Die Templerkomturei Oschersleben
Ein historisches Erbe im Schatten des Tempelhofs
Einleitung
Oschersleben, eine Stadt im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt, blickt auf eine reiche Geschichte zurück, die eng mit dem Hochstift Halberstadt und dem Bistum Halberstadt verbunden ist. Doch neben dieser weltlichen und kirchlichen Zugehörigkeit birgt Oschersleben ein faszinierendes Kapitel mittelalterlicher Geschichte: die Niederlassung des Templerordens. Eine Komturei des legendären Ordens existierte hier im frühen 14. Jahrhundert und hinterließ Spuren, die noch heute Historiker und Geschichtsinteressierte beschäftigen.
Die Anfänge der Templer in Oschersleben
Der Orden der Templer, ursprünglich zum Schutz von Pilgern ins Heilige Land gegründet, breitete sich im Laufe des Mittelalters in ganz Europa aus. Auch in Oschersleben entstand eine Niederlassung, deren Existenz durch eine Urkunde vom 26. April 1306 belegt ist. In diesem Dokument, das sich auf einen großen Güterverkauf der Komturei Halberstadt bezieht, wird Komtur Ulrich von Oschersleben („frater Ulricus, commendator in Oschersleve“) als Zeuge genannt.
Bereits wenige Jahre später, in den Jahren 1308/09, begann der Niedergang des Templerordens. Bischof Albrecht von Halberstadt zog Templergüter in seiner Diözese ein und belehnte am 11. November 1309 den Ritter Dietrich Kage mit drei Hufen Land in Oschersleben. Die zweijährige Gewährleistung gegen eventuelle päpstliche oder templarische Ansprüche deutet darauf hin, dass es sich um konfiszierten Besitz handelte.
Die Lokalisierung der Templerniederlassung
Eine wichtige Quelle zur Lokalisierung der Templerniederlassung ist eine Urkunde des Bischofs Ludwig von Halberstadt vom 3. Oktober 1362. Darin übereignet der Bischof dem Grafen Burchard I. von der Asseburg eine halbe Hufe im „Oschersleber Felde“, genauer gesagt „6 Morgen hinter dem Tempelhofe“.
Das damalige Oschersleber Feld bestand aus drei Teilmarken:
- Emmeringfeld
- Stadtfeld
- Brandsleber Feld
Die Flurbezeichnung „Am Seehäuser Wege“ weist laut dem Historiker Breddin (1908) auf das Emmeringfeld hin. Daraus ergibt sich die Vermutung, dass der Tempelhof im Emmeringer Flurteil oder in Emmeringen selbst zu suchen ist.
Ein Erbzinslehnsbrief von 1721, ausgestellt von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, bestätigt die Existenz eines Tempelhofs in Emmeringen. In diesem Brief wird die Familie von Bennigsen mit Emmeringen belehnt, einschließlich:
- Vier Hufen Landes auf dem Felde zu Emmeringen
- Ein Holtzfleck, genannt der Tempelberg
Die Verbindung zwischen Tempelhof und Komturei
Ob der Tempelhof in Emmeringen und die Komturei Oschersleben identisch sind, bleibt ungewiss. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Hof und das angrenzende Waldstück Teil der Komturei waren. Solche zentralen Komtureien mit zugehörigen Tempelhöfen waren in vielen europäischen Niederlassungen des Templerordens üblich.
Das Dorf Emmeringen, erstmals 1084 urkundlich erwähnt, wurde im Jahr 1950 nach Oschersleben eingemeindet. Damit verschmelzen die historischen Linien von Oschersleben und Emmeringen und lassen die rätselhafte Geschichte der Templerkomturei weiterleben.
Das Erbe der Templer in Oschersleben
Auch wenn viele Fragen zur genauen Lage und Struktur der Komturei unbeantwortet bleiben, steht fest, dass die Templer in Oschersleben Spuren hinterlassen haben. Die Erwähnung von „Tempelhof“ und „Tempelberg“ in späteren Dokumenten zeugt von der einstigen Präsenz dieses mächtigen Ritterordens.
Heute lädt die Geschichte der Templer in Oschersleben dazu ein, tiefer in das Mittelalter einzutauchen und die Geheimnisse vergangener Zeiten zu entdecken. Die Stadt und ihre Umgebung bieten nicht nur historische Dokumente, sondern auch geographische Hinweise, die es zu erforschen gilt.
Fazit
Die Templerkomturei von Oschersleben bleibt ein spannendes Kapitel in der Geschichte Sachsen-Anhalts. Zwischen den historischen Urkunden und den geografischen Überlieferungen eröffnet sich ein Fenster in eine Zeit, in der Ritterorden nicht nur militärische, sondern auch wirtschaftliche und spirituelle Machtzentren darstellten.
Oschersleben und sein Tempelhof bleiben somit ein faszinierendes Zeugnis der mittelalterlichen Geschichte, das auch zukünftige Generationen noch beschäftigen wird.