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Der Vatikan ist in den Augen der Politik ein Entwicklungsland

Heiko Maas kritisierte bei dem 100-jährigen Jubiläum in Berlin die Missbrauchsaufarbeitung der Kirche und forderte, sie solle sich der Welt mehr öffnen. Damit beging der Bundesminister einen diplomatischen Fauxpas.
Wenn das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl etwas lehrt, dann, wie man ein Jubiläum nicht begeht. Dabei waren die Rahmenbedingungen gut gesetzt: an Sankt Peter und Paul betonte ein Symposium die historische Dimension, Kardinalsstaatssekretär Pietro Parolin erinnerte an Johannes Paul II., der mit seinem Kampf gegen den Kommunismus zuletzt auch den Fall der Mauer begünstigt hatte, und lobte dezidiert das jüngste deutsche Engagement in der Migrationskrise 2015. Außenminister Heiko Maas begnügte sich damit, die Leistungen der Kirche zu loben, um sie anschließend zu kritisieren, insbesondere hinsichtlich der Aufarbeitung des Missbrauchs. Es war nicht das erste Mal, dass Maas Rom öffentlich düpierte – so erst wenige Tage vor einer Privataudienz mit Papst Franziskus, als er den Widerstand deutscher Priester gegen das Segnungsverbot homosexueller Paaren lobte.

Politiker sind frei, die Kirche zu kritisieren; die Una Sancta ist in den letzte zwei Jahrtausenden deutlich Schlimmeres von der weltlichen Herrschaft gewöhnt als die wohlige moralische Suprematie Deutschlands. Der diplomatische Fauxpas hat jedoch mehrere Ebenen. Da ist zuerst die Form. Jubiläen, insbesondere, wenn sie mit Botschaftern begangen werden, haben repräsentativen und damit feierlichen Charakter. Die Zelebration der Verbundenheit ist der Kern der Sache. Hätte ein deutscher Außenminister die Jahresfeier des Élysée-Vertrages zum Anlass genommen, um die französische Innenpolitik zu kritisieren, man hätte sich zu Recht darüber gewundert. An Jubiläen verteilt man Medaillen, Fotos und Urkunden – keine Backpfeifen.

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