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Taktische Fehler führten zur schweren Niederlage des Deutschen Ordens

Um den Konflikt mit Polen und Litauen militärisch zu lösen, zog das Heer des Ordensstaates im Juli 1410 nach Tannenberg. Hochmeister Ulrich von Jungingen setzte zunächst auf seine Fernwaffen, ließ sich dann aber zu einem Angriff verleiten.

Als Ulrich von Jungingen (ca. 1360–1410) im Juni 1407 zum 26. Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt wurde, stand dessen Staat auf dem Höhepunkt seiner Macht. Die große Insel Gotland war erobert, die Neumark und weitere Gebiete im Süden waren in Pfandherrschaft genommen worden. Der Ritterorden, der 1226 von Kaiser Friedrich II. das Land der heidnischen Prußen (Preußen) zur Mission zugewiesen bekommen hatte, war durch die Verbindung von effizienter Verwaltung und schlagkräftiger Armee zur Hegemonialmacht im Ostseeraum aufgestiegen.

Zum Erfolgsrezept des Deutschen Ordens gehörte seine Internationalität. Ende des 12. Jahrhunderts von Kreuzfahrern im Heiligen Land gegründet, zog er ehrgeizige und/oder gläubige Adlige aus ganz Mitteleuropa an. Denn weniger der Name denn Erfolge eröffneten eine schnelle Karriere in der Ordenshierarchie. So stammte denn auch Ulrich von Jungingen aus einer süddeutschen Adelsfamilie, hatte als Nachgeborener allerdings das Problem, nur geringe Aussicht auf ein Erbe zu haben. Daher folgte er seinem älteren Bruder Konrad, der 1487 bereits die angesehene Position eines Hauskomturs im Ordensstaat erreicht hatte.

Ulrich von Jungingen (ca. 1360–1410), Hochmeister des Deutschen Ordens
Quelle: picture alliance / akg-images
Mit dessen Protektion gewann Ulrichs Karriere schnell an Fahrt, zumal Konrad 1393 zum Hochmeister gewählt wurde. Drei Jahre später war Ulrich Komtur (Kommandeur) der wichtigen Festung Balga, 1404 übernahm er das Kommando in der Stadt Königsberg (Kaliningrad) und wurde zugleich Ordensmarschall. Damit kam ihm der Oberbefehl über das Heer zu, mit dem der Orden in Samogitien Fuß fassen wollte, einer Region im westlichen Litauen, die zwischen dem Kernland Preußen und den Besitzungen im nördlichen Baltikum lag. Ulrichs Wahl zum Hochmeister dürfte ein Beleg für sein erfolgreiches Vorgehen gewesen sein.

In seiner kurzen Regierungszeit legte er denn auch vor allem den Schwerpunkt auf den Ausbau der Militärmacht. Söldner wurden angeheuert, darunter zahlreiche Armbrustschützen. Parallel dazu wurde die Artillerie verstärkt, indem ihr Steinbüchsen mit verschiedenen Kalibern zugeführt wurden. Das Rückgrat des Ordensheeres aber blieben die etwa 500 schwer gepanzerten Ritter, die weitgehend von anderen Verpflichtungen befreit waren und daher eine Art stehende Truppe bildeten. Hinzu kamen die Aufgebote der Städte.

Dass diese Kommunen – darunter mächtige Handelsstädte wie Danzig – sich nur noch widerwillig den Forderungen aus der Marienburg, dem Sitz des Großmeisters, unterwarfen, hat Ulrich entweder nicht gesehen oder es interessierte ihn nicht. Vielleicht setzte er auch einfach darauf, dass ein Sieg über die außenpolitischen Rivalen inneren Erhebungen einen Riegel vorschieben würde. Denn der Konflikt mit dem Königreich Polen und dem mit ihm verbundenen Großfürstentum Litauen verschärfte sich nicht zuletzt wegen des Engagements in Samogitien.

Im August 1409 erklärte Ulrich von Jungingen Wladislaw II. Jagiello von Polen und Vytautas von Litauen den Krieg. Zunächst sah es gut aus für den Orden. 1410 drangen seine Truppen bis an die Weichsel vor. Es folgte ein Waffenstillstand, den beide Seiten für weitere Rüstungen nutzten. Anfang Juli setzte das polnische Heer in Masowien über die Weichsel und vereinigte sich jenseits des Flusses mit den Litauern. Sie verfügten über 25.000 Mann. Ulrich führte etwa 15.000 Mann ins Feld.

Die folgenden Ereignisse hat der Historiker Johannes Voigt in seiner grundlegenden neunbändigen „Geschichte Preußens“ (1827–1839) ausgeführt. Danach bezogen Polen und Litauer südlich des Großen Damerausees ein Lager. Wohl um die Ordensritter zur Schlacht zu reizen, eroberten sie von dort aus das zwischen Großem und Kleinem Damerausee gelegene Gilgenburg (Dambrowno) und plünderten es aus. Als Ulrich sie daraufhin zum Kampf stellen wollte, hätten sich die Verbündeten einer Schlacht aber entzogen und seien nach Nordosten ausgewichen. Dort, bei Tannenberg, sei es dann schließlich zur großen Schlacht gekommen, schreibt Voigt.

Der schwedische Historiker Sven Ekdahl hat diese Darstellung unlängst mit guten Gründen in Zweifel gezogen. Nach seinen Recherchen, zu denen auch archäologische Feldanalysen gehörten, trafen die Heere nicht im Süden von Gilgenburg, sondern nordwestlich davon aufeinander. Das würde bedeuten, dass die Verbündeten nicht von Südosten zum Schlachtfeld marschierten, sondern von Südwesten, während das Ordensheer von Nordosten anrückte.

Wie die Schlacht, eine der größten des Mittelalters, am 15. Juli 1410 ablief, ist einigermaßen glaubhaft überliefert. Zwar hatten Polen und Litauer ihre Truppen noch nicht aufgestellt. Aber da sie auf bewaldetem Terrain standen, verzichtete Ulrich auf einen sofortigen Angriff. Vielleicht wollte er das auch seinem Heer nicht zumuten, das durch einen Gewaltmarsch ausgelaugt war. Stattdessen beschloss er, auf den Angriff des Feindes zu warten und dann seine Fernwaffen zum Einsatz bringen zu können. Aber je später es wurde, desto mehr verlor der Hochmeister einen taktischen Vorteil: Die Sonne, die zunächst den Gegner geblendet hatte, war nach Süden gewandert.

Schließlich ließ er gegen Mittag seinen Gegnern zwei Schwerter samt der Botschaft überbringen. „Wozu versteckt ihr euch in Wäldern und verberget euch, um dem Kampfe zu entfliehen, dem ihr für wahr doch nicht mehr entgehen könnt?“ Derart herausgefordert, griff der Litauer den linken Flügel des Ordensheeres an. Statt aber in der Defensive zu verharren, gingen die Panzerreiter zum Gegenangriff über, sodass die Position der Schützen sinnlos wurde. Ulrichs Versuch, an der Spitze seiner Garde das feindliche Zentrum zu durchstoßen, scheiterte. Mit ihm fielen mehr als 200 Ordensritter.

Dass der Orden die schwere Niederlage überlebte, verdankte er den ausgiebigen Feiern der Sieger, die sich erst Tage später zum Vormarsch auf die Marienburg entschlossen. Deren Besatzung nutzte die Zeit, sich auf die Belagerung vorzubereiten, die sie schließlich auch bestand. Aber im Frieden von Thorn musste der Orden die Rückgabe einiger Gebiete sowie erhebliche Geldzahlungen zuzugestehen. Vor allem aber war sein Ruf der Unbesiegbarkeit nachhaltig beschädigt. Für Polen und Litauen bedeutete Tannenberg den Aufstieg zur Großmacht.

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