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Das wissen wir über Affenpocken

Seit Mai 2022 treten weltweit immer mehr Infektionsfälle mit dem Affenpockenvirus auf. Woher das Virus kommt und wie gefährlich es ist, erklären wir euch hier.

Was sind Affenpocken?
Affenpocken sind eine seltene, meist von Tieren auf den Menschen übertragene Viruserkrankung, die bisher vor allem in afrikanischen Ländern kursierte. Der erste Fall wurde 1970 bei einem neun Monate alten Jungen im Kongo identifiziert. Seitdem kommt es immer mal wieder zu kleineren Epidemien in Zentral- und Westafrika.
Bislang traten nur sehr vereinzelt Fälle außerhalb des afrikanischen Kontinents auf: 2003 kam es zum ersten Nachweis von Affenpocken in den USA. Etwa 70 Menschen steckten sich bei diesem Ausbruch an. Als Ursache wurde der Import von Nagetieren aus Ghana in die USA identifiziert. Später traten auch noch Fälle in Großbritannien und Israel (2018), in Singapur (2019) und auch nochmal in den USA (2021) auf.

Ausbrüche in Zentral- und Westafrika kamen bisher vor allem durch die Übertragung des Virus von Tieren auf Menschen zustande, es handelt sich also um eine Zoonose. So trägt die Krankheit auch den Namen Affenpocken, weil der Erreger 1958 erstmals bei Makaken in einem dänischen Labor nachgewiesen wurde. Fachleute vermuten allerdings, dass das Virus eigentlich in Hörnchen, Ratten und Mäusen zirkuliert.

Zoonosen – Krankheiten die von Tieren auf Menschen übertragen werden.
Menschen als Fehlweirt
Affen – genauso wie übrigens Menschen – gelten als sogenannte Fehlwirte. Ein Fehlwirt kann zwar befallen werden, in ihm kann sich beispielsweise ein Parasit jedoch nicht weiterentwickeln. „Dabei könnten Fehlwirte trotzdem schwerer als der eigentliche Wirt erkranken, da der Organismus nicht an den Erreger adaptiert ist“, erläutert Virologe und Pockenexperte Ingo Drexler von der Uniklinik Düsseldorf.

Bisher wurden zwei verschiedene Varianten des Affenpockenvirus identifiziert: Die zentralafrikanische und die westafrikanische Variante. Wobei die westafrikanische Virusvariante als weniger ansteckend gilt und mildere Verläufe zeigt.

Wie schnell breitet sich das Affenpockenvirus aus?
Im Zusammenhang mit den aktuell vermehrten Ausbrüchen außerhalb des afrikanischen Kontinents wurde Anfang Mai der erste Fall in England bekannt. Ein Mann hatte sich offenbar bei einer Reise nach Nigeria angesteckt.
Seither melden immer mehr Länder in Europa aber auch in Nordamerika Infektionsfälle mit Affenpocken, darunter auch Portugal, Spanien, Italien, Niederlande, Belgien, Frankreich Deutschland, Kanada und die USA. Auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Australien sind bereits einzelne Fälle aufgetreten.

Infektionen nicht auf Reisen zurückzuführen
Die Global Health Data Science-Initiative meldet Ende Mai insgesamt 332 bestätigte Fälle in 22 verschiedenen Ländern außerhalb der Endemie-Gebiete Afrikas. In Deutschland waren zum 27. Mai 2022 12 Verdachtsfälle bekannt.

Dabei sei das Besondere, dass diese Fälle diesmal nicht auf Reisen nach Zentral- oder Westafrika zurückzuführen sind, so das Robert Koch-Institut (RKI). Viele Übertragungen seien vielmehr offenbar im Rahmen von sexuellen Aktivitäten (aktuell insbesondere bei Männern, die sexuelle Kontakte mit anderen Männern hatten) erfolgt.

Wieso breiten sich die Affenpocken gerade jetzt weltweit aus?
Gesundheitsminister Karl Lauterbach vermutet zwei mögliche Gründe auf einer Pressekonferenz beim Deutschen Ärztetag in Bremen. Entweder habe sich die Anfälligkeit der Menschen verändert oder der Erreger selbst.
Der Infektiologe Leif Erik Sander von der Charité Berlin twittert am 19. Mai, dass die nachlassende Bevölkerungsimmunität seit Ende der Pockenimpfungen zu den aktuellen Affenpocken-Ausbrüchen beitragen könnte. Zudem könne der Ausbruch auf eine veränderte Mensch-zu-Mensch-Übertragbarkeit des Virus hindeutet, so Leif Erik Sander.

Dabei scheint das Virus weit weniger mutations-freudig zu sein als das Coronavirus, so Clemens Wendtner, Infektiologe an der München Klinik Schwabing im Press Briefing des Science Media Center. Welche Ursachen wirklich für die aktuellen Ausbrüche verantwortlich sind, muss also noch in weiteren Untersuchungen geklärt werden.

Wie findet die Übertragung des Affenpockenvirus statt?
In den Endemiegebieten in Zentral- und Westafrika wurde das Virus bisher vor allem nach Kontakten zu infizierten Tieren, meist Hörnchen und Nagetieren nachgewiesen. Eine Übertragung sei aber auch vom Affen auf den Menschen beobachtet worden.
Eine Infektion kann bei engerem Kontakt mit den Tieren und ihren Sekreten stattfinden, etwa durch Bisse, bei der Jagd. Doch auch der Verzehr von nicht ausreichend erhitztem Fleisch infizierter Tiere ist eine Infektionsquelle.

Mensch-zu-Mensch Übertragung
Die aktuellen Ausbrüche außerhalb des afrikanischen Kontinents sind jedoch vermutlich überwiegend auf Mensch-zu-Mensch Übertragungen zurückzuführen. Dazu ist nach jetzigem Wissensstand enger Körperkontakt nötig.

Kontakt mit Körperflüssigkeiten: Die Übertragung kann beim Kontakt mit Körperflüssigkeit wie Blut oder Speichel eines Infizierten stattfinden.
Kontakt mit Hautausschlag: Als besonders infektiös gilt auch der für Affenpocken typische Hautausschlag beziehungsweise dessen Kruste.
Große Atemtröpfchen: Damit eine Ansteckung über die Luft stattfindet, ist ein längerer enger persönlicher Kontakt nötig, da diese Tröpfchen nicht weit reisen können. Eine Aerosol-Übertragung wie sie beim Coronavirus stattfindet, ist bei der aktuell sehr geringen Übertragungsrate unwahrscheinlich.
Schmierinfektionen: So kann man sich über Kleidung, Bettwäsche, Handtücher oder vom Infizierten benutztes Geschirr anstecken.
Da vermehrt Fälle bei Männern auftraten, die mit anderen Männern Sex hattet, wird noch untersucht, ob das Virus auch auch über direkte sexuelle Übertragungswege (z. B. durch Sperma oder Vaginalsekret) verbreitet werden kann. Klar ist, dass die Eintrittspforte kleinste Hautverletzungen sein können sowie alle Schleimhäute (Auge, Mund, Nase, Genitalien, Anus).

Wie hoch ist bei Affenpocken das Ansteckungsrisiko für die Bevölkerung?
Die WHO, die britische Gesundheitsbehörde sowie das RKI schätzen nach derzeitigem Erkenntnisstand das Infektionsrisiko für die breite Bevölkerung als gering ein. Denn die Übertragung findet nur über engen Körperkontakt statt.
Daher seien vor allem Menschen, die in engem Kontakt mit einer ansteckenden Person stehen, wie Sexualpartner und Haushaltsmitglieder, aber auch Angehörige des Gesundheitswesens, einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt.

Gerade ältere Menschen haben vermutlich ein geringes Risiko, da sie noch durch die Pockenimpfung geschützt sind. → Siehe dazu auch: Gibt es gegen Affenpocken eine Impfung?

Sind vor allem homo- oder bisexuelle Männer von Affenpocken betroffen?
Von den aktuellen Ausbrüchen im Mai 2022 sind vermehrt Männer betroffen, die mit anderen Männern Sex hatten. Das Infektionsrisiko sei jedoch nicht auf diese Personengruppen beschränkt, betont das RKI. Alle, die engen Körperkontakt mit einer ansteckenden Person hatten, seien gefährdet.
Wechselnde Sexualpartner als Risiko
„Aktuell könnten sich vermehrt homosexuelle oder bisexuelle Männer infizieren, da das Virus vermutlich anfänglich in diese Gruppe eingetragen und jetzt erstmal dort durch enge Kontakte weiter übertragen wurde“, sagt Ingo Drexler, Virologe und Pockenexperte an der Uniklinik Düsseldorf.

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC schätzt das Infektionsrisiko von Menschen – egal welchen Geschlechts, die generell viele Geschlechtspartner haben, als hoch ein.

Wie sind bei Affenpocken die Symptome?
Fünf bis 21 Tage nach der Infektion treten normalerweise die ersten Symptome auf. Oft beobachtet werden Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und geschwollene Lymphknoten.
Der Hautausschlag
Meist entwickelt sich dann ein Ausschlag, der sich oft ausgehend von Gesicht, Händen und Unterarmen auf andere Körperteile ausbreitet. Der Ausschlag sieht je nach Phase unterschiedlich aus und ähnelt mitunter Windpocken und Syphilis. Betroffene erholen sich sich in der Regel nach 2-4 Wochen.

Es gibt bereits erste Hinweise von Sequenzierungen des Virus in Portugal, dass es sich bei den aktuellen Ausbrüchen um die westafrikanische Variante des Affenpockenvirus handelt. Diese gilt eigentlich als weniger ansteckend und zeigt mildere Krankheitsverläufen als die zentralafrikanische Variante des Affenpockenvirus.

Sind Affenpocken tödlich?
Affenpocken können auch schwere Verläufe nach sich ziehen. Vor allem bei stark immungeschwächten Menschen sind sogar tödliche verlaufende Infektionen möglich.
Das Problem: Durch die Affenpocken kann es zu einer bakterielle Hautinfektion, einer Lungen- oder Hirnentzündung kommen. Folgen einer überstandenen Infektion können Narbenbildung und selten auch Erblindung sein.

Geringe Sterblichkeit
Bei der westafrikanischen Variante – die aktuell vermutlich in Europa kursiert – wurde eine Sterblichkeit von einem Prozent beobachtet. Die Sterblichkeit der zentralafrikanischen Variante reicht hingegen bis zu 11 Prozent bei Kindern. Aufgrund einer besseren Gesundheitsversorgung liegt die Sterblichkeit in Europa vermutlich darunter.

Bei den aktuellen Ausbrüchen außerhalb der afrikanischen Endemie-Gebiete wurden bislang nur milde Verläufe beobachtet. Gepaart mit der niedrigen Infektionsrate schätzt das RKI die Gefährdung der Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland aktuell als gering ein. Allerdings müsse die Situation weiter beobachtet werden.

Sind Affenpocken für Kinder besonders gefährlich?
Bisher sind bei den aktuellen Ausbrüchen außerhalb Afrikas nur Infektionen unter Erwachsenen bekannt. Grundsätzlich sind jedoch alle Altersgruppen und Geschlechter gleichermaßen empfänglich.
Daten aus Afrikazeigen allerdings , dass Kinder unter 16 Jahren ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Vor allem immungeschwächte Kleinkinder sind gefährdet.

Ob diese Beobachtung auch auf die Ausbrüche in Europa zu übertragen ist, ist noch unklar. Die unterschiedliche Gesundheitsversorgung könnte hier auch einen Einfluss haben.

Sind Affenpocken für Schwangere besonders gefährlich?
Für Schwangere besteht laut der EU-Gesundheitsbehörde ECDC ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf. Auch Übertragungen bei Schwangeren über die Plazenta auf den Fötus wurden in den afrikanischen Endemie-Gebieten beschrieben.
Artikel Abschnitt: Gibt es gegen Affenpocken eine Behandlung?
Gibt es gegen Affenpocken eine Behandlung?
Wichtig ist das Verhindern bakterieller Superinfektionen. Ein zur Behandlung von Pockenvirus-Infektionen entwickeltes Arzneimittel wurde kürzlich in der EU auch zur Behandlung der Affenpocken zugelassen (Tecovirimat).
Artikel Abschnitt: Müssen Infizierte mit Affenpocken in Quarantäne?
Müssen Infizierte mit Affenpocken in Quarantäne?
Eine offizielle Quarantäne-Regelung gibt es bislang nicht. Das RKI empfiehlt aktuell jedoch, dass sich Infizierten bis zum Abklingen des Hautausschlags und dem Abfall der Pocken-Krusten in einem Zimmer isolieren sollen, jedoch mindestens 21 Tage.
Bettzeug und Haushaltsgegenstände sollten zudem nicht mit anderen Personen geteilt werden. Das Affenpockenvirus sei in der Lage mehrere Tage bis Monate auf Oberflächen oder Stoffen zu überleben, so das RKI.

Gibt es gegen Affenpocken eine Impfung?
Speziell gegen Affenpocken gibt es keinen Impfstoff. Aufgrund der Ähnlichkeit der Viren schützen jedoch Pockenimpfstoffe auch vor Affenpocken.
Der Virologe Leif Erik Sander von der Charité Berlin spricht auf Twitter davon, dass die Pockenimpfung eine Schutzwirkung von 85 Prozent gegen Affenpocken habe. Diese Schutzwirkung nennt auch die US-amerikanische Gesundheitsbehörde (CDC).

Ältere durch Pockenimpfung geschützt
Der Großteil der älteren Generation ist also durch die damals noch vorgeschriebene Pockenimpfung noch gut geschützt. Die Pflicht zur Erstimpfung wurde in der BRD 1976 und in der DDR 1982 jedoch aufgehoben. Denn 1980 galten die Pocken als ausgerottet.

Im Zuge der aktuellen Affenpocken-Ausbrüche wird nun diskutiert, ob die Pockenimpfung jüngeren immungeschwächten Menschen wieder empfohlen wird. Auch sogenannte Ringimpfungen sind im Gespräch – das heißt, dass das Umfeld von Erkrankten gezielt gegen Pocken geimpft wird.

Der Epidemiologe Gerard Krause meint der Pocken-Impfstoff in Deutschland sollte in jedem Fall nur in Einzelfällen verabreicht werden. Das sagte er bei einem Press Briefing des Science Media Center, Krause arbeitet am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung.

Pockenimpfstoff heute besser als damals
Seit 2013 ist in der EU der Pocken-Impfstoff Imvanex zugelassen, der modifiziertes Vacciniavirus Ankara beinhaltet und besser verträglich ist als ältere Pockenimpfstoffe. Er kann ab 18 Jahren eingesetzt werden. Deutschland hat den Impfstoff nicht vorrätig, aber bereits bis zu 40.000 Impfdosen bestellt.

Britische Gesundheitsbehörden haben auf das vermehrten Auftreten von Affenpocken bereits mit Impfungen reagiert. Ende Mai waren mehr als 1.000 Dosen des Pockenimpfstoffs Imvanex an Kontaktpersonen von Infizierten verabreicht worden. Auch die USA bereiten sich bereits darauf vor, enge Kontaktpersonen gegen Affenpocken zu impfen.

Alles über Impfungen, erfährst Du hier.
Könnte das Affenpockenvirus zu einer neuen Pandemie führen?
Sowohl das Affenpockenvirus als auch das Coronavirus sind Zoonosen, sind also eine von Tieren auf den Menschen übertragbare Krankheit. Trotzdem stellt sich die Ausgangssituation der beiden Erreger als sehr unterschiedlich dar.
Im Vergleich zum Coronavirus ist das Affenpockenvirus kein neues Virus. Da die Übertragung zudem nur über engen Körperkontakt erfolgt – und nicht wie beim Coronavirus über Aerosole in der Luft, ist ein größerer Ausbruch sehr unwahrscheinlich. Hier sind sich die Experten einig. Auch das RKI geht derzeit davon aus, dass der Ausbruch begrenzt werden kann.

In Zentral- und Westafrika haben die Ausbrüche durch Übertragung von Tieren auf den Menschen bisher auch nur zu vereinzelten, kleineren Epidemien mit einigen Hundert Infizierten geführt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung betont zudem, dass es bereits zugelassene Impfstoffe und Behandlungen gibt, die gegen das Affenpockenvirus helfen.

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