⚔️ Komturei Piacenza (Italien)
Ein Zentrum der Templer in Italien
Die Geschichte der Komturei von Piacenza ist ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, wie tief der Templerorden in das städtische, politische und geistliche Leben der italienischen Halbinsel eingebunden war. An den Ufern des Po gelegen, verband Piacenza die Handelswege Norditaliens mit den Routen in Richtung Mittelmeer und damit auch mit den Pilger- und Kreuzfahrerpfaden ins Heilige Land. Diese günstige Lage und die alte Kreuzfahrertradition der Stadt machten Piacenza zu einem bedeutsamen Ort im Geflecht der europäischen Niederlassungen des Ordens.
Ursprünge und erste Erwähnungen
Legenden schreiben die Gründung der Niederlassung entweder dem heiligen Bernhard von Clairvaux oder Hugues de Payens zu, doch keine Quelle kann dies belegen. Sicher ist nur: 1172 erscheint der Orden erstmals urkundlich in Piacenza.
Ein weiteres wichtiges Zeugnis stammt aus dem Jahr 1195, als in einem Testament erstmals ein Hospital der Templer erwähnt wird. Es war klar vom Spital der Johanniter unterschieden, was den eigenständigen karitativen Charakter der Templer in der Stadt belegt. Schon 1180 ist zwar eine Bruderschaft (consorcium) dokumentiert, doch bleibt unklar, ob sie mit diesem Hospital in Verbindung stand.
1280 schließlich ging das Hospital S. Egidio – vermutlich auf Initiative des Bischofs – an die Verwaltung der Templer über. Die Wahl des Rektors bedurfte fortan der Bestätigung durch den Bischof, was die Verzahnung von Ordens- und kirchlicher Autorität deutlich macht.
Ein Zentrum des städtischen Lebens
Die Komturei von Piacenza war mehr als ein geistliches Haus: Sie war ein Ort der Bürgerversammlung und der politischen Vermittlung.
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1187 wurden hier die rectores gewählt, die über die Wahl des Podestà wachten.
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1220 fanden Gesandte Mailands und Konsuln Piacenzas in der Komturei zusammen, um den Podestà von Piacenza als Schlichter in Mailands inneren Konflikten zu bitten.
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1250 wurden die neuen Stadtstatuten in der Templerkirche feierlich ratifiziert.
So wurde das Haus der Ritter ein Forum der Stadt, ein Ort, an dem weltliche und geistliche Interessen zusammenflossen.
Konflikte und Grenzziehungen
Wie überall, wo Besitz und Einfluss aufeinandertreffen, kam es auch in Piacenza zu Streitigkeiten. Besonders die Wasserrechte führten zu Konflikten zwischen den Templern und den Dominikanern des nahegelegenen S. Giovanni in Canale. Erst die Errichtung von Grenzstelen brachte Klarheit – eine dieser Markierungen ist bis heute sichtbar.
Darüber hinaus war Piacenza ein bedeutender Versammlungsort des Ordens. Provinzialkapitel wurden hier mehrfach abgehalten – etwa 1244, 1268, 1271, 1281 und 1306 – teils mit der Anwesenheit von mehreren Dutzend Brüdern.
S. Maria del Tempio und der Übergang zu S. Egidio
Die ursprüngliche Niederlassung befand sich in S. Maria del Tempio, außerhalb der Stadtmauern, an einer wichtigen Handelsroute. Die einschiffige Kirche wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet.
1279 begann man mit dem Bau eines Glockenturms, der jedoch im 16. Jahrhundert durch einen Blitzschlag einstürzte. Bereits 1304 wurde der Sitz der Komturei von S. Maria nach S. Egidio verlegt. Die alten Gebäude und die Kirche fielen den Dominikanern zu, ebenso die Mühle, die Wasserrechte und weitere Besitzungen. Diese Übertragung wurde durch die Päpste Benedikt XI. und Clemens V. bestätigt.
Die letzten baulichen Spuren von S. Maria del Tempio verschwanden tragischerweise während der Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs.
Der Prozess gegen die Templer in Piacenza
Die Wende kam mit den Verfolgungen gegen den Orden. 1308 wurden die Brüder von Piacenza in ihrem eigenen Haus inhaftiert, ihre Güter beschlagnahmt und der Verwaltung des Inquisitors Guglielmo Cigala aus Genua unterstellt. Auffällig ist jedoch, dass die Beziehungen nicht feindselig waren: Cigala führte ordnungsgemäß Buch über die Ausgaben für den Unterhalt der Gefangenen, die aus den Erträgen der konfiszierten Güter bestritten wurden.
Der Prozess in der Region stand unter der Leitung von Erzbischof Rinaldo da Concorezzo von Ravenna. Er verlangte die purgatio canonica, den Reinigungseid, den die Brüder im Juli 1311 vor dem Bischof von Piacenza ablegten. Jeder Eid wurde von zwölf Verteidigungszeugen – Bürgern wie Klerikern – beglaubigt. Dies zeigt, wie tief die Templer mit der Kommune und der Kirche vor Ort verbunden waren.
Nach dem Prozess gingen die Gebäude und Ländereien von S. Egidio an die Johanniter über, die damit das geistliche Erbe der Templer in Piacenza fortführten.
Fazit – Ein Ort zwischen Himmel und Erde
Die Komturei von Piacenza war nicht nur ein militärisch-spirituelles Haus der Templer. Sie war ein Knotenpunkt des öffentlichen Lebens, ein Ort der Heilung, der Diplomatie, des Glaubens und der Auseinandersetzung. Hier wird sichtbar, dass der Orden nicht im Abseits stand, sondern mitten im Herzschlag der Städte Europas wirkte.
So erinnert Piacenza bis heute an die doppelte Sendung des Ordens:
den Schutz des Pilgers und die Verteidigung des Glaubens – aber auch die Sorge für die Gemeinschaft und den Frieden im städtischen Gefüge.
