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Die Geschichte des Vatikans (Teil 1)

Die Konstituierung des Vatikans bis zum Jahr 461:
Die Entstehung einer mächtigen Institution

Die Geschichte des Vatikans und seiner Konstituierung ist eng mit den Anfängen des Christentums und der turbulenten Zeit des Römischen Reiches verknüpft. In der Frühphase der christlichen Kirche, wie auf Seite 28 im Buch “Die Anfänge des Christentums” beschrieben, war das Christentum keine etablierte Institution. Tatsächlich wurde es im Römischen Reich zunächst als eine “staatsgefährdende Religion” angesehen, da die monotheistischen Gebote der Christen die Verehrung des römischen Kaisers als Gott untersagten. Dies führte zu massiven Verfolgungen, Pogromen und Repressalien seitens der Staatsmacht, die die Realität der Kirche in den ersten drei Jahrhunderten nach der Zeitenwende prägten.
In dieser Zeit konnte sich keine komplexe Herrschaftshierarchie innerhalb der christlichen Kirche herausbilden, da die Christen unter ständiger Bedrohung lebten. Der Bischof von Rom betrachtete sich zwar bereits als Nachfolger des Heiligen Petrus, und somit als “Papst”, doch erstreckte sich sein Einfluss nur in begrenztem Maße über die Stadt Rom hinaus.
Erstmals wurde die Idee des Primats des Bischofs von Rom in einem theologisch-rechtlichen Streit, dem sogenannten “Ketzertaufstreit,” formuliert. Dies geschah unter Papst Stephan I. (254-257) in Auseinandersetzungen mit Bischöfen aus Kleinasien und Nordafrika. Stephan verwies auf die neutestamentliche Überlieferung, insbesondere auf Matthäus 16, 16ff, als Grundlage für den Anspruch der Kurie auf richtungsweisende Kompetenzen. Dies legte den Grundstein für die spätere Entwicklung der päpstlichen Autorität.
Der eigentliche Aufbau einer Kirchenorganisation und die Entstehung eines kirchlichen Staatsgebildes begannen jedoch erst nach dem Ende der römischen Unterdrückungspolitik im 4. Jahrhundert. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung waren die Toleranzedikte der Kaiser Galerius, Licinius und Konstantin im Jahr 311 und 313, bekannt als das “Mailänder Edikt,” das die Religionsfreiheit gewährleistete. Nachdem Konstantin im Jahr 324 Alleinherrscher wurde, unterstützte er offen die christliche Religion, obwohl er sich erst auf dem Totenbett im Jahr 337 aus Rücksicht auf römische Traditionen taufen ließ. Dies führte dazu, dass das Christentum rasch zum dominierenden Glauben im Römischen Reich wurde. Die Kirchengemeinden erhielten Geschenke, einschließlich Land, die anfangs den “heidnischen” Opferritus ersetzen sollten. Der Bischof von Rom gewann durch seinen Besitz und seinen Sitz in der Reichshauptstadt zusätzliches Ansehen.
Die Teilung des Römischen Reiches im Jahr 395 und der Untergang des Weströmischen Reiches im Jahr 476 unter dem Druck der Völkerwanderungen stärkten die Position der Nachfolger des Petrus weiter. Die Päpste übernahmen zunehmend weltliche Aufgaben und fungierten teilweise bereits als Territorialherren der Stadt Rom. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist Leo I. (440-461), der sich den Hunnen unter der Führung von Attila entgegenstellte. Mit seiner Autorität konnte er den Primat des römischen Bischofs über die Gesamtkirche im Abendland durchsetzen, jedoch nicht im ostlichen Teil des Römischen Reiches, der vom Patriarchen von Konstantinopel dominiert wurde.
Insgesamt zeigt die Geschichte der Konstituierung des Vatikans bis zum Jahr 461 die schrittweise Entwicklung der päpstlichen Autorität und die zunehmende Verbindung zwischen der Kirche und politischer Macht im Römischen Reich. Dies legte den Grundstein für die spätere Rolle des Vatikans als Zentrum der katholischen Kirche und als eigenständige Staatsmacht.

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