Lehrbrief GR 22

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Gott zum Grusse.
Non nobis Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam

Konzentration – Meditation

Wenn Du Dich mit innerer Arbeit beschäftigst, wirst Du immer wieder zwei Begriffe hören: Konzentration und Meditation. Beide sind Schlüssel zu tieferer Erkenntnis, und doch wirken sie auf unterschiedliche Weise. Willst Du sie bewusst anwenden und meistern, solltest Du ihren Unterschied verstehen – und vor allem, wie sie sich ergänzen.

Konzentration – der aktive, zielgerichtete Weg

Die Konzentration ist zielgerichtet, kraftvoll und durchdringend. Sie ist wie ein Strahl aus Licht, der auf einen bestimmten Punkt gerichtet wird, um diesen Punkt ganz zu erfassen. Du fokussierst Dich, Du lässt alles andere außen vor. In dieser Haltung tritt alles Störende zurück, und Du richtest Deine gesamte geistige Energie auf einen einzigen Gedanken, ein Symbol, ein Bild oder einen Begriff.

Konzentration ist eine maskuline Funktion – aktiv, forschend, eindringend. Sie will erkennen, durchdringen, erobern. Sie ist besonders geeignet, wenn Du etwas lernen, verstehen, strukturieren oder bewusst machen willst. Sie ist auch die Voraussetzung für geistige Kraft – denn zerstreute Gedanken sind schwach, gebündelte Gedanken hingegen entfalten große Wirkung.

Meditation – der empfangende, hingebungsvolle Weg

Die Meditation hingegen ist empfangend, offen, still. Sie ist wie ein See, der den Himmel widerspiegelt. Du öffnest Dich einem Gedanken, einem Bild, einer Wahrheit – und lässt sie in Dein Inneres hineinsinken. Du kämpfst nicht, Du strebst nicht, Du bist einfach nur da. Wach, aber nicht aktiv. Gegenwärtig, aber nicht steuernd.

Meditation ist eine feminine Funktion – aufnehmend, identifizierend, verschmelzend. Du wirst eins mit dem, worüber Du meditierst. Du wirst still, und in dieser Stille beginnt sich Dir eine tiefere Wahrheit zu offenbaren – eine Wahrheit, die nicht vom Verstand, sondern nur von der Seele erfasst werden kann.

Konzentration und Meditation – zwei Hälften eines Ganzen

Du brauchst beide. Wenn Du nur konzentrierst, wirst Du hart, analysierend, vielleicht sogar eng. Wenn Du nur meditierst, kannst Du schwammig werden, verlierst die Richtung. Erst die Verbindung beider Wege führt Dich zur wahren inneren Schau – zur Kontemplation.

In der Kontemplation vereinen sich Konzentration und Meditation. Sie ist neutral, nicht männlich und nicht weiblich – oder besser gesagt: beides zugleich. In ihr geht es nicht mehr darum, etwas zu greifen oder aufzunehmen, sondern einfach nur darum, zu sein. Rein und offen. Aus dieser Haltung heraus geschieht echte Erkenntnis – nicht durch Anstrengung, sondern durch Einswerdung mit der Wahrheit.

Templerpraxis: Das innere Auge öffnen

In der Templer-Esoterik ist das Ziel nicht nur Erkenntnis, sondern Verwandlung. Deshalb ist die psychische Schulung so aufgebaut, dass Du zuerst die Konzentration schulst – und damit Dein Denken reinigst und sammelst. Dann öffnest Du Dich in der Meditation – und schließlich gehst Du über in die Kontemplation, die Dich mit der Quelle allen Seins in Einklang bringt.

Wenn Du täglich übst, wirst Du merken, wie sich etwas in Dir verändert. Du wirst ruhiger, klarer, wacher. Du wirst Dich selbst besser erkennen – und auch Deine Verbindung zu allem, was ist.

Ein Wort zum Schluss

Der Weg nach innen ist der königliche Weg der Templer. Er ist weder ein Ausweichen vor der Welt, noch ein bloßes Verweilen in spirituellen Höhen. Er ist eine Disziplin, eine Schulung – und eine Form gelebter Ritterlichkeit. Wenn Du ihn gehst, tust Du es nicht nur für Dich – sondern auch für die Welt.

Fiat Lux.
Ralph von Reichenberg GM