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Ratschen statt Läuten: Ein Brauch zwischen Tradition und Symbolik

Von Gründonnerstag Abend an bis zur Osternacht ist es still in unseren Kirchtürmen. Über die Kartage verstummen die Glocken. Stattdessen ertönt in vielen Orten das laute Holzratschen. Ein Brauch, der Fragen aufwirft und zugleich eine tiefgreifende Tradition darstellt. Doch woher kommt dieser Brauch? Hat er seine Wurzeln im jüdischen Purim-Fest? Und was für eine Bedeutung steckt hinter diesem Ritual?

Der Brauch des Ratschens, der sich in vielen Regionen Europas findet, hat eine lange Geschichte. In den Tagen vor Ostern, während der sogenannten stille Zeit, werden die Glocken in den Kirchen nicht geläutet. Diese Zeit des Schweigens und der Besinnung markiert die Trauer über den Tod Jesu Christi und die Erwartung seiner Auferstehung. Doch die Stille wird durchbrochen – nicht etwa durch das Läuten der Glocken, sondern durch das laute Ratschen mit hölzernen Klappern oder Rasseln.

Die Ursprünge dieses Brauchs sind vielfältig und nicht eindeutig zu bestimmen. Eine interessante Theorie besagt, dass der Brauch des Ratschens auf das jüdische Purim-Fest zurückgeht. Im Hebräischen bedeutet “Purim” Lose, und es erinnert an die Geschichte von Königin Esther, die das jüdische Volk vor der Vernichtung durch den bösen Haman rettete.

Gemäß der biblischen Erzählung hatte Haman per Los den 13. Adar bestimmt, um alle Juden im persischen Reich zu ermorden. Esther und ihr Onkel Mordechai überzeugten jedoch König Achaschwerosch, die Pläne Hamans zu vereiteln. Das Fest Purim wird bis heute gefeiert, um die Rettung der Juden zu gedenken.

Eine interessante Theorie besagt nun, dass während der Purim-Feierlichkeiten in der Synagoge die Gläubigen an bestimmten Stellen der Lesung aus der Esther-Rolle Lärm machten, um den Namen des Bösen, Haman, zu übertönen. Sie wussten, dass die Geschichte gut ausgegangen war und wollten durch das laute Ratschen und Klappern symbolisch den Sieg über das Böse ausdrücken.

Diese Theorie verbindet auf faszinierende Weise zwei scheinbar unterschiedliche religiöse Traditionen. Sie zeigt, wie Bräuche und Rituale im Laufe der Zeit und durch kulturelle Austauschprozesse miteinander verschmelzen können. Obwohl der Brauch des Ratschens während der Kartage in erster Linie als christliches Ritual betrachtet wird, könnte seine Wurzeln doch bis in die jüdische Tradition reichen.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Verbindung zwischen dem Ratschen zu Ostern und dem Purim-Fest spekulativ ist und nicht eindeutig belegt werden kann. Dennoch zeigt sie auf beeindruckende Weise, wie Religionen und ihre Bräuche miteinander verwoben sind und wie sie im Laufe der Geschichte voneinander beeinflusst wurden.

Unabhängig von seinen Ursprüngen hat der Brauch des Ratschens zu Ostern eine tiefgreifende symbolische Bedeutung. Er erinnert uns daran, dass trotz der Dunkelheit und des Leids in der Welt Hoffnung und Erlösung möglich sind. Das laute Klappern der Ratschen durchbricht die Stille und verkündet die frohe Botschaft der Auferstehung Jesu Christi, der das Böse besiegt und den Weg zum ewigen Leben eröffnet hat.

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