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Was wir über Atomwaffen wissen sollten

Atomwaffen gehören zu den düstersten Erfindungen der Menschheit. Bereits der Besitz verändert die Machtverhältnisse in der Welt grundlegend.

Was sind Kernwaffen?
Kernwaffen, auch Atomwaffen oder Nuklearwaffen genannt, sind Massenvernichtungswaffen. Ihr Prinzip beruht auf Kernspaltung beziehungsweise Kernfusion – dazu gleich mehr. Abzugrenzen sind sie von radiologischen Waffen, die mit herkömmlichen Sprengstoffen strahlendes Material verteilen (schmutzige Bombe).
Von allen Waffen der Menschheit besitzen Atomwaffen das mit Abstand höchste Vernichtungspotenzial.

Wie funktionieren Atombomben?
Aufbau und Funktionsweisen von Kernwaffen sind hochkomplex – vor allem bei modernen Waffensystemen. Das Grundprinzip ist jedoch simpel: Es entsteht gewaltige Energie, wenn man Atomkerne auseinanderbricht oder miteinander verbindet.
Entsprechend beruhen die Mechanismen von Kernwaffen auf Fission (Kernspaltung) und Fusion (Kernverschmelzung). Hier eine vereinfachte Erklärung, was in Atomwaffen passiert:

Fission: Atomwaffen der ersten Generation
Zentrale Materialien einer Atombombe sind Uran und Plutonium. Uran-235 beispielsweise ist ein klassischer Spaltstoff, der sich nach der Aufnahme eines Neutrons unter Energieabgabe aufspaltet und dabei Neutronen abgibt, die ihrerseits wieder unter Energieabgabe aufgenommen werden. So entsteht eine Kettenreaktion, bei der in Sekundenbruchteilen enorme Energie freigesetzt wird. Um diese Kettenreaktion aufrechtzuerhalten, braucht man eine bestimmte Mindestmasse von spaltbarem Material – auch kritische Masse genannt. Bei Uran-235 sind das 49 Kilogramm.

Um eine Atombombe zu zünden, werden zwei unterkritische Massen mithilfe von Sprengstoff ineinander geschossen oder eine unterkritische Masse stark komprimiert. Bekannte Beispiele sind die Atombomben „Little Boy“ und „Fat Man“, die 1945 auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden. Es sind die einzigen Atomwaffen, die zu Kriegszwecken eingesetzt wurden.

Die Funktionsweisen von Uran-Bombe, Plutonium-Bombe und Wasserstoffbombe im Vergleich
Fusion: Atomwaffen mit unvergleichlicher Zerstörung
Bei der Kernfusion läuft es umgekehrt: Bei hohem Druck und extremen Temperaturen können sich Atomkerne verbinden, ebenfalls unter der Freisetzung von Energie. Es werden die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium verwendet, man spricht bei dieser Waffenart deshalb auch von Wasserstoffbomben.

Um die nötigen Temperaturen für die Kernfusion zu erreichen, setzt man als erste Stufe eine Explosion durch klassische Kernspaltung ein – eine Atombombe in der Atombombe. Bei Temperaturen, welche die der Sonne übertreffen, verbinden sich in Sekundenbruchteilen Atomkerne der Wasserstoffisotope. Die dabei freigesetzte Explosionskraft kann spielend die gesamte Feuerkraft des Zweiten Weltkrieges übertreffen – inklusive beider Atomschläge auf Japan.

Fast alle Atomwaffen in den weltweiten Arsenalen beruhen mittlerweile auf diesem Grundprinzip.

Welche Auswirkungen haben Atomwaffen?
Sprengkraft von Atombomben
Die Sprengkraft von Kernwaffen wird seit der Entwicklung in den 1940er-Jahren in TNT-Äquivalenten beschrieben. Der Vergleich bietet sich an, weil man diesen Sprengstoff (Trinitrotoluol) bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts kennt.

Etwa 16 Kilotonnen (also 16.000 Tonnen) und 24 Kilotonnen betrug die Sprengkraft der beiden über Japan gezündeten Atombomben – zusammen also 40.000 Tonnen TNT. 150.000 bis 246.000 Menschen starben. Sieben Jahre später testeten die USA die erste Wasserstoffbombe. Das Ergebnis: 10,4 Millionen Tonnen TNT-Äquivalente.

1961 demonstrierte die Sowjetunion im atomaren Kräftemessen ihre AN602: Mit über 50 Millionen Tonnen (50 Megatonnen) erzeugte die „Zar-Bombe“ die größte jemals vom Menschen verursachte Explosion. Eine Stadt wie Köln wäre bei einer Zündung komplett vernichtet, noch in Duisburg würde man schwere Verbrennungen davontragen (siehe Grafik).

Doch mit acht Metern Länge und 27 Tonnen war diese Bombe nur eine Machtdemonstration: Für den Test musste das Flugzeug modifiziert werden, und obwohl die Bombe mit einem Fallschirm gebremst wurde, blieb der Flugzeugbesatzung nur eine 50-prozentige Überlebenschance. Sie überlebte nur knapp.

Vier Zerstörungseffekte von Atomwaffen
Doch beim Vergleich der Sprengkraft von Atombomben mit konventionellen Waffen (TNT) gibt es ein Problem: Die Auswirkungen von Kernwaffen sind völlig anders. Sie lassen sich in vier zerstörerische Effekte unterteilen, die entweder sofort oder mit Verzögerung wirken.

Im Folgenden geht es beispielhaft um die Auswirkungen der amerikanischen Wasserstoffbombe B83, von der die USA 650 Stück besitzt. Die unter vier Meter lange und 1100 Kilogramm schwere Bombe gilt als stärkste im US-Arsenal mit einer Sprengkraft bis zu 1,2 Millionen Tonnen. Sie kann in der Stärke eingestellt werden, etwa indem man die Fusionsstufe ausschaltet. Die B83 kann von einer Vielzahl von Flugzeugen abgeworfen werden.

1. Thermische Strahlung
Spaltungen und Fusionen von Atomkernen innerhalb der Bombe erzeugen nach der Zündung innerhalb einer Millisekunde eine Plasmakugel von mehreren 10 Millionen Grad Celsius. Auch durch die Gammastrahlung heizt sich die Umgebungsluft auf und formt einen sich ausdehnenden Feuerball mit einem Durchmesser von etwa zwei Kilometern, der alles vernichtet.

Die Ausdehnung thermischer Strahlung erfolgt in Lichtgeschwindigkeit – auf einer Fläche von etwa 550 Quadratkilometern (über 13 Kilometer vom Abwurf entfernt) können Gegenstände und Häuser in Brand gesetzt werden, Menschen erleiden schwere Verbrennungen. Durch die weiteren Effekte können Feuerstürme angefacht werden, die schwer zu löschen sind.

2. Druckwelle
Mit Schallgeschwindigkeit breitet sich in Sekundenbruchteilen nach der Explosion eine Druckwelle aus, die wie eine Wand aus komprimierter Luft Häuser beschädigt oder ganz zerstört. Etwa die Hälfte der Gesamtenergie der Bombe entfällt auf diesen Effekt, betroffen wären etwa 175 Quadratkilometer.

In über 20 Kilometern Entfernung lässt die Druckwelle noch Fenster zersplittern. Laut dem Physiker Dr. Moritz Kütt, der im Forschungsbereich „Rüstungskontrolle und Neue Technologien“ an der Universität Hamburg arbeitet, ist es wahrscheinlich, dass sich die thermische Strahlung und die Druckwelle gegenseitig verstärken. In dieser Kombination entsteht auch die bekannte Pilzwolke: Der Feuerball kühlt ab und steigt mit Wasserdampf auf.

3. Direkte radioaktive Strahlung
Ein kleiner Teil der Strahlung wird direkt emittiert: Gammateilchen und Neutronen führen zu direkten Schäden in Gewebe und DNA. Menschen, die hohen Dosen ausgesetzt sind, können an der Strahlenkrankheit sterben – oder verzögert an Krankheiten wie Krebs oder Leukämie.

Die direkte Strahlung im Mittelpunkt der Explosion macht aber nur einen vergleichsweisen kleinen Anteil der Zerstörungskraft aus, Hitze und Druckwelle sind ungleich tödlicher. Gefährlich kann es jedoch für Menschen werden, die Stunden nach der Explosion den Strahlungsbereich betreten.

Neutronenbomben bilden eine Ausnahme: Sie sind für eine Verstrahlung mit vergleichsweise kleiner Explosion ausgelegt, damit Infrastruktur intakt bleibt, Bodentruppen jedoch qualvoll an der Strahlenkrankheit sterben. Diese Bomben werden international geächtet und existieren wahrscheinlich in keinem Waffenarsenal.

4. Radioaktiver Niederschlag
Als langwierigster Effekt gilt der radioaktive Niederschlag – auch Fallout genannt. Dieser tritt besonders stark auf, wenn die Zündung der Waffe am Boden passiert, etwa wenn unterirdische Bunkeranlagen zerstört werden sollen: Radioaktive Rückstände heften sich an jegliches Bodenmaterial, direkt abgestrahlte Neutronen können zudem in Atomkerne im Erdreich schießen und so weitere instabile radioaktive Substanzen erzeugen.

Das radioaktive Material wird von den Auswirkungen der anderen Zerstörungseffekte (Druckwelle) in die Atmosphäre getragen, um innerhalb von mehreren Wochen herabzuregnen – teils Hunderte Kilometer vom Explosionsort entfernt. Die radioaktiven Isotope rangieren in der Strahlungsstärke und Halbwertszeit. Ganze Landstriche können so für längere Zeit unbewohnbar werden.

Um einen möglichst großen Zerstörungsbereich einer Atombombe zu erzielen, wird diese in der Luft gezündet; schließlich breitet sich die Explosion kugelartig aus, die ungebremste Aufschlagsfläche kann so maximiert werden. Gleichzeitig entsteht weniger Fallout, weil kaum Landmasse in die Luft gerissen wird. In diesem Fall spricht man von einem sogenannten „Airburst“.

Weiterer Effekt: nuklearer Winter
In einer Studie von 2018 wurde errechnet, dass der Einsatz von 100 Atomwaffen über globale Effekte verheerenden Schaden an der eigenen Bevölkerung bedeuten würde. Ein Grund dafür ist der nukleare Winter, bei dem Staub, Ruß und Flächenbrände zu einer Verdunklung und damit Abkühlung der Erdatmosphäre über Jahre führen würden.

Allein die Hungersnöte durch Ernteausfälle wären so drastisch wie die direkten Folgen der abgeschossenen Atombomben selbst. Dazu kommen hohe Werte von UV-Strahlung durch den Abbau der Ozonschicht.

Genaue Auswirkungen von Atombomben nur schwer zu berechnen
Die globalen Ausmaße von radioaktivem Niederschlag und atomaren Folgen sind trotz unzähliger Atomtests kaum berechenbar. In Untersuchungen von Milchzähnen von Menschen mit Krebserkrankungen, die in Zeiten oberirdischer Atomtests aufwuchsen, konnten oft hohe Werte von Strontium-90 gemessen werden. Das strahlende Isotop lagert sich an Zähnen und Knochen ab.

Am härtesten traf es natürlich die Menschen, die in der Nähe typischer Testregionen lebten. Einer Studie von 2017 zufolge starben 340.000 bis 460.000 Menschen an den Auswirkungen des Fallouts amerikanischer Waffentests. Die Organisation International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW) beziffert die Toten durch oberirdische Tests auf 2,4 Millionen.

Teile der bekannten Marshall-Inseln etwa gelten als unbewohnbar: Das ausgetretene Plutonium hat eine Halbwertszeit von über 24.000 Jahren. Die humanitären und ökologischen Folgen von Atomtests, die in Zeiten des Kalten Krieges durchgeführt wurden, sind jedoch noch längst nicht aufgearbeitet, ebenso wenig die nuklearen Angriffe auf Japan.

Was sind taktische und strategische Atomwaffen?
Atomwaffen gibt es in vielen Varianten, grundsätzlich unterscheidet man jedoch zwischen strategischen und taktischen Atomwaffen. Strategische Kernwaffen sollen mit Reichweite und Sprengkraft beeindrucken.
Das sind die klassischen drei:

Langstreckenbomber: Kann mehrere Atombomben abwerfen und nukleare Marschflugkörper abfeuern, Reichweite bis über 10.000 Kilometer.
Ballistische Raketen auf U-Booten: Für den Gegner nahezu unsichtbar können sich Atom-U-Boote auf mittlere Distanz annähern und ihre Atomraketen zünden.
Interkontinentalraketen: Fliegen fast senkrecht in den erdnahen Weltraum, um dann in einer Parabel ins Ziel zu „fallen“. Sie können mit bis zu zehn Atomsprengköpfen ausgestattet werden, die jeweils unterschiedliche Ziele treffen. Reichweite bis 15.000 Kilometer, Start von Silos oder mobilen Raketensystemen.
Schon seit Jahren sind Russland und die USA so weit, dass sie innerhalb kurzer Zeit jeden beliebigen Punkt auf der Welt treffen können.

Taktische Kernwaffen sollen ähnlich wie „gewöhnliche“ Waffen im Gefecht eingesetzt werden – nur mit deutlich mehr Zerstörungskraft. Kleine Raketen gegen Ziele im Wasser, an Land und in der Luft spielen hier die Hauptrolle. Die Sprengleistungen sind im Vergleich zu strategischen Waffen gering, jedoch ungleich zerstörerischer als konventionelle Waffen.

Eine neue Sonderform ist die EMP-Waffe. Die Kernwaffe zündet in bis zu 100 Kilometern Höhe und setzt mit einem elektromagnetischen Impuls elektronische Infrastruktur außer Gefecht. Die USA fürchten, dass Russland diese Waffe durch neuste Entwicklungen besitzen könnte.

Wie viele Atomwaffen gibt es weltweit und wo sind sie?
Kernwaffen dienen der Abschreckung. Gegner sollen bloß wissen, dass sie (in großen Mengen) vorhanden und einsatzbereit sind – Details werden soweit wie möglich geheim gehalten.
Dennoch gibt es Organisationen, die auf Basis bekannter Daten Schätzungen abliefern. Fakt ist: Neben den USA und Russland haben sieben weitere Länder Atomwaffen: das Vereinigte Königreich, Frankreich, Israel, Pakistan, Indien, China und Nordkorea.

Die Federation of American Scientists (FAS) geht davon aus, dass die neun Atommächte zusammen etwa 12.700 Kernwaffen besitzen. 90 Prozent davon befinden sich in den Händen Russlands und der USA. Zu ähnlichen Zahlen kommen die Friedensforscher:innen des Stockholmer Sipri-Instituts. Im Vergleich zu den späten Achtzigern ist das ziemlich wenig: Über 70.000 Kernwaffen bedrohten damals den Weltfrieden.

Doch auch die heutige Feuerkraft würde theoretisch ausreichen, um die Menschheit zu zerstören – die komplette Auslöschung bei einem globalen Atomkrieg gilt jedoch trotz nuklearem Winter als unwahrscheinlich.

Atomwaffen nur teilweise einsatzbereit
Nur ein Teil der nuklearen Bestände ist kurzzeitig einsatzbereit: ungefähr 1600 in jeweils Russland und den USA. Etwa genauso viele Waffen wurden bereits ausgemustert und warten auf ihre Zerlegung. Die restlichen nuklearen Sprengköpfe (knapp 3000 in Russland, 2000 in den USA) befinden sich in Waffenlagern und müssten erst montiert werden.

Frankreichs 290 Nuklearwaffen sind alle einsatzbereit, 120 sind es im Vereinigten Königreich. China, Pakistan und Indien halten ihre Kernwaffen laut FAS in Lagern zurück, über Israel und Nordkorea gibt es keine verlässlichen Angaben.

Eine detaillierte Einschätzung der aktuellen russischen Kernwaffenbestände liefert der Experte für Rüstungskontrolle Moritz Kütt hier.

Atomwaffen in Deutschland
Deutschland selbst darf keine Atomwaffen besitzen. Direkter Grund dafür ist der von Deutschland ausgelöste Zweite Weltkrieg. Geregelt wird das im Zwei-plus-Vier-Vertrag, der 1990 von den beteiligten Großmächten unterzeichnet wurde und das Ende der Nachkriegszeit markiert.

Trotzdem sind amerikanische Atomwaffen auf deutschem Boden stationiert. Für die USA bedeutet die Ausbreitung ihrer Stützpunkte in Europa strategische Vorteile. Außerdem können Länder, die selbst keine Atomwaffen besitzen, im Ernstfall durch die „nukleare Teilhabe“ der NATO mit diesen ausgestattet werden.

Fachleute sind sich einig, dass es mittlerweile nur noch einen Ort in Deutschland gibt, wo sich nukleare Sprengkörper befinden: der Fliegerhorst Büchel im Landkreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz. Über 20 B61-Bomben sollen hier eingebunkert sein, jede davon bis über 10-mal so verheerend wie die Hiroshima-Bombe Little Boy.

Dass Deutschland somit de facto Atomwaffen besitzt und wartet, ist laut Moritz Kütt jedoch falsch. Er ist sich sicher, dass deutsche Einsatzkräfte das Atomarsenal noch nie zu Gesicht bekommen haben, auch mit der Wartung der Waffen haben sie nichts zu tun. Die USA haben hier die alleinige Kontrolle. Seit Jahrzehnten wird regelmäßig gegen die nukleare Teilhabe Deutschlands protestiert.

Kann man Atombomben abwehren?
Moderne strategische Kernwaffen sind so aufgebaut, dass sie nur schwer abgefangen werden können. Erreicht wird das etwa durch Überschallgeschwindigkeit kleiner multipler Sprengköpfe, die aus dem erdnahen Weltraum herabregnen – oder kurzen Distanzen durch U-Boote.
Es ist außerdem davon auszugehen, dass ein Angriff mit einer hohen Anzahl von Waffen gleichzeitig durchgeführt wird. Eine adäquate Verteidigung ist mit heutigen Waffen nicht möglich. Dennoch sind in Russland um Moskau Luftabwehrraketen stationiert, die mit Atomsprengkörpern gegnerische Raketen zerstören sollen. Bereits die Auswirkungen dieser Explosionen auf Moskau und Umland sind völlig unklar – und es ist davon auszugehen, dass ein atomarer Angriff der USA auch diese Defensive leicht durchbricht.

Gibt es Pläne zur Abrüstung?
Die drastische Reduktion der Nuklear-Arsenale in den letzten Jahrzehnten ist die Folge gelungener Diplomatie. Eine Vielzahl von Verträgen regelten Reduktionen und Auflagen von Atomtests, die Begrenzung bestimmter Waffen und sogar Verbote ganzer Waffensysteme.
So unterzeichneten die UdSSR und die USA 1987 das sogenannte INF-Abkommen. Es verbot den Einsatz von nuklearen Mittelstreckenraketen, die zu der Zeit besonders schnell zum nuklearen Erstschlag ansetzen konnten. Nach gegenseitigen Anschuldigungen des Vertragsbruchs stiegen die USA 2019 jedoch aus dem INF-Abkommen aus, Russland folgte prompt. Expert:innen beschreiben dies als düsteren Meilenstein eines erneuten Aufrüstens mit neuen Waffensystemen.

Einen kleinen Lichtblick gibt der Vertrag „New START“, der im Januar 2021 von Wladimir Putin und Joe Biden um fünf Jahre verlängert wurde. Er schreibt vor, dass die Vertragspartner jeweils maximal 1550 nukleare Sprengköpfe und 800 Trägersysteme besitzen dürfen.

Fakt ist: Eine gleichzeitige Abrüstung würde zum einen das Gleichgewicht des Schreckens weiterhin aufrechterhalten, zum anderen technische Fehlfunktionen mit desaströsen Folgen oder die Gefahr überschnellter Handlungen verringern.

Jetzt über Abrüstung reden
Der deutsche Wissenschaftsrat bemängelte 2019, dass die Forschung zur nuklearen Abrüstung derzeit unzureichend sei. Auch wegen anderer politischer Themen, die in den letzten Jahren dominierten, sei die nukleare Abrüstung gesellschaftlich in den Hintergrund gerückt.

Obwohl Abrüstungspläne zu Kriegszeiten als unwahrscheinlich erscheinen, ist sich Moritz Kütt vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik sicher, dass auch gerade jetzt eine gute Zeit ist, international darüber zu sprechen. Die ersten Schritte einer Abrüstung könnten mit einem sogenannten „Nuclear Freeze“ beginnen, also mit einem Stopp der aktuellen Weiterentwicklung und Aufrüstung.

Nukleare Sprengköpfe müssten daraufhin separat gelagert werden – das Aktivieren und Losschicken von Waffensystemen innerhalb von Minuten kann somit herabgesetzt werden. Durch bessere Kommunikation und erweiterte Transparenz müsste es dann zu einer schrittweisen gemeinsamen Abrüstung kommen – bis hin zur kompletten Abschaffung.

Vielleicht könnten so in Zukunft auch die Atommächte den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen, der im Januar 2021 in Kraft getreten ist. Die Vereinbarung verbietet neben dem Einsatz bereits den Besitz und die Entwicklung von Atomwaffen. Auch Transport und Lagerung sind untersagt. Bisher unterzeichneten 86 Staaten. Atommächte und NATO-Staaten sind bisher jedoch nicht dabei.

Hoffnungsvoll stimmt eine gemeinsame Erklärung der Atommächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien vom 3. Januar 2022:

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