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Nachhaltig? Wie Unternehmen tricksen

Darum ist Greenwashing ein Problem
Weil Umwelt und Naturschutz den Menschen wichtig sind, werben Firmen mit nachhaltigen Produkten. Nur: Die sind längst nicht immer so ehrlich und grün, wie sie daherkommen.

Darum geht’s:
Greenwashing und echte Nachhaltigkeit sind nicht einfach zu unterscheiden
Angelehnt an die Definition des Oxford Dictionary bezeichnet Greenwashing (auf Deutsch „Grünwaschen“ oder „Grünfärben“) eine Strategie, mit der sich Akteure und Akteurinnen durch die gezielte Verbreitung von Desinformationen ein Image ökologischer Verantwortung zu verschaffen suchen.
Hierbei ist wichtig zu unterstreichen, dass mit Desinformationen nicht zwingend die Unwahrheit gemeint sein muss. Oft sind die „grünen Behauptungen“ des Unternehmens sogar wahr, das Kerngeschäft der betroffenen Firma ist allerdings meist nicht umweltfreundlich. Mit anderen Worten: Die Unternehmen lenken von anderen Problemen, die ihre Produkte verursachen, ab.

Greenwashing funktioniert in vielen Fällen beziehungsweise zieht auch bei Verbraucher:innen, weil das Bewusstsein für nachhaltiges Leben und die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und grünen Technologien in den vergangenen Jahren immer stärker geworden sind.

So rechnen beispielsweise dem Bundesumweltministerium zufolge GreenTech-Unternehmen in Deutschland bis 2025 mit einem durchschnittlichen jährlichen Umsatzwachstum von 9,9 Prozent. Und im Jahr 2020 hat das weltweite Marktvolumen der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz erstmals die Marke von vier Billionen Euro überschritten.

Einige Unternehmen legen in ihren Nachhaltigkeitszielen sogar mehr Ehrgeiz an den Tag als die Politik. Google beispielsweise will bis 2030 CO2-frei sein. Ikea plant, bis 2030 klimapositiv zu sein, also mehr Treibhausgasemissionen zu reduzieren als in der Wertschöpfungskette ausgestoßen werden. Amazon will Klimaneutralität bis 2040, ebenso wie die Deutsche Telekom. Die Deutsche Post bis 2050.

So weit so gut. Doch ambitionierte Ziele sind die eine Sache. Was zählt, ist letztlich, ob sie auch eingehalten werden. Ein aktueller Bericht vom NewClimate Institute in Zusammenarbeit mit Carbon Market Watch hat darum 25 der weltweit größten Unternehmen untersucht. Die Autor:innen kommen zu einem enttäuschenden Urteil: Die Versprechen der Unternehmen sind im Grunde nicht viel wert.

So verbinden laut den Autor:innen 12 der 25 untersuchten Unternehmen ihre Netto-Null-Ziele nicht mit einer spezifischen Verpflichtung zur Emissionsreduktion für ihr Netto-Null-Zieljahr.

Und die 13 Unternehmen, die genaue Angaben dazu machen, was ihre Netto Null-Zusagen bedeuten, verpflichteten sich der Studie zufolge, ihre Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette ab 2019 um durchschnittlich nur 40 Prozent zu reduzieren – anstelle der 100 Prozent, die sie offiziell angeben.

Insgesamt beurteilen die Autor:innen die Verlässlichkeit der Klimaziele bei 21 von 25 Unternehmen als „gering“ oder „sehr gering“. Die betroffenen Unternehmen hingegen widersprechen den Ergebnissen der Studie und kritisieren etwa die Methodik. Letztlich steht so Aussage gegen Aussage.

Dass das möglich ist, liegt an einem generellen Problem im Nachhaltigkeitsbereich: Es gibt keine allgemeingültigen Standards und damit unheimlich viel Spielraum für Interpretation.

Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Greenwashing führt Verbraucher:innen in die Irre
Einen „grünen Stempel“ geben sich viele Unternehmen heute auch in Hinblick auf ihre Produkte sehr schnell – oft machen sie sich damit allerdings grüner, als sie wirklich sind.
Am einfachsten geht das mit Bildern und Symbolen, die Verbraucher:innen ein falsches Bild vermitteln können. Sieht man im Supermarkt beispielsweise eine Packung Eier, auf der Hühner auf einer grünen Wiese mit ganz viel Platz abgebildet sind, entsteht schnell der Eindruck, dass die Eier von freilaufenden Hühnern auf einem Bio-Bauernhof stammen.

Ähnlich funktioniert es bei Fleisch – das glücklich aussehende Schwein auf der sattgrünen Wiese, das auf der Verpackung abgebildet ist, hat oft nichts mit dem Schwein aus konventioneller Massentierhaltung zu tun, von dem das Fleisch in der Packung stammt.

Manchmal erfinden Unternehmen auch ihre eigenen Stempel oder Siegel, die überhaupt nichts mit offiziellen Vergabestellen zu tun haben. Aber oft sehen sie grün aus, seriös, mit umweltfreundlich klingenden Claims und vermitteln so den Eindruck: kauf ruhig unser Produkt, du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben.

Problematisch sind auch fehlende rechtlich bindende Definitionen, die es Herstellern leichter machen, ihre Produkte grün zu waschen. Wenn beispielsweise ein Hersteller damit wirbt, dass die Produkte „regional“ sind, kann er das problemlos tun, ohne zu klären was „regional“ oder „von hier“ eigentlich bedeutet.

Es gibt keine rechtlich bindende Definition, wo Regionalität anfängt und – vor allem – wo sie aufhört. Ebenso verhält es sich mit Worten wie „klimafreundlich“ oder „umweltschonend“. Diese Begriffe sind auch weder genau definiert, noch geschützt.

Auch beim Greenwashing selbst sind die Grenzen fließend
Wenn ein Bekleidungsgeschäft damit wirbt, dass seine T-Shirts aus Bio-Baumwolle hergestellt werden, ist dies erstmal eine gute Nachricht. Diese hat aber oft zwei Kehrseiten. Zum einen ist es mitunter nur ein winziger Bruchteil des gesamten Sortiments, der nachhaltig und umweltfreundlich hergestellt wird.

Zum anderen vergessen Kunden und Kundinnen so vielleicht schneller, dass ihre Kleidung zwar aus Bio-Baumwolle, aber immer noch unter menschenunwürdigen Bedingungen genäht wurde. Man nimmt also ein (nachhaltiges) Produkt aus der gesamten Produktpalette und hebt es hervor, damit der Rest in den Hintergrund gerät.

Eine besonders dreiste Art, Greenwashing zu betreiben, ist es, nachhaltige Merkmale bei Produkten hervorzuheben, die ohnehin schon längst gesetzlich vorgeschrieben sind.

Es gibt bis heute Unternehmen, die beispielsweise Haarsprays oder Matratzen mit dem Label „FCKW-frei“ verkaufen. Dabei ist der Stoff sowieso seit 1991 per Gesetz verboten. „Werbung mit Selbstverständlichkeit“ nennt dies die Verbraucherzentrale NRW.

Bernhard Burdick, Gruppenleiter Lebensmittel und Ernährung, sagt dazu: „Das ist wie zu sagen: unser Mineralwasser ist glutenfrei und ohne Laktose. Es ist selbstverständlich, aber man kehrt es hinaus.“ Oft passiere dies mit Schlagworten oder Stoffen, die Verbraucher:innen gerade sowieso im Kopf präsent sind und die Hersteller „reiten dann auf der Welle mit“.

Auch auf Unternehmensseite sollte man mit Greenwashing vorsichtig sein, das kann nämlich auch für das Unternehmen schnell nach hinten losgehen. Finden die Verbraucher:innen erst einmal heraus, dass sie – bewusst oder unbewusst – getäuscht wurden, führt dies schnell zu einem Vertrauensverlust in die Marke oder das Unternehmen.

Gerade in Zeiten von sozialen Medien wird auch schnell zu einem Boykott der jeweiligen Marke aufgerufen und das Unternehmen kann dies unter Umständen schnell zu spüren bekommen.

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