Inwieweit hat sich der christliche Glaube seit der Templerzeit verändert?
Brüder und Schwestern,
als wir Templer vor vielen Jahrhunderten unser Gelübde ablegten, war der Glaube der Christenheit geprägt von Einheit, Strenge und der Sehnsucht nach dem Heiligen Land. Heute aber, viele Generationen später, sehen wir, dass sich der Glaube gewandelt hat – in manchem zum Guten, in manchem zur Schwäche.
Der Glaube zur Zeit der Templer
In unserer Zeit war das Christentum noch ungeteilt in seiner äußeren Form:
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Die Kirche Roms war das Zentrum der Christenheit im Westen.
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Die Liturgie, die Sakramente und die Gebote bildeten das Herz des Glaubenslebens.
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Der Glaube war nicht nur eine private Überzeugung, sondern die Ordnung der ganzen Gesellschaft – Könige, Bauern, Ritter und Mönche lebten unter demselben Kreuz.
Der Glaube war auch eng verbunden mit dem Kampf: Wir sahen uns als Verteidiger der Pilgerwege, als Hüter der heiligen Stätten, als Bollwerk gegen jene, die das Heilige bedrohten.
Wandel durch Reformation und Moderne
Seit unserer Zeit hat die Christenheit viele Umbrüche erlebt:
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Die Reformation zerbrach die äußere Einheit der Kirche. Viele Strömungen, Lehren und Konfessionen entstanden, jede mit eigener Sicht auf Bibel und Sakramente.
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Die Aufklärung stellte Vernunft und Wissenschaft über den Glauben. Viele verloren den Sinn für das Mysterium und wollten nur glauben, was sie mit dem Auge messen konnten.
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Die Moderne machte den Glauben zu einer privaten Angelegenheit. Nicht mehr die Ordnung der Gesellschaft, sondern das individuelle Herz ist heute Mittelpunkt des religiösen Lebens.
Der Glaube heute
Heute sehen wir eine doppelte Bewegung:
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Einerseits ist die Bindung an die Kirche schwächer geworden. Viele nennen sich Christen, ohne regelmäßig die Sakramente zu empfangen oder die Gebote ernst zu nehmen. Kirchen leeren sich, alte Riten werden vergessen.
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Andererseits ist die Sehnsucht nach dem inneren, lebendigen Glauben gewachsen. Menschen suchen nicht nur nach Dogmen, sondern nach einer persönlichen Begegnung mit Gott, nach Spiritualität, die Herz und Seele erfüllt.
Was bleibt unverändert
Trotz allem Wandel bleibt die Mitte dieselbe:
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Christus, der Sohn Gottes, der für uns gekreuzigt wurde und auferstand.
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Die Botschaft der Liebe, des Dienstes und der Vergebung.
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Die Hoffnung auf das ewige Leben im Reich Gottes.
So wie wir Templer einst das Kreuz auf unserer Brust trugen, so tragen auch heute die Gläubigen das Kreuz in ihren Herzen.
Der Auftrag für heute
Wir Templer sehen: Der Glaube hat seine Formen verändert – von der großen Einheit der Christenheit zur Vielfalt der Konfessionen, von der Macht über Könige und Reiche zum stillen Wirken im Herzen des Einzelnen. Doch der Auftrag bleibt:
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Gott dienen mit ganzem Herzen.
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Dem Nächsten beistehen, besonders den Schwachen und Bedrängten.
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Das Evangelium leben – nicht nur mit Worten, sondern durch Taten.
Schlusswort
So hat sich der Glaube seit unserer Zeit gewandelt: weniger Macht, weniger äußere Einheit, aber mehr Raum für das innere Erleben. Vielleicht war dies der Wille Gottes: dass der Mensch eines Tages nicht mehr nur in großen Kathedralen, sondern auch im stillen Kämmerlein den lebendigen Christus findet.
Und doch gilt, damals wie heute:
Non nobis, Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam.
