. Natürlich dient er – aber er spricht auch Klartext, hinterfragt Autoritäten und fordert radikale Umkehr. Gerade weil er demütig ist, ist er frei: Frei von der Angst vor Menschenmeinungen, frei, um den Willen seines Vaters zu tun.

Demut, so zeigt Jesus, ist keine Schwäche. Sie ist eine Stärke, die sich ihrer selbst sicher ist. Eine Stärke, die sich nicht beweisen muss. Ist das nicht faszinierend?

Demut als Weg in die Freiheit

Doch wie wachsen wir in gesunder Demut? Es geht nicht darum, sich selbst geringzuschätzen oder kleinzumachen. Demut wächst aus Stärke – aus dem Wissen, dass wir geliebte Kinder Gottes sind. Nur wer sich gefunden hat, kann auch loslassen.

1. Demut feiert Gaben und Grenzen:
Demut bedeutet nicht, sich selbst abzuwerten. Sie anerkennt die eigenen Gaben, aber auch die eigenen Grenzen. Sie lässt uns sagen: „Ja, das kann ich gut – aber das andere kann jemand anders besser.“ So wird Demut zur Quelle gesunder Beziehungen, weil sie Raum schafft für andere.

2. Demut erdet uns:
Das lateinische Wort für Demut, humilitas, hat denselben Ursprung wie humus – die Erde. Demut hält uns geerdet, lässt uns das Leben annehmen, ohne abzuheben. Sie erinnert uns daran, dass wir Teil der Schöpfung sind und nicht ihr Mittelpunkt.

3. Demut relativiert unser Ego:
Wir neigen dazu, unsere Gedanken und Meinungen allzu ernst zu nehmen. Demut lehrt uns, über uns selbst zu schmunzeln und Fehler einzugestehen. Wer demütig ist, verliert nicht sein Gesicht, wenn er sich irrt – im Gegenteil: Er gewinnt an Glaubwürdigkeit.

Die Gefahr der falschen Demut

Natürlich gibt es auch eine falsche Demut. Eine, die vorgibt, sich kleinzumachen, um Applaus zu bekommen. Eine, die sich in Selbstverleugnung übt, um als besonders fromm zu gelten. Diese falsche Demut ist nichts anderes als versteckter Hochmut.

Wahre Demut hingegen hat keine Agenda. Sie ist die leise Freude, sich selbst zurückzunehmen, um Raum zu schaffen – für Gott und für den Nächsten. Sie braucht keinen Beifall und keine Bühne. Sie wirkt im Verborgenen, oft unscheinbar, aber kraftvoll.

Demut als Lächeln des Glaubens

Demut ist nicht düster. Sie ist das Lächeln des Glaubens – die leise Freude, sich selbst nicht so wichtig nehmen zu müssen, weil da einer ist, der uns trägt. Wer demütig ist, kann sich selbst vergessen – nicht, weil er sich gering schätzt, sondern weil er weiß, dass er unendlich geliebt ist.

Ein demütiges Leben ist kein Leben ohne Profil oder Standpunkt. Im Gegenteil: Es ist ein Leben, das seine Stärke aus einer tiefen Verankerung in Gottes Liebe zieht. Es ist ein Leben, das andere groß macht, ohne sich selbst kleinzumachen.

Vielleicht ist das die Einladung, die Jesus uns macht: Demut nicht als Zwang zu sehen, sondern als Freiheit. Die Freiheit, nicht immer recht haben zu müssen. Die Freiheit, sich selbst und anderen zu vergeben. Die Freiheit, demütig zu lächeln – auch über sich selbst.

Denn am Ende zeigt uns Jesus: Wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht. Und wer seine Krone ablegt, dem setzt Gott selbst eine auf.

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