Das Leben des 17. Templer-Grossmeisters

Richardus (Richart) de Bures. 1144/45-9. Mai 1247

Wenige Jahre vor der Niederlage bei La Forbie hatte der Orden auch
im Osten des Reiches schwere Verluste erlitten. – In Deutschland waren
den Templern, mit wenigen Ausnahmen erst um 1200 oder
kurz vorher von einzelnen Wohltätern Besitzungen übergeben worden.
1208 gab es noch keinen Landeskomtur. Bischof Konrad von Halberstadt
liess einen Tausch der Zisterzienser-Sanktimonialen seiner Stadt mit dem
dortigen Templerkonvent von fr. W. Oculus bovis, pauperis milicie Tempil
citra mare minister, bestätigen. Ein deutscher Templermeister – Geuehardus
wird zuerst 1227 genannt. Aber die slavischen Fürsten, der
Piast Heinrich I. von Niederschlesien, Vladislav Odonicz von Grosspolen
und Barnim von Pommern erkannten die Bedeutung der Orden für die
Besiedelung ihres Landes und beschenkten auch die Templer mit umfangreichen
Gütern im Osten und zu beiden Seiten der Oder, nördlich und
südlich von Küstrin, in der späteren brandenburgischen Neumark bis
östlich von Märkisch-Friedland, in Schlesien, in Böhmen und Mähren. „Der Einsatz der Ritterorden” diente dem „gegenseitigen Grenzschütz zwischen den christlichen Staaten Ostmitteleuropas”; „die Güter
der Klöster und Ritterorden sollten schon durch ihr blosses Dasein als
Grenzschutz wirken.”. Nicht einmal in Masowien war ihre Ansiedlung
als Einsatz gegen den Feind gedacht. Das stellte den Templern andere
und neue Aufgaben: Sie mussten Menschen ins Land ziehen und Dörfer
und Städte errichten. Die kleinen Konvente konnten und sollten keine
Burgen bauen. Nur Wachttürme dienten der Bevölkerung als Schutz.
So konnte kein Widerstand geleistet werden, als 1241 der Mongolensturm
über Polen hereinbrach. Zwei der „besten Türme” des Ordens und drei
ungeschützte Ortschaften fielen ihnen zum Opfer. Auch die Templerbesitzungen
in Böhmen und Mähren konnten nicht verteidigt werden und
wurden verwüstet. Heinrich II. von Niederschlesien stellte sich mit einem
Heer den Mongolen entgegen. In der Schlacht bei Liegnitz am 9. April
1241 verlor der Orden an seiner Seite Ritter und Brüder und 500 seiner
Leute. In Ungarn, wo der Orden seit längerer Zeit Besitzungen hatte
und die Konvente grösser waren, verlor Meister Jacobus de Monteregali
wenige Tage darauf in der Schlacht am Sajö mit vielen Brüdern sein L e ben;
König Bela IV. entkam. Nur der unvermutete Rückzug der Mongolen
rettete die deutschen Grenzlande vor weiterer Verwüstung. Aber
da die Gefahr noch nicht abgewendet war, kamen der Meister der
deutschen und slavischen Provinzen und der neue ( ? ) ungarische Meister
nicht im Sommer 1241 zum Kapitel nach Paris sondern entsandten ihre
Vertreter, damit das Kapitel in gewohnter Weise abgehalten werden
konnte. Doch die Mongolen kehrten nicht zurück. Das Zerstörte wurde
wieder aufgebaut. Der Orden führte seine Tätigkeit, die in den slavischen
Ländern anders als im Orient vor allem dem Frieden diente,
fort . „Die Templer haben im ganzen nordostdeutschen Kolonialgebiet
– mit alleiniger Ausnahme des Gebietes östlich der Weichsel, für
das andere Verhältnisse und andere Notwendigkeiten massgebend waren-
keinen einzigen wirklich bedeutenden Burgort und keinen einzigen
ehemaligen Kastellaneiort besessen.”1011).

In Palästina bewährte sich nach der schweren Niederlage von 1244 die
festgefügte Ordnung des Templerordens. Wie vorgeschrieben führte ein
Vicemagister, Guillelmus de Rocaforti, den Orden, bis ein Grossmeister
gewählt werden konnte. Die führenden Ordensritter waren gefallen;
aus dem Westen würde erst im Frühjahr 1245 Ersatz kommen. Aus
den Besatzungen der Burgen konnte nur unter grossen Gefahren ein
Konvent zusammengerufen werden, um die 13 erforderlichen Wahlmänner
zu bestellen; denn die Truppen Ajjübs und die Scharen der
Chwarizmier durchzogen das Land und drangen bis in die Nähe der
christlichen Hafenstädte vor. Wann der 17. Ordensmeister gewählt
wurde, ist nicht überliefert. Sein Name findet sich in der englischen Grossmeister-Liste
von 1442, sein Todestag im Kalendarium. Es ist der letzte
Eintrag des Todestages eines Grossmeisters. Seine Herkunft ist nicht
bekannt. Richard de Bures hatte 1241 als Kastellan von Safitha (Chastel
blanc) einen Vertrag zwischen Boemund V. und den Johannitern unterzeichnet.
1243 hatte man ihn zu einem der Schiedsrichter im Streit
der Templer und Johanniter um ihre Besitzungen in der Grafschaft
Tripolis und in der Herrschaft Margat gewählt. Über seine Amtswaltung
als Grossmeister ist nichts bekannt geworden. Das Jahr seines
Todes kann nur durch den Amtsantritt seines Nachfolgers erschlossen
werden.

Ohne die Hilfe des Abendlandes waren die Orden, die weltlichen und
geistlichen Fürsten nach ihren schweren Verlusten nicht zu einer kriegerischen
Unternehmung fähig. Aber – schon Gregor IX. hatte nicht mehr
alle seine Mittel für den Keuzzug eingesetzt. Dass er das negotium Terre
Sande mit der Unterstützung Griechenlands und dem negotium imperii
verbunden hatte, nahm dem Kreuzzugsgedanken seinen eigentlichen religiösen
Sinn1. Innozenz IV. hatte Ordensbrüder in seiner unmittelbaren
Umgebung, ein Templer- und ein Johanniter-Kämmerer begleiteten ihn
auf seiner Flucht von Rom mit wenigen anderen Vertrauten. Unier
dem Schutz heider Orden fand das erste Konzil von Lyon statt, aber
sie konnten den Papst nicht für einen Kreuzzug gewinnen Er beklagte
wohl den Verlust Jerusalems und die Niederlage der Christen in pathetischen
Worten: Rachel plorans . . . , aber anstatt die Orden zu
unterstützen, beanspruchte er ihre Hilfe. Sie sollten den Grafen Thomas
von Acerra, der sich noch in der Grafschaft Tripolis aufhalte, vertreiben20),
da der Papst immer noch befürchtete, es bestünde eine kaiserliche Partei
im Heiligen Lande. So mahnte er alle Christen im Orient, auch die Templer,
nicht zum Kaiser abzufallen, „damit Ihr, nachdem sie (die Kirche)
die Freuden des erlangten Friedens geniesst, um so sicherer unter den Flügeln
ihrer Macht Frieden habt”. Das wurde 1247 geschrieben, in dem
Jahr, in dem Tiberias und Askalon von den Muslimen eingenommen
wurden. Als dann 1249 unter der Führung Ludwigs des Heiligen der letzte
grosse Versuch zur Wiedergewinnung des Heiligen Landes gemacht
wurde, verlangte der Papst von den Komturen der drei Ritterorden in
Italien eine Unterstützung des Kardinals von S. Giorgio in Velabro in
negotio totius generalis ecclesie, d.h. für seinen Kampf gegen den Kaiser,
und verbot den englischen Kreuzfahrern, dem Kreuzzug Ludwigs zu
folgen. Wenn im Laufe des 13. Jahrhunderts eine zunehmende Verweltlichung
aller geistlichen Orden sichtbar wird, so ist eine der Ursachen
dafür darin zu sehen, dass die Päpste ihnen auf diesem Wege vorangegangen
waren. Die Kritik an den Kreuzzügen stellte mit dem Zweifel an ihrem
Sinn auch die Daseinsberechtigung der Ritterorden in Frage. Dabei
ist es bemerkenswert, dass eine Kritik an den Ritterorden selbst ganz
zurücktritt gegenüber einer heftigen Kritik an den anderen Orden und
der Geistlichkeit überhaupt.