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⚔️ Das Chinon-Pergament

Seit einem Daily Telegraph-Artikel von 2007 wurde ein in den Vatikanischen Archiven entdecktes Dokument, bekannt als „Chinon-Pergament“ oder „Chinon-Paper“, als angeblicher Beweis für die Unschuld des Templerordens und seine Rehabilitierung vermarktet und vor allem von diversen Neutempler-Filiationen rezipiert. Der wesentlich durch die Historikerin Barbara Frale (der Entdeckerin des Dokuments) entfachte Medienhype ist nicht gerechtfertigt, da das Dokument keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse ans Licht gebracht hat und keine „Rehabilitierung“ beinhaltet, die ein „Umschreiben der Geschichte“ fordern würde.

Das besagte Dokument ist das Original des während des Prozesses in Chinon aufgenommenen Verhörprotokolls der Würdenträger des Ordens. Die Verhöre endeten mit dem Schuldbekenntnis der Würdenträger, die daraufhin dem kanonischen Recht zufolge die Absolution erhielten und mit der Kirche versöhnt wurden. Dies war das gewöhnliche Vorgehen in Ketzerprozessen und ist auch während des Templerprozesses in zahlreichen Fällen geschehen. Nur, wenn die Zeugen sich weigerten, die Anklagepunkte zu bestätigen, galten sie als „verstockte Ketzer“, denen die Absolution verweigert wurde und die mit weiterer Haft und Folter mürbe gemacht werden sollten, bzw. bei standhafter Weigerung verbrannt wurden.

Der Inhalt der Verhöre von Chinon und die erteilte Absolution („per predictos cardinales reconciliatus et ecclesie unitati reincorporatus, abiurata omni heresi“, Finke, Bd. II, pp. 328) waren der Forschung bekannt, da eine Zusammenfassung der Verhöre im päpstlichen Register zu finden war. Die dortige Version wurde von H. Finke, Papsttum und Untergang des Templerordens, 2 vols. Münster 1907 editiert. Auch die (allerdings rückdatierte) Bulle Faciens Misericordiam erwähnt die Ergebnisse der Verhöre der Würdenträger. Nicht bekannt war das Original des Verhörprotokoll-Transkripts und damit einige Details. Insofern ist der Fund in der Tat zu würdigen, auch wenn er keine fundamental neuen Erkenntnisse bereithält.

Der Spiegel schrieb dazu.

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