Gedanken am 7. April
Die Kraft der Stille – Vom verletzlichen Ich zum weiten Selbst
In seinem Werk „Die Kraft der Stille“ beschreibt Carlos Castaneda eine tiefgreifende innere Erfahrung: den Moment, in dem er den Unterschied zwischen seinem Ich und seinem Höheren Selbst nicht nur verstand, sondern direkt erlebte.
Sein Höheres Selbst offenbarte sich als alt, sorglos und gleichgültig – aber nicht aus Kälte, sondern aus tiefer, überpersönlicher Weisheit.
Es war verbunden mit allem, frei von Erwartungen, freudig im Schauen, still in seiner Kraft.
Das Ich hingegen erschien nervös, jung, verletzlich – voller Sorgen, Unsicherheit, Reaktionen. Es war das Ich, das bewertet, vergleicht, kontrollieren will – aber nie zur Ruhe kommt, weil es isoliert ist.
„Ich begriff, dass ich die Welt ausschließlich durch diesen einsamen, verletzlichen Teil meiner selbst betrachtet hatte.“
– Carlos Castaneda
Der Schleier des Ichs
Wie oft leben wir in dieser engen Sichtweise – verstrickt in Gedanken, gefangen in Ängsten, überzeugt von unseren persönlichen Geschichten? Das Ich erlebt sich getrennt – und deshalb ist es ständig auf der Suche nach Sicherheit, Anerkennung, Kontrolle.
Doch die Welt, wie sie wirklich ist, liegt hinter diesem Schleier. Sie ist nicht eng und bedrohlich, sondern weit, still, durchlässig und voller Präsenz – wenn wir aus dem Höheren Selbst heraus sehen.
Templerarbeit: Sehen mit den Augen der Weite
„Die tibetisch-buddhistische Praxis der Shamatha-Vipassana… ist eine grundlegende Übung, um mit dem Höheren Selbst anstatt mit den Augen des Ichs sehen zu lernen.“
Diese Übung öffnet einen inneren Raum, in dem sich das Höhere Selbst nicht als Idee, sondern als lebendige Erfahrung zeigen kann.
Übung: Shamatha-Vipassana – Die Weite des Bewusstseins
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Setze dich ruhig und aufrecht hin.
Dein Rücken sollte würdevoll und entspannt sein – wie ein ruhender Berg. -
Lasse deinen Blick leicht nach unten sinken, ohne etwas Bestimmtes zu fixieren.
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Werde dir deines Atems bewusst.
Spüre, wie er einströmt und dich füllt – und wie er wieder hinausfließt. -
Verteile deine Aufmerksamkeit bewusst:
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25 % auf den Atem
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75 % auf das Gefühl von Geräumigkeit – der Raum um dich herum, das Feld der Stille, der weite Hintergrund deines Bewusstseins.
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Wenn Gedanken auftauchen – Urteile, Erinnerungen, Sorgen – erkenne sie, ohne ihnen zu folgen.
Lass sie wie Wolken am Himmel weiterziehen. -
Verweile fünf Minuten in dieser Haltung der offenen Präsenz.
Was geschieht?
In dieser einfachen, aber kraftvollen Übung passiert etwas Unerwartetes:
Du hörst auf, ausschließlich aus deinem Ich heraus zu sehen.
Du beginnst, dich aus dem Höheren Selbst heraus zu verankern – dem Teil von dir, der nichts erwartet, aber alles empfangen kann, der nicht kämpft, sondern wahrnimmt, der nicht getrennt ist, sondern verbunden mit allem.
Fazit: Der Weg zur stillen Kraft
Unser verletzbares Ich ist nicht unser Feind – aber es ist nicht der Ort, von dem aus wir das Wahre erkennen können.
Die Kraft der Stille liegt in der Fähigkeit, sich jenseits dieses Ichs zu verankern, in der stillen Weite des Höheren Selbst.
Möge dich diese Praxis begleiten wie ein innerer Wegweiser –
zurück zu dem, was in dir alt, sorglos, still und freudig ist.
Möge dein Blick klar und weit werden – und dein Herz frei.
🕯️ In der Kraft der Stille – dein innerer Templer.