Wie viele Menschen sind von Armut betroffen?
Ein Blick auf Deutschland und die Welt
Armut ist ein globales Phänomen, das sowohl in Entwicklungsländern als auch in wohlhabenden Industriestaaten existiert. Während absolute Armut das Überleben unmittelbar bedroht, führt relative Armut in wohlhabenderen Ländern häufig zu sozialer Ausgrenzung und psychischen Belastungen. Dieser Artikel beleuchtet die aktuellen Zahlen und Hintergründe zur Armut in Deutschland und weltweit.
Armut in Deutschland: Jeder Fünfte ist betroffen
Laut dem Statistischen Bundesamt waren im Jahr 2023 rund 17,7 Millionen Menschen in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das entspricht etwa 21,3 % der Bevölkerung. Besonders betroffen sind Kinder, Alleinerziehende, Erwerbslose und Menschen mit niedriger Bildung.
Relative Armut: Was bedeutet das konkret?
In Deutschland wird Armut häufig anhand des relativen Einkommens gemessen. Wer weniger als 60 % des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet. 2023 entsprach dies einem Betrag von etwa 1.310 Euro pro Monat für eine alleinstehende Person.
Weitere Indikatoren zur Messung von Armut sind:
- Erhebliche materielle Entbehrungen: Dazu gehören fehlende finanzielle Mittel für Miete, regelmäßige Mahlzeiten oder den Zugang zu Freizeitaktivitäten.
- Geringe Erwerbsbeteiligung: Ein Haushalt gilt als arm, wenn die erwerbsfähigen Mitglieder im Durchschnitt weniger als 20 % des möglichen Arbeitszeitpotenzials nutzen.
Besonders gefährdete Gruppen: Kinder und Alleinerziehende
Laut statistischen Erhebungen war im Jahr 2023 in Deutschland jedes siebte Kind von Armut betroffen. Bei Alleinerziehenden liegt das Armutsrisiko besonders hoch, da sie oft nur ein Einkommen für den gesamten Haushalt erwirtschaften können.
Armut weltweit: Millionen kämpfen ums Überleben
Auf globaler Ebene zeigt sich Armut in noch drastischerer Form. Laut der Weltbank mussten im Jahr 2022 etwa 750 Millionen Menschen weltweit mit weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag auskommen. Diese internationale Armutsgrenze definiert die sogenannte absolute Armut.
Relative vs. absolute Armut
- Absolute Armut beschreibt das Fehlen von grundlegenden Lebensmitteln, sauberem Wasser, Gesundheitsversorgung und einem Dach über dem Kopf.
- Relative Armut hingegen setzt die finanzielle Lage einer Person in Relation zum Durchschnittseinkommen des jeweiligen Landes.
In vielen Ländern südlich der Sahara und in Südasien ist absolute Armut weit verbreitet, während in Europa und Nordamerika vor allem relative Armut die soziale Ungleichheit prägt.
Wie wirkt Armut auf die Gesellschaft?
1. Psychische Gesundheit und Armut
Armut und psychische Erkrankungen stehen in einem engen Zusammenhang. Menschen, die in finanzieller Unsicherheit leben, leiden häufiger unter:
- Depressionen und Angststörungen
- Chronischem Stress und erhöhtem Cortisolspiegel
- Mangelernährung, die sowohl körperliche als auch geistige Gesundheit beeinträchtigt
Eine britische Studie mit über 350.000 Teilnehmern zeigt, dass bestimmte psychische Erkrankungen wie Schizophrenie und ADHS direkt mit Armut korrelieren.
2. Bildung und Armut
Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten haben oft schlechtere Bildungschancen. Gründe dafür sind:
- Fehlende finanzielle Mittel für Nachhilfe oder Schulmaterialien
- Frühzeitiger Schulabbruch zur finanziellen Unterstützung der Familie
- Fehlende kulturelle und soziale Teilhabe
Stigmatisierung von Armut: Ein gesellschaftliches Problem
Armut ist nicht nur eine finanzielle Herausforderung, sondern auch eine gesellschaftliche. Menschen, die von Armut betroffen sind, sehen sich häufig mit Vorurteilen und Stigmatisierung konfrontiert:
- „Arme Menschen sind selbst schuld“: Ein hartnäckiges Vorurteil, das wissenschaftlich längst widerlegt ist.
- Scham und soziale Isolation: Viele Menschen vermeiden es, finanzielle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, aus Angst vor gesellschaftlicher Ausgrenzung.
Selbst im Gesundheitswesen zeigt sich dieses Stigma: Studien belegen, dass ärmere Menschen oft schlechter versorgt werden und weniger Zugang zu Therapien haben.
Wie lässt sich Armut bekämpfen?
Armut ist ein vielschichtiges Problem, das auf unterschiedlichen Ebenen angegangen werden muss:
- Bessere Bildungszugänge schaffen: Frühkindliche Förderung und Chancengleichheit in Schulen sind entscheidend.
- Erwerbschancen verbessern: Flexible Arbeitsmodelle, faire Löhne und Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt.
- Soziale Sicherheit stärken: Bedarfsorientierte soziale Unterstützungsprogramme.
- Psychische Gesundheit fördern: Kostenloser Zugang zu Therapien und psychologischen Angeboten für Betroffene.
Fazit: Armut betrifft uns alle
Armut ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern eine gesellschaftliche Herausforderung. Sie beeinflusst Gesundheit, Bildung, soziale Teilhabe und den sozialen Frieden. Deutschland steht mit 12 % relativer Armut im OECD-Vergleich zwar im Mittelfeld, doch jedes betroffene Kind, jeder isolierte Senior und jeder überforderte Alleinerziehende ist ein dringender Handlungsaufruf.
Ein gemeinsames Ziel muss es sein, Armut nicht nur zu lindern, sondern ihre Ursachen nachhaltig zu bekämpfen – durch Bildung, soziale Sicherheit und einen respektvollen Umgang miteinander.