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1 Stufe des Glaubens: Der intuitiv-projektive Glaube

(Typisch für Kinder im Alter von ca. 3 bis 7 Jahren)

Ein erster Zugang zum Heiligen

Die erste Stufe des Glaubens ist geprägt von emotionaler Offenheit, lebendiger Fantasie und einer tiefen Sehnsucht nach Geborgenheit. In diesem Alter erleben Kinder die Welt noch nicht als etwas Abstraktes, sondern als ein geheimnisvolles, oft auch magisches Geschehen. Sie nehmen Stimmungen auf, deuten sie auf ihre Weise und füllen die Welt mit inneren Bildern. Glaube ist für sie keine Lehre – sondern ein Erleben.

Der Begriff „intuitiv-projektiv“ beschreibt diesen Zustand sehr treffend:

  • Intuitiv, weil Kinder in diesem Alter sehr empfindsam und unmittelbar reagieren. Sie spüren, ob etwas „gut“ oder „böse“ ist, noch bevor sie es logisch erfassen können.

  • Projektiv, weil sie ihre inneren Empfindungen auf äußere Gestalten übertragen – und sich so ein Bild von Gott, Himmel, Engeln oder Dämonen erschaffen.

Wie Kinder glauben

In dieser frühen Phase des Glaubens:

  • verkörpern sich göttliche Wesen oft als reale, menschlich gedachte Gestalten. Gott wird z. B. als „lieber Vater im Himmel“ erlebt – oder auch als strenger Richter, je nach Umfeld.

  • Biblische Geschichten und religiöse Bilder werden wörtlich genommen und stark emotional verarbeitet. Die Arche Noah, Engel, Jesus am Kreuz – all das wirkt auf das kindliche Gemüt tief ein, oft ohne Filter.

  • Gebete sind kindlich-vertraut, oft mit der Hoffnung verbunden, dass Wünsche erfüllt werden oder Schutz erfleht wird („Lieber Gott, mach, dass Mama nicht mehr traurig ist“).

Es ist ein Glaube voller Vertrauen, aber auch voller Projektionen. Was das Kind erlebt – Angst, Freude, Schuld, Hoffnung – wird unmittelbar mit dem Göttlichen verknüpft.

Die Rolle der Erwachsenen

In dieser Phase spielt das Verhalten der Eltern, Großeltern oder anderer Bezugspersonen eine entscheidende Rolle. Kinder übernehmen unbewusst nicht nur das Gottesbild, das ihnen erzählt wird, sondern auch das, was vorgelebt wird:

  • Wird über einen liebevollen, verzeihenden Gott gesprochen – oder über einen strafenden?

  • Wird religiöse Praxis als etwas Schönes vermittelt – oder mit Zwang und Strenge verbunden?

  • Wird Spiritualität als lebendiges Erleben erfahrbar – oder als Pflicht?

Die Erwachsenen sind in dieser Phase „geistige Spiegel“ – das Kind vertraut blind und übernimmt die Atmosphäre, nicht nur die Worte.

Chancen und Gefahren dieser Stufe

Chancen:

  • Der intuitive Glaube kann ein tiefes Urvertrauen ins Leben und ins Göttliche begründen.

  • Es entstehen erste spirituelle Bilder, die das Herz berühren und später als innere Quellen dienen können.

  • Diese Phase fördert Empathie, Staunen und das Gefühl von Verbundenheit mit einem größeren Ganzen.

Gefahren:

  • Wird das Gottesbild zu ängstlich oder strafend vermittelt, können sich tiefe Schuldgefühle oder Gottesfurcht einprägen.

  • Ein kindlich-magisches Denken kann sich verfestigen und später eine reifere Auseinandersetzung blockieren.

  • Wenn religiöse Rituale ohne inneren Bezug weitergegeben werden, bleibt der Glaube oberflächlich oder mechanisch.

Die Templerperspektive auf diese Stufe

Auch in der Templertradition erkennen wir die Bedeutung dieser ersten Stufe als heiligen Anfang. Jeder Weg beginnt mit Vertrauen – und dieses Vertrauen entsteht oft in der frühen Kindheit.
Wir ehren die kindliche Tiefe dieser Phase, ohne in ihr stehen zu bleiben. Der Glaube darf sich weiterentwickeln – aber ohne die ursprüngliche Wärme und Unmittelbarkeit zu verlieren.

In unseren Lehren ist das „innere Kind“ nicht etwas, das man überwindet, sondern eine Quelle der Reinheit und Offenheit, die später in bewusstere Formen des Glaubens überführt werden kann. Wer lernt, die erste Stufe zu heilen und zu integrieren, trägt ein leuchtendes Herz durch alle späteren Prüfungen des Lebens.

Fazit

Die intuitiv-projektive Stufe des Glaubens ist der erste, zarte Schritt auf einem langen Weg.
Sie ist voller Bilder, voller Gefühl, voller Vertrauen – aber auch voller Unsicherheit.
Sie ist der Boden, auf dem später der reflektierte, erwachsene Glaube wachsen kann.

Wer das Heilige zuerst mit dem Herzen sieht, hat einen kostbaren Schatz. Doch wie bei jedem echten Weg, ist es erst der Anfang – ein Anfang, der nicht vergessen, sondern mitgenommen werden will.

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