Papst schreibt an Priester: Nein zu spiritueller Weltlichkeit
Papst Franziskus hat den Priestern in seinem Bistum Rom einen langen Brief geschrieben. Darin warnt er sie vor Weltlichkeit und Klerikalismus, bestärkt sie aber vor allem in ihrem Dienst.
Franziskus hat den sechs Seiten langen Text während seiner Reise nach Lissabon unterzeichnet, am Montag wurde der Brief vom vatikanischen Presseamt veröffentlicht. Der Papst geht nicht direkt auf laufende Reformprozesse im Bistum Rom ein. Stattdessen schlägt er einen drängend spirituellen Ton an. Als Nachfolger des hl. Petrus ist der Papst Bischof von Rom; dementsprechend ist seine Bischofskirche nicht der Petersdom, sondern die römische Lateranbasilika.
„Gedanken der Begleitung und der Freundschaft“
Gleich eingangs erklärt Franziskus, es gehe ihm um einen „Gedanken der Begleitung und der Freundschaft“. Er hoffe, die Priester seines Bistums damit in ihrem oft schwierigen Amt zu unterstützen. „Es ist wichtig, dass wir uns voll Sorge und Mitgefühl gegenseitig ansehen“, so der Papst. Er danke den Priestern für alles, was sie tun. Zugleich gibt er zu bedenken: „Unser priesterliches Wirken wird nicht an seelsorglichen Erfolgen gemessen – der Herr selbst hatte im Lauf der Zeit immer weniger Erfolge dieser Art“. Die Priester sollten sich nicht in hunderterlei Aktivitäten aufreiben, „sondern beim Herrn bleiben, um Frucht zu bringen“, und allen „Misserfolgen und Niederlagen“ zum Trotz gelassen und mit der „Einfachheit des Herzens“ immer wieder von neuem anfangen.
„Das ist der Geist, aus dem heraus ich euch schreibe. Ich fühle mich auf dem Weg mit euch zusammen und würde euch gern spüren lassen, dass ich euch in Freud und Leid nahe bin… Vor allem teile ich euren Wunsch nach affektiver und tatsächlicher Gemeinsamkeit.“ Er bete täglich darum, „dass unsere Mutter Kirche von Rom, die zum Vorsitz in der Liebe berufen ist, das wertvolle Geschenk der Gemeinschaft vor allem in sich selbst bewahrt“, selbst wenn die „Realitäten und Sensibilitäten“ unterschiedlich seien.
„Gott bittet uns, im Kampf gegen spirituelle Weltlichkeit nicht nachzulassen“
Wenn er im Gebet darüber nachdenke, um was der Herr in dieser geschichtlichen Stunde bitte, dann komme ihm folgende Antwort: „Gott bittet uns, im Kampf gegen spirituelle Weltlichkeit nicht nachzulassen“. Franziskus bezieht sich zustimmend auf einen Text des großen französischen Theologen Henri de Lubac, in dem jener die spirituelle Weltlichkeit als weitaus größte Gefahr für die Kirche identifiziert habe. Er spreche ja häufig darüber, so der Papst, aber man möge ihm nachsehen, wenn er es ein weiteres Mal bekräftige. „Die spirituelle Weltlichkeit ist gefährlich, weil sie ein Lebensstil ist, der die Spiritualität auf bloßen Schein reduziert. Sie bringt uns dazu, Geschäftsleute des Geistes zu sein, Männer, die sich zwar mit sakralen Formen umgeben, aber in Wirklichkeit weiter nach der Art der Welt denken und handeln.“
Spirituelle Weltlichkeit zeige sich bei Priestern etwa darin, dass sie „Versuchungen der Macht und des sozialen Einflusses“ nachgäben, „lehrmäßigen Starrsinn“ zeigten oder „liturgischen Ästhetizismus“ pflegten. Weltlichkeit verstecke sich „hinter scheinbarer Religiosität und sogar Liebe zur Kirche“; wer von ihr befallen sei, suche in Wirklichkeit nicht die Ehre Gottes, sondern seine eigene. „Wir brauchen innere Wachsamkeit“, appelliert Franziskus daher. Dann beschäftigt er sich ausführlicher mit Klerikalismus, der aus seiner Sicht eine Spielart spiritueller Weltlichkeit bedeutet. Es mache ihm Sorge, wenn Priester – „womöglich ohne dass wir das merken“ – den Menschen gegenüber so aufträten, als seien sie etwas Besseres, Höheres „und daher vom Rest des heiligen Volk Gottes Getrenntes“.