Gibt es die einzig wahre Religion?

„In einer Zeit der globalen Verflechtung von immer mehr Lebensräumen der Menschheit in Politik, Wirtschaft, Verkehr, Umwelt und Kultur lebt keine Religion mehr in einer .splendid Isolation’. In der einen Welt, wo vielerorts Menschen verschiedener Religionen in derselben Straße wohnen, im selben Büro arbeiten und an derselben Universität studieren, kann es Christen nicht gleichgültig sein, was im Judentum, was im Islam vor sich geht […] Im Zeitalter eines erwachten globalen ökumenischen Bewusstseins muss für die ökumenische Gesamtverantwortung aller geworben werden.” (Heschel 1965)

„Gibt es die eine wahre Religion?” fasst Küng noch einmal seine religionstheologische Grundüberzeugung zusammen.
Für ihn als glaubenden Menschen sei das Christentum „die wahre Religion, sofern es von Gott in Christus” zeuge, erklärt er. Aber die „ganze Wahrheit” habe „keine Religion”, die ganze Wahrheit habe „nur Gott allein”. Nur Gott selbst sei „die Wahrheit”

„Auch Christen können nicht beanspruchen, ihn, den Unbegreiflichen zu begreifen, ihn, den Unerforschlichen, erfasst zu haben. Auch im christlichen Glauben erkennen wir nach Paulus die Wahrheit selbst, die Gott ist, in rätselhaften Umrissen, bruchstückhaft, facettenhaft, abhängig von unserem ganz bestimmten Standpunkt und Zeitpunkt. Ja, auch die Christenheit ist ,in via’, auf dem Weg: ,Ecclesia peregrinans, homines viatores.’ Und wir sind auf dem Weg nicht allein, sondern mit Abermillionen anderer Menschen aus allen möglichen Konfessionen und Religionen, die ihren eigenen Weg gehen, aber mit denen wir je länger, desto mehr in einem Kommunikationsprozess stehen, wo man sich nicht um Mein und Dein, meine Wahrheit – deine Wahrheit, streiten sollte; wo man vielmehr, unendlich lernbereit, von der Wahrheit der anderen aufnehmen und von seiner eigenen Wahrheit neidlos mitteilen sollte. Wohin aber, wird mancher fragen, wird das alles führen? Die Geschichte ist nach vorne offen, und nach vorne offen ist auch der interreligiöse Dialog, der – anders als der interkonfessionelle – gerade erst begonnen hat […] Wie die Christologie, Koranologie oder Buddhologie, wie die Kirche, die Umma, der Sangha des Jahres 2087 aussehen wird, wer weiß das?
Sicher, was die Zukunft betrifft, ist nur das eine: am Ende sowohl des Menschenlebens wie des Weltenlaufs werden nicht Buddhismus oder Hinduismus stehen, aber auch nicht der Islam und nicht das Judentum.
Ja, am Ende steht auch nicht das Christentum. Am Ende wird überhaupt keine Religion stehen, sondern steht der eine Unaussprechliche selbst, auf den alle Religion sich richtet, den auch die Christen erst dann, wenn das Unvollkommene dem Vollkommenen weicht, ganz so erkennen, wie sie selbst erkannt sind: die Wahrheit von Angesicht zu Angesicht. Und am Ende steht so zwischen den Religionen nicht mehr trennend ein Prophet oder ein Erleuchteter, steht nicht Mohammed und nicht der Buddha. Ja, auch der Christus Jesus, an den die Christen glauben, steht hier nicht mehr trennend. Sondern er, dem nach Paulus dann alle Mächte (auch der Tod) unterworfen sind, .unterwirft sich’ dann Gott, damit Gott selbst-oder wie immer man ihn im Osten nennen mag – wahrhaft nicht nur in allem, sondern alles in allem sei.”
(Küng 1987)

Der Selbstverpflichtung auf eine solche „ökumenische Gesamtverantwortung” entspricht die Anwendung einer ganz bestimmten Methode. Küng nennt sie programmatisch eine „trilaterale Methodik” (Der Islam, 26) und wendet sie gleichermaßen in allen drei Monographien an. Der Grundgedanke ist: Alle drei Religionen stehen vor denselben geschichtlichen Herausforderungen zwischen Tradition und Innovation. Alle drei sind strukturell gleichen Entwicklungen unterworfen: in ihrem Binnenverhältnis (Konflikte zwischen Menschen, die in verschiedenen Paradigmen leben) und in ihrem Außenverhältnis zueinander (abstoßende und versöhnende Tendenzen in der Geschichte von Judentum, Christentum und Islam). Küng stellt von daher an alle drei Religionen dieselben Fragen, zeigt ähnliche Probleme und Lösungsansätze. Eine „trilaterale Methodik” wird angewandt, bei der Kritik an der einen Religion immer verbunden ist mit Selbstkritik an den jeweils anderen, um – wie Küng sagt – „sowohl Dialogizität nach außen als auch eine konzeptionelle Verklammerung” der Trilogie „nach innen zu erreichen”.

Natürlich fühlen wir uns als Templer der christlichen Lehre verbunden.
Wie vielfältig diese Lehre ist sehen Sie in eine Liste der christlichen Konfessionen.