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Selftracking – was ist denn das wieder?

Immer mehr Menschen sammeln Daten über sich selbst. Der Wunsch nach Selbstoptimierung ist Fluch und Segen zugleich.

Quantified-Self: die Vermessung unseres Selbst
2007 ist das offizielle Geburtsjahr der Quantified-Self-Bewegung. Damals kamen zwei US-amerikanische Journalisten auf die Idee, wichtige Körperfunktionen zu vermessen. Schnell breitete sich die Idee aus. Auch in Deutschland gibt es seit vielen Jahren eine QS-Bewegung.

Puls, Herzschlag und Schlaf
Mit Apps und Wearables, wie Smartwatches und Fitnessarmbändern, können wir nahezu alle körperlichen Aktivitäten vermessen. Sie zählen Schritte, registrieren unsere Herzfrequenz und dokumentieren unsere Schlafgewohnheiten. Sie helfen uns dabei, das Gewicht im Blick zu behalten und unsere Körpertemperatur zu kontrollieren.

Apps für jeden Tag
Wer mehr über seinen Körper erfahren möchte, braucht dazu nicht viel. Einfache Fitness- und Gesundheitsapps sind fast auf allen Smartphones vorinstalliert. Genutzt werden sie vor allem von Freizeitsportler:innen. Sie dokumentieren damit beispielsweise ihr tägliches Bewegungspensum oder lassen sich Trainingsprogramme zusammenstellen. Aber auch Sportmuffel haben Schrittzähler und Pulsmesser für sich entdeckt.

Fluch und Segen
Tatsächlich hilft vielen das Selftracking dabei, sich mehr zu bewegen. Aber die Grenzen sind fließend. Die ständige Beobachtung des Körpers hat nicht nur Vorteile. Wenn die Selbstkontrolle zum Zwang wird und wir uns nur noch von Zahlen lenken lassen, können wir das Gefühl für den eigenen Körper verlieren. Besonders neigen psychisch labile Menschen und Jugendliche dazu, sich den Zahlen auszuliefern, wie Forschende herausgefunden haben. Ein „klassisches“ Suchtverhalten durch das Selftracking haben Wissenschaftler:innen aber nicht feststellen können.

Keine Lust auf Dauerkontrolle
Der Reiz der Selbstvermessung hat auch Grenzen. Nach einem halben Jahr ist für viele Schluss. Urlaub, Stress im Job, oder längere Krankheitsphasen sind häufig Gründe, um das Selftracking zu beenden. Andere verzichten ganz bewusst auf die App, weil sie auch ohne technische Unterstützung ihr Bewegungspensum erreichen.

Apps auf Rezept
Es gibt immer mehr Apps, die dabei helfen, Krankheiten zu behandeln. Mit ihrer Hilfe kann man nicht nur Blutdruck, Puls oder Zuckerwerte messen. Sie dokumentieren die Werte auch und bereiten sie so auf, dass der Arzt oder die Ärztin sie mitverfolgen kann. Das ersetzt keinesfalls den Besuch in der Praxis, kann aber dabei helfen, Krankheitsverläufe zu erkennen.

Geforscht wird auch an Apps für psychisch kranke Menschen. Sie sollen messen, wie aktiv jemand ist und daraus – zusammen mit anderen Parametern – ein Risikoprofil erstellen. Wiederholen sich bestimmte Muster, könnte das zum Beispiel dabei helfen, depressive Phasen schneller zu erkennen, vermuten Forschende.

Gesundheits- und Fitnessdaten sind begehrt
Was mit den Daten von Trackern und Wearables passiert, können Nutzer:innen nur begrenzt beeinflussen. Oft ist es schwierig nachzuvollziehen, ob die Anbieter möglicherweise doch herausfinden können, wer sich welche App heruntergeladen hat und ob die sehr persönlichen Daten womöglich auch weitergegeben werden. Wer sich davor schützen möchte, muss sich durchs Kleingedruckte quälen und aufpassen, wo er sein Häkchen in der Datenschutzerklärung macht.

Eine App ist weder Mensch noch Arzt-Ersatz
Auch wenn Selftracking uns gut unterstützen kann: Denken müssen wir schon noch selbst. Nur weil jemand jeden Tag 10.000 Schritte läuft, muss er nicht gesünder sein, als jemand der 8000 läuft. Man muss die Zahlen immer auch im Zusammenhang sehen. Denjenigen, denen das bewusst ist und die sich auch nicht von den Apps kontrollieren lässt, denen können Fitness- und Gesundheitsapps das Leben erleichtern.

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