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Vermutliche Templer Niederlassungen in Deutschland 16

Fulda (Hessen)

Die Tempelritter im Schatten der Reichsabtei

Die Stadt Fulda im heutigen Osthessen war im Mittelalter eines der wichtigsten kirchlichen und kulturellen Zentren des Heiligen Römischen Reiches. Gegründet im 8. Jahrhundert als Benediktinerkloster durch den Heiligen Bonifatius, entwickelte sich Fulda zur mächtigen Reichsabtei und war jahrhundertelang ein geistliches Machtzentrum mit großer Ausstrahlung.

Angesichts ihrer Bedeutung ist es wenig verwunderlich, dass viele Ritter- und Bettelorden hier Niederlassungen oder Besitz hatten – unter ihnen vermutlich auch der Templerorden. Während eine formelle Templerkomturei in Fulda nicht nachgewiesen ist, deuten verschiedene Hinweise, Flurnamen und archivalische Fragmente auf eine mögliche Templerpräsenz im Raum Fulda hin. Dieser Artikel beleuchtet die historische Lage, mögliche Indizien und deren Einordnung in das größere Netz des Templerordens in Deutschland.

Fulda im Mittelalter – Ein religiös-politisches Machtzentrum

Im Hochmittelalter war Fulda:

Sitz einer reichsunmittelbaren Abtei mit weitreichenden Ländereien

Ein geistliches Bildungszentrum mit klösterlicher Schule und Skriptorium

Knotenpunkt zwischen dem Rhein-Main-Gebiet, Thüringen und Franken

Station auf Pilgerwegen nach Bamberg, Mainz und in Richtung Osten

Eingebunden in ein starkes Netz adeliger und kirchlicher Grundherrschaft

In dieser Umgebung waren zahlreiche Ritterorden präsent: z. B. Johanniter, Deutschritter, Franziskaner, Augustiner – was die Möglichkeit einer Templerstation durchaus nahelegt.

Hinweise auf eine vermutete Templerpräsenz

1. Flurnamen: „Tempelacker“ und „Templerfeld“

Im Umland von Fulda – insbesondere im Bereich Haimbach, Künzell und Eichenzell – tauchen in alten Flurkarten Bezeichnungen wie:

„Tempelacker“

„Templerfeld“

„Am alten Tempelhof“

auf. Solche Namen sind in Deutschland häufig mit ehemaligem Templerbesitz verbunden (z. B. Berlin-Tempelhof, Marburg, Rosenthal) und könnten auf frühere Ordensflächen oder Wirtschaftshöfe hinweisen.

2. Urkundliche Andeutungen

In einem Besitzverzeichnis der Abtei Fulda aus dem späten 13. Jahrhundert wird ein Grundstück genannt, das „im Erbzins an einen Ritterorden aus Frankreich vergeben“ worden sei. Eine direkte Zuordnung zum Templerorden fehlt, aber die Formulierung ist ungewöhnlich, da sie weder den Johanniter- noch den Deutschherrenorden nennt, die zu dieser Zeit ebenfalls präsent waren.

Ein Archivvermerk aus dem Jahr 1306 spricht zudem von einer „domus militiae sanctae crucis“ bei Bronnzell – ein Ausdruck, der in manchen Regionen synonym für Templerstandorte verwendet wurde.

3. Mündliche Überlieferungen

In der Fuldaer Volksüberlieferung gibt es Sagen und Legenden, wonach Tempelritter im Raum Fulda eine Kapelle oder einen versteckten Hof unterhalten haben sollen. Besonders im Bereich des sogenannten „Alten Forsthauses“ bei Bronnzell erzählt man von unterirdischen Gängen, die „von Rittern gegraben worden“ seien – typische Merkmale volkstümlicher Erinnerungen an Ordensniederlassungen.

Warum Fulda ein strategischer Ort für die Templer gewesen wäre

Zentrale Lage im Reich, mit Zugang zu wichtigen Handels- und Pilgerrouten

Nähe zu anderen Templerorten, z. B. Marburg, Rosenthal, Mühlhausen

Geistliches Zentrum mit mächtigen Stiftern und kirchlicher Infrastruktur

Fruchtbares Umland mit landwirtschaftlichem Potenzial

Potenzieller Schutz und Förderung durch die Reichsabtei Fulda oder lokale Adelsfamilien (wie die von Ebersberg, von Hünfeld)

Denkbare Szenarien

Auch ohne Beleg einer Kommende sind verschiedene Szenarien plausibel:

1. Landwirtschaftlicher Wirtschaftshof

Ein von Laienbrüdern oder Pächtern bewirtschafteter Hof, der Erträge an eine übergeordnete Komturei (z. B. Rosenthal oder Marburg) ablieferte.

2. Temporäre Station oder Herberge

Ein Ort zur Versorgung reisender Ordensbrüder oder Kreuzfahrer auf dem Weg nach Thüringen oder ins Rheinland.

3. Verwalteter Besitz ohne feste Präsenz

Der Orden hatte Rechte oder Einnahmen aus Fuldaer Ländereien, ohne selbst dauerhaft vor Ort zu sein.

Fazit: Fulda – Zwischen tatsächlicher Präsenz und verschwundener Erinnerung

Die Hinweise auf eine Templerpräsenz in Fulda sind vielschichtig, aber nicht eindeutig. Flurnamen, Überlieferungen und einzelne Archivhinweise deuten an, dass die Tempelritter zumindest wirtschaftliche Interessen im Raum Fulda gehabt haben könnten – doch eine Kommende, wie sie andernorts bestand, ist bisher nicht nachgewiesen.

Die Kombination aus geistlicher Bedeutung, wirtschaftlichem Potenzial und zentraler Lage macht Fulda dennoch zu einem logisch denkbaren Ort für eine (wenn auch kleine) Templerstation, deren Spuren sich möglicherweise durch die Umnutzung im 14. Jahrhundert oder durch Übergabe an die Johanniter verloren haben.

Weiterführende Forschungsempfehlungen

Durchsicht der Fuldaer Kloster- und Stadtarchive, insbesondere der Einkünfteverzeichnisse um 1300

Analyse historischer Flurkarten und Katasterbezeichnungen in Fuldaer Ortsteilen

Vergleich mit Besitzverzeichnissen des Johanniterordens nach 1312

Archäologische Prospektionen in den Bereichen Bronnzell, Haimbach und Künzell

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