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Die Geheimstatuten des Templerordens

Das Schriftstück, welches Merzdorf für seine Edition benutzte, schien seiner Auskunft nach eine Kopie von Originalen zu sein, die “nach den am Rande stehenden Notizen in den Untersuchungsacten gegen den Templerorden (…) liegen und im Vaticanischen Archive abgeschrieben sein will”. Die Handschrift habe offenbar – Merzdorf betont, dass sich hier nichts sicher nachweisen lasse – seit Beginn des 19. Jahrhunderts in St. Petersburg gelegen, von wo aus sie mit dem freimaurerischen Nachlass des Staatsrats Böber (Großmeister der Loge “Wladimir zur Ordnung” des schwedischen Systems) nach Hamburg an einen gewissen Dr. Buek gelangt sei, der sie wiederum der Hamburger Großloge übereignet habe, wo Merzdorf sie schließlich einsah. Merzdorf diskutiert die Frage, wer den Text gefälscht haben könnte und wandert hierbei die damals bekannten Kreise und Personen freimaurerischer und neotemplerischer Ideen ab. Zu einem abschließenden Ergebnis kommt er nicht, auch wenn er dazu tendiert, dass die Statuten echt seien. H. Prutz (1878) beweist akribisch, dass die Merzdorfschen Statuten eine Fälschung des 19. Jhds. sind. und wohl im Freimaurerumkreis entstanden.

Die “Merzdorfschen” Geheimstatuten bestehen aus drei Teilen, wobei Teil 1 die reguläre Ordensregel mit den bekannten 72 Punkten ist, versehen mit einigen Addenda zum Loskauf der Gefangenen und dem schuldigen Gehorsam an den Patriarchen von Jerusalem. Teil 2 nennt sich “Statuta Secreta”, angeblich eingesetzt vom Präzeptor der Normandie Roger de Montaigu und Robert de Barris, Prokurator der Häuser in der Normandie, Teil 3 “Liber Consolamenti”. Teil 4 enthielt weitere Regeln für geheime Erkennungszeichen und Passwörter von Meistr Roncelin. Der Text ist in Latein (das sich jedoch von der mittelalterlichen Sprachversion unterscheidet) abgefasst. Die einzelnen Paragraphen weisen deistische Züge auf. Es wird von einer Gleichheit der Religionen ausgegangen und die Templer in eine geistige Tradition mit Katharern, Waldensern und Freimaurern gestellt, die alle ebenfalls Zugang zum Kreis der Erwählten erlangen könnten. Die römische Kirche wird als “Synagoge des Antichrist” und “Neu-Babel” bezeichnet. Kandidaten sollten im Trivium und Quadrivium bewandert sein. Zwei verschiedene Aufnahmeriten werden genannt, darunter eine mit Elementen, die den Prozessprotokollen entlehnt sind (Verunehrung des Kreuzes und unsittliche Küsse). Bei der Aufnahme muss der Kandidat ein “Mosesgebet”, ein “Jesusgebet” und schließlich gar das “Baphometgebet” sprechen. Der anschließend enthüllte “Baphomet” wird mit “Allah” angerufen. Anweisungen zu den “Geheimzeichen” und zur “Alchemie” beschließen die Merzdorfschen Statuten.

Ganz unabhängig von diesen heterodoxen Geheimstatuten wurden von einigen Autoren des 19. Jhs. auch die – völlig im Einklang mit der kirchlichen Lehren stehenden – sogenannten Retrais der Ordensregel als “Geheimstatuten” bezeichnet (z. B. Maillard de Chambure: Les Statuts sécrets – Er beruft sich übrigens ebenfalls auf Bischof Münter), was zunächst vielfach für Verwirrung sorgen kann.

Quelltext der Merzdorfschen “Geheimstatuten”

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