Der Templerschatz in Schottland?
Ein Mythos zwischen Rosslyn-Kapelle, Maria Magdalena und Bannockburn
Seit Jahrhunderten ranken sich um den sagenumwobenen Schatz der Tempelritter zahllose Legenden. Während manche Theorien seine Verbringung nach Portugal oder sogar nach Übersee vermuten, rücken seit den 1980er Jahren zunehmend Hinweise auf Schottland in den Mittelpunkt – genauer gesagt: auf die geheimnisvolle Rosslyn-Kapelle in Midlothian, nahe Edinburgh.
Rosslyn und die Tempelritter
Die Rosslyn-Kapelle wurde 1446 von William Sinclair gestiftet – einem Nachfahren Sir William Sinclairs, der als Großprior der Tempelritter in Schottland gewirkt haben soll. In einem Steinblock der Nordwestecke erinnert eine Inschrift an diese Verbindung. Der Legende nach wurden einst sogar die Gebeine bedeutender Tempelritter – vielleicht auch von Jacques de Molay – nach Rosslyn überführt.
Insbesondere durch Dan Browns Roman Sakrileg (Original: The Da Vinci Code) gewann die Kapelle internationale Aufmerksamkeit. Darin wird sie als Versteck für die Überreste von Maria Magdalena dargestellt – eine Verbindung zur Gnosis und zum „verlorenen heiligen Blut“, wie es auch in esoterischen Interpretationen der Templertradition zu finden ist.
Der Schatz für die Freiheit?
Eine andere Theorie geht davon aus, dass der Schatz zwar tatsächlich Schottland erreichte, dort aber nicht dauerhaft verborgen blieb, sondern kurz nach seiner Ankunft aufgelöst wurde, um einem höheren Zweck zu dienen: der Befreiung Schottlands von der englischen Vorherrschaft.
Diese Idee verweist auf die historische Schlacht von Bannockburn im Jahr 1314. Dort gelang es dem schottischen König Robert the Bruce, die zahlenmäßig überlegene englische Armee in einem entscheidenden Gefecht zu besiegen. Manche Historiker und Autoren vermuten, dass Templergelder, möglicherweise auch Templerwissen und Strategen, diesen Sieg erst ermöglicht hätten – zumal Robert the Bruce selbst in Konflikt mit der päpstlichen Kurie stand und den Templern gegenüber wohlgesonnen war.
Verschwörung oder Wahrheit?
Bis heute wurde in Rosslyn kein Schatz entdeckt – zumindest nicht öffentlich gemacht. Die Krypta der Kapelle ist für archäologische Grabungen gesperrt, und viele der Bildhauerarbeiten im Inneren bleiben rätselhaft. Über 100 Arten von Pflanzen, darunter solche aus Amerika, wurden in den Stein gemeißelt – lange bevor Kolumbus die Neue Welt betrat. Auch das wirft Fragen auf.
Was davon ist Wahrheit, was Mythos? Fakt ist: Schottland war ein sicherer Rückzugsort für viele verfolgte Templer nach dem Jahr 1307. Robert the Bruce war exkommuniziert, das Land stand außerhalb des direkten Einflusses Roms – ideale Bedingungen für eine neue „unsichtbare“ Existenzform des Ordens.
Fazit
Ob sich der Templerschatz wirklich unter der Rosslyn-Kapelle befindet oder ob er längst in einer anderen Form „aufgegangen“ ist – etwa im Kampf für ein freies Schottland –, bleibt bis heute ungeklärt. Doch gerade diese Mischung aus Geschichte, Mysterium und spiritueller Symbolik macht den Mythos des Templerschatzes in Schottland so faszinierend.
Und vielleicht liegt der wahre Schatz der Templer nicht in Gold und Silber verborgen – sondern in der Idee eines inneren Wissens, das wie ein Licht durch die Jahrhunderte hindurch weitergegeben wurde.