Templer - Blog

Heute ist der Todestag des 12. Templergrossmeisters

Gilbertus Erail (Herail, Arayl, Horal, Roral).
1194-21. Dezember 1200

Die Herkunft des neuen Grossmeisters ist nicht bekannt; es wird nicht
einmal deutlich, welchen Namen er geführt hat. Mit einiger Sicherheit
ist anzunehmen, dass er aus Aragon oder der Provence stammte. Die
von Miret y Sans veröffentlichte Liste der Provinzialmeister Katalaniens
und der Provence macht es wahrscheinlich, dass sie von Anfang
an alle aus dem Lande selbst gebürtig waren, wie es später die Regel
wurde. Im Jahre 1183 war Gilbert im Königreich Jerusalem Grosspräzeptor
gewesen3). In die Heimat zurückgekehrt, vielleicht zusammen mit
dem derzeitigen Grossmeister Arnaldus de Turre rubea, wurde er 1185-
l189 magister in Provincia et in partibus Hispanie und vielleicht
nach einem kurzen Aufenthalt im Heiligen Lande 1190-1193 magister
cismarinus, also der stellvertretende Meister im Westen. Seine
Kriegserfahrung in Spanien empfahl ihn; König Alfons II. von Aragon
hat den Orden öfter ausgezeichnet. Beim Antritt seines Magisteramtes
wurde ihm von Papst Coelestin III. das Privileg ‘Omne datum Optimum’
und -im Jahr darauf -die Übergabe einer Grenzfestung durch König
Alfons an den Orden bestätigt. 1196 wurde der katalanische Zweig des
Ordens S. Mariae Montisgaudii und das Hospital S. Redemptoris de
Teruel mit dem Templerorden vereint. Allerdings blieb diese Verfügung
nicht unangefochten.

Gilbert hatte der derzeit bedeutendsten Provinz des Ordens vorgestanden.
Sie ist nur deshalb nicht so bekannt geworden, weil die Templer
der spanischen Reiche für die Landesverteidigung gegen die Mauren eingesetzt
wurden; nur selten kamen spanische Templer in den Orient.

In Palästina sind von Gilbert keine Waffentaten bekannt geworden.
Das Land hatte bis 1195 Waffenstillstand. Heinrich von der Champagne,
den Orden und den Baronen fehlten die Mittel, den ihnen gebliebenen
Küstenstreifen von Tyrus bis Jaffa genügend zu befestigen. Die Jahre
nach dem Tode Saladins, während sein Bruder und seine Söhne einander
die ihnen hinterlassenen Teilreiche streitig machten, wurden von den
Christen nicht genutzt. Die Lage des fränkischen Königreichs in Palästina
hatte sich am Ende des ersten Jahrhunderts seines Bestehens grundlegend
geändert83). Während 70 Jahren bestanden in der Zeit von 1192-1291 Waffenstillstandsverträge zwischen Christen und Muslimen. Die
Handelsniederlassungen von Pisa, Genua, Venedig und Marseille -um
nur die wichtigsten zu nennen -machten den Orden ihren Rang als
vornehmliche und beständige Helfer der Könige streitig. Ihnen galten
seit der Einnahme Jerusalems die meisten Diplome der Könige. Sie unterstützten
im eigensten Interesse eine friedliche Politik, gäbe nicht ohnehin
ein friedliches Auskommen mit den Nachbarn die einzige Möglichkeit
für das kleine Königreich zu bestehen. Schon früher hatten die Templer
Königen, Päpsten und Kreuzfahrern Geldsummen zur Verfügung gestellt;
ihre festen Häuser in Paris, London und Südfrankreich hatten
die Schätze der Könige gehütet. Jetzt nimmt ihre Tätigkeit als Geldverleiher,
-Überbringer und -Verwalter zu, vielleicht in einer Art Rivalität
zu den italienischen Städten; mit dem Vermögen ihrer Handelsgesell-
schaften konnten sie sich allerdings nicht messen. Nicht in ihrem immer
überschätzten Reichtum liegt die Bedeutung der Templer als „Bankiers
des Mittelalters”, sondern in der Erfindung einer sehr komplizierten
Buch- und Rechnungsführung, wie J . Piquet nachgewiesen hat. In
dieser Zeit wirkte der erste namentlich und mit seinem Siegel bekannte
Thesaurar des Tempels von Paris, Aimardus oder Haimardus, 1193 als
cambitor (Wechsler), 1202-1227 als Schatzmeister bezeugt; er war
ausserdem bei der Verwaltung des Templerbesitzes in Francien tätig, wie
viele Urkunden zeigen.

Der Herrschaftsbereich des Grossmeisters des Templerordens, der in
Deutschland, Ungarn, „Slavonien” und Dalmatien, nach 1204 auch
in Griechenland Besitzungen hatte, war bedeutend erweitert. Die
Ordensbesitzungen in Tripolis und Armenien mussten -zu Recht oder
Unrecht -gegen andere Ansprüche verteidigt werden. 1198 wurde ein
Streit mit den Johannitern wegen Besitzungen um Margat und Valania
in der Grafschaft Tripolis dem Papst zur Entscheidung vorgetragen;
der alte Templerpräzeptor Terricus reiste deswegen nach Rom. Es war zu
Kämpfen zwischen beiden Orden gekommen; der Johannitergrossmeister,
an den der Papst mit äusserster Behutsamkeit schreibt, um keinem Urteil
vorzugreifen, hatte sich ins Unrecht gesetzt. Doch zeigt die Bestätigung
des Abkommens beider Orden von 1179 am Tage zuvor durch den Papst,
dass er der Angelegenheit keine grosse Bedeutung beilegte.

Die wichtigste Aufgabe der Grossmeister blieb die Beratung der Könige,
ihre Einflussnahme in die politische Führung des Königreichs, wenn
Waffenstillstandsverträge ihnen jede Aktivität untersagten. Auf Gilberts
und des Johannitergrossmeisters Rat wurde nach dem unglücklichen Tode
Heinrichs von der Champagne die Königin Isabella am 10. September
1197 mit Amalrich (besser Aimerich) von Lusignan vermählt, der auf
seinen Bruder Guido als König von Zypern gefolgt war. Der Kandidat
der palästinensischen Barone, Radulph von Tiberias aus dem Hause St.
Omer, ein Stiefsohn Raimunds von Tripolis, war nach dem Urteil der
Grossmeister zu arm; schon Heinrich von der Champagne habe kaum
seine Hofhaltung bestreiten können. Die Wahl Aimerichs, der als König
von Zypern die Oberhoheit Kaiser Heinrichs VI. anerkannt hatte, um
sich gegen die Ansprüche eines Königs von Jerusalem und vor allem gegen
Byzanz zu sichern, wurde auch von dem deutschen Kanzler und Erzbischof
von Mainz Konrad unterstützt1. Mit Adolf von Holstein und
andern deutschen Fürsten hatte dieser einen Kreuzzug unternommen;
er brachte den Christen Sidon und Beirut zurück, scheiterte aber vor der
Burg Toron (Tibnin); Jaffa ging verloren. Der Tod Heinrichs VI.
setzte diesem Kreuzzug ein vorzeitiges Ende. Ein positives Ergebnis war
die Gründung des deutschen Ritterordens. Sie fand am 5. März 1198 im
Haus der Templer in Akko statt. Der neue Orden erhielt für seine
Ritter und Kleriker die Templerregel. Beide Grossmeister der bestehenden
Orden stimmten dieser Gründung zu, obwohl zu ihren Orden
auch deutsche Ritter gehörten und sie Besitzungen in Deutschland hatten.
Es hatte sich aber schon bei Richards Kreuzzug gezeigt, wie schwer es
war, die Gegensätze der Nationalitäten zu überwinden; bei dem Kreuzzug
der Deutschen war es nicht anders. Dazu kamen die Gegensätze zwischen
den Kreuzfahrern und denen, die im Lande lebten. Man konnte
einander nicht mehr verstehen. Ihnen und den Templern und Johannitern
wird zu grosse Vertrautheit mit den Muslimen vorgeworfen. Die Deutschen
wiederum machten sich dadurch unbeliebt, dass sie streitlustig,
roh und verschwenderisch waren; man wies ihnen ausserhalb Akkos,
wo man sie nicht duldete, Quartiere an. Die Templer wurden dafür verantwortlich
gemacht, dass die Belagerung von Toron abgebrochen wurde;
sie hätten sich, noch dazu durch falsches Geld -ähnlich wie 50 Jahre
vorher bei Damaskus -bestechen lassen, ut fertur. Der neue Orden
hatte zunächst keine Bedeutung. 1209 wird zum ersten Mal in der Estoire
ein Grossmeister namentlich erwähnt.

König Aimerich schloss am 1. Juli 1198 wieder einen Waffenstillstand
auf fünf Jahre und acht Monate. Die Personalunion Zypern-Jerusalem
erwies sich nicht als glücklich; hier war er nur Prinzkonsort, dort König.
Das Königreich Jerusalem hätte seines vollen Einsatzes bedurft.
Der in diesem Jahr zum Papst erhobene Innozenz III. wünschte keine
Verträge, sondern plante einen Kreuzzug. Der Templerorden erschien
ihm als die dazu berufene Truppe. Durch wiederholte Bestätigungen
seiner Privilegien sorgte er, wie Alexander III., dass die Rechte des Ordens
gewahrt blieben.

Immer wieder hat er ihnen ihr grosses Privileg: Omne datum optimum
bestätigt. Immer wieder forderte er die Fürsten und Prälaten zu einem
Kreuzzug auf; er sollte keinen erleben, obwohl, wie man ihm versicherte,
die gegenwärtige Lage wegen der Uneinigkeit der muslimischen Fürsten
für einen Kreuzzug so günstig wäre wie kaum je zuvor. Die zahllosen
Privilegien, die Innozenz dem Orden gewährte, die ständig wiederholten
Ermahnungen, seine Glieder und seine Rechte zu schützen, verschafften
ihm aber auch die Feinschaft der Prälaten. Sie vermehrten den Hochmut
und die Anmassung der Ordensritter, die schon König Richard trotz
seines guten Verhältnisses zum Orden deswegen getadelt hahen soll.
Da die superbia nach der mittelalterlichen Ethik die Wurzel allen Übels
ist, wiegt dieser Vorwurf besonders schwer. Der latenten Feindseligkeit
der Prälaten gegen den Orden wird es zugeschrieben werden müssen, dass
der Bischof von Sidon 1199 den ganzen Orden, sogar mit seinen Affiliierten,
exkommunizierte. Vom Papst wurde ihm aufgetragen, zusammen mit
dem Bischof von Byblos (Dschubail, Gibelet) zu entscheiden, ob die Templer
mit Recht dem Bischof von Tiberias 1300 Besanten und anderes Gut
vorenthielten, die ihnen sein Vorgänger übergeben hatte. Da der Grossmeister
nicht zur Verhandlung kommen konnte, weil er gegen den Sultan
von Aleppo zu Felde gezogen war, sandte er zwei Brüder. Es kam zu
keinem Vergleich. Der Bischof von Sidon verlangte die sofortige Rückgabe
des Geldes -der andere Bischof war nicht anwesend -und sprach,
ehe noch die Brüder den Grossmeister in Akko verständigt haben konnten,
die feierliche Exkommunikation des Ordens aus, obwohl inzwischen der
Grossmeister schon die Angelegenheit mit dem Patriarchen geregelt
hatte, wenn der Bericht der Templer an den Papst ganz den Tatsachen
entspricht. Jedenfalls hatte er die gewünschte Wirkung. Der Bischof
von Sidon wurde seines Amtes enthoben, bis er Vergebung eingeholt
hahe. Ob der Bischof von Tiberias entschädigt wurde, erfährt man
nicht. Der Papst verhielt sich ganz anders als in dem Streit zwischen
Templern und Johannitern; ohne den Versuch zu machen, einen Vergleich
zu bewirken, verurteilte er den Prälaten. Auf alle Weise trat er
für den Orden ein und suchte Brüder für ihn zu gewinnen. E r wiederholte
das wohl aus einem bestimmten Anlass von Alexander III. erlassene
Verbot an den Patriarchen von Jerusalem, die Templer mit dem Kirchenqui
bann zu bestrafen. Ein allgemeines Verbot an alle Prälaten, die Templer
zu exkommunizieren, ist wohl erst von Honorius III. erlassen worden.
Innozenz III. ordnete an, dass Templer, die gegeneinander oder Brüder
anderer Orden oder Kleriker die Hand erhohen hätten, von den Diözesanbischöfen
absolviert werden sollten, auch wenn sie vor ihrem Eintritt in
den Orden sich so vergangen hatten, dass sie hätten exkommuniziert werden
müssen. Simonie ist natürlich auch den Templern verboten, „mit
denen aber, die bisher in Einfältigkeit gesündigt haben, könnt Ihr milder
verfahren, wenn eine dringende Notwendigkeit oder ein ersichtlicher Vorteil
es verlangt, so wie es Deine Einsicht für am vorteilhaftesten hält”,
schreibt Innozenz an den Patriarchen; „von den Brüdern, die zum Kriegsdienst
abgeordnet in heimlicher Beichte bekennen, dass sie die Weihe eines
Subdiakon empfangen haben, möchten wir Deine Frage so beantworten,
dass, wenn kein rechtsgültiger Beleg darüber vorliegt, ihnen dieser Beichte
wegen nicht öffentlich aufzuerlegen ist, vom Kriegsdienst zurückzutreten”.
Nur wenn Dokumente über ihre Weihe vorlägen, sollten sie im
geistlichen Gewand dem Orden weiter dienen, damit nicht gegen die Kanones verstossen würde. Diese nur scheinbare Umgehung der kanonischen
Vorschriften geschieht, damit nicht Templer sich dem Kriegsdienst
unter falschem Vorgeben entziehen könnten. Freilich kann diese Erlaubnis
auch anders verstanden werden. Nicht ohne Grund wird in der französischen
Regel verlangt, dass jeder beim Ordenseintritt seinen Stand
angeben muss, in dem er auch zu verbleiben hat. Unter den etwa 50
Mandaten Innozenz III. für den Templerorden aus der Sammlung
d’Albon findet sich, soweit ich sehe, nur eines, das sich an den magister
cismare Guillelmus Oculus Bovis richtet, das den Orden -aber den Orden
im Westen -schwer angreift. Derselbe Vorwurf wird immer wieder erhoben:
anstatt nur einmal im Jahr, wie es ihnen gestattet war, besuchen
sie häufig interdizierte Städte und teilen dort die Sakramente
aus. Denen, die um zwei oder drei Denare in ihre confraternitas aufgenommen
sind, gewähren sie ein christliches Begräbnis, auch Ehebrechern,
Wucherern und anderen Übeltätern, die dem Interdikt verfallen
waren: iam non moderate utentes mundo velut religiosi homines
propter Deum, sed ut suas impleant voluptates religionis imagine utuntur
solummodo propter mundum. Et cum debuissent aliis esse odor vitae in
vitam, facti sunt odor mortis in mortem. Dass sie auf der Brust eines Landstreichers
(in cuiuscunque tructanni pectore) das Kreuzeszeichen anbringen
und ihn so der Rechtsprechung seines Diözesanen und seinen Geldforderungen
entziehen, nennt Innozenz eine Teufelslehre (doctrina daemoniorum).
Die päpstlichen Privilegien selbst -die den beiden anderen
Ritterorden mit fast demselben Wortlaut auch erteilt worden waren-
hatten zu diesen Überschreitungen geführt. 1212 hob der Papst das der
Templer und Johanniter wegen über die Stadt Tripolis verhängte Interdikt
auf, weil Templer und Johanniter sich nicht daran gebunden
fühlten, „damit sie nicht über die Klagen anderer lachen, mögt Ihr mit
unserer Erlaubnis als Strafe für ihre Anmassung die Messe feiern, solange
sie das Interdikt verletzen”. Weder mit der „Schelte” an den Meister
im Westen noch mit der von den Orden durchgesetzten Aufhebung des
Interdikts war eine Änderung zu erwarten. Sowohl die Macht, die die
Orden in dieser Zeit erlangt hatten, als auch ihre durch die politische
Lage bedingte Untätigkeit schadete den Brüdern.

Im allgemeinen hielt man sich auf beiden Seiten an die Verträge;
nur gelegentlich kam es zu Waffenhandlungen wie zwischen Boemund IV.
von Tripolis und dem Sultan von Aleppo, an denen auch die Templer
unter ihrem Grossmeister beteiligt waren. Bald nach dem Abzug der
Deutschen wurde ein Attentat auf König Aimerich versucht. Es misslang.

Die Schuldigen flohen zu den Templern. Sie wurden ausgeliefert und hingerichtet.
Das Asylrecht der Templer wurde von Innozenz III. am 8. März
1200 ausdrücklich bestätigt, so wie es jede geistliche Stiftung besass;
doch hat der Grossmeister nach der Erzählung des Chronisten die Auslieferung
nicht verweigert. Odo von S. Amand musste noch um seine Stellung
kämpfen. Gilbert Erail hatte von einem König, den er mit andern
„gemacht” hatte, nichts zu befürchten.

1196-1197 scheint Gilbert Erail im Westen gewesen zu sein, wo er
am 29. April 1196 den katalanischen Zweig des Ordens S. Mariae Montisgaudii
mit dem Templerorden vereinte und seine Brüder als fratres der
Templer in Teruel aufnahm und im August 1197 die schon vollzogene
Schenkung eines Friedhofes durch den Bischof von Tortosa am Ebro an
die Templer zusammen mit fast allen Ordensoberen Aragöns unterzeichnete.
Gilberts bedeutendstes Vorhaben, die Festung Gaston
(Baghräs) zurückzugewinnen, musste er seinem Nachfolger zur Ausführung
überlassen. In hartnäckigen Kämpfen und Verhandlungen musste die
Burg Leo wieder abgerungen werden. Gilbert starb am 12. Dezember 1200.

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