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KI übersetzt alte Choralbücher in Graz

54 Graduale und Choralbücher des Grazer Franziskanerklosters aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit werden derzeit digitalisiert und mittels Künstlicher Intelligenz (KI) übersetzt. „Kaum jemand liest und übersetzt höchstpersönlich noch die alten lateinischen Texte“, wird Projektleiter Robert Klugseder von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in der „Kleinen Zeitung“ zitiert.

Zuerst müssten die Bücher fotografiert, digitalisiert und schließlich mittels einer KI namens „Transkribus“ übersetzt werden, so der Musikwissenschaftler. Aus dem Foto filtert die KI die lateinischen handgeschriebenen Texte; sie erzeugt daraus einen digitalen Text und übersetzt ihn in die gewünschte Zielsprache. Ziel sei, die Choralbücher Forschern weltweit zugänglich zu machen: „Sie können sofort auf die digitalisierten Werke zurückgreifen und müssen nicht extra anreisen und die heiklen Werke händisch durchsuchen“, so Klugseder.

Zwar ist der Einsatz von KI in der Geisteswissenschaft bereits üblich. Nicht etabliert sei jedoch das Erkennen und Digitalisieren von Handschriften, sogenannten Gradualien. Die Schwierigkeit liege darin, die Übereinstimmung von Noten und Text automatisiert herzustellen. Dazu werde die KI aktuell von Studierenden trainiert, erklärte Klugseder.

16. und 17. Jahrhundert
Digitalisiert werden zurzeit 54 Handschriften aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die zum gemeinsamen Singen gregorianischer Choräle verwendet wurden. Texte und Noten wurden auf Pergament gezeichnet und mit aufwendig gemalten Initialen verziert. Somit sind die Bücher auch für die Liturgiewissenschaft von Interesse, da man mit ihrer Hilfe verfolgen kann, wie sich die Texte und Notationen im Lauf der Jahrhunderte verändert haben.

Finanziert wird das einjährige Digitalisierungsprojekt laut Bericht hauptsächlich mit einer EU-Förderung: Von den 120.000 Euro Projektkosten trage die EU 90.000 Euro; den Rest teilten sich der Orden der Franziskaner und die Akademie der Wissenschaften. Als weiteres Vorhaben möchte Klugseder alle derartigen Werke in Österreich digitalisieren – auch der anderen Orden und Diözesen; insgesamt etwa 300, so der Wissenschaftler.

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