Templer - Blog

Herr Holbach schreibt uns:

Erstmals seit 11 Jahren dreht die EZB an der Zinsschraube und leitet damit die geldpolitische Wende ein. Zehnjährige Bundesanleihen notieren derzeit wieder bei 1.5 Prozent. In den USA liegt die Rendite bereits doppelt so hoch. Im weiteren Jahresverlauf werden 3 weitere Zinsanhebungen erwartet. Sind das gute oder schlechte Nachrichten?

Zunächst einmal: Auch mit einem Zinssatz von 1.5 % lässt sich die Teuerung für Sparer nicht ausgleichen. Nicht einmal bei einem „normalen“ Zinssatz von 6 %. Geldanleger verlieren also in jedem Fall, jetzt marginal etwas weniger. Manche merken es ja nicht einmal: Wer 10‘000 Euro auf einem Sparkonto hat, hat diese Summe auch noch nach einem Jahr dort. Nur kann man sich davon immer weniger leisten. Eine Lobby der Zinssparer wird sich vielleicht erst bemerkbar machen, wenn die offizielle Inflationsrate auf 10 % gestiegen ist. Erst diese runde Zahl wird zu einem Aufschrei führen. Wenn überhaupt.

Werden die Zinserhöhungen der Zentralbanken (USA, EZB und die SNB) irgendwelche
Wirkung bringen? Wird Haareschneiden billiger? Wird der Benzinpreis fallen? Werden
Immobilien im Preis fallen? Werden Flugreisen günstiger? Wird auf dem Oktoberfest das Bier günstiger? Wird das Briefporto gesenkt? Höhere Zinskosten können sogar eher das Gegenteil bewirken, als die Inflation zu bekämpfen. Aber es ist jetzt Mode, zu glauben, dass die „Inflationsbekämpfung“ der Notenbanken die Teuerung zumindest aufhält. Jedenfalls: Der Erfolg sei ungewiss, bemerkt die FAZ. Und die Neue Zürcher Zeitung klärt seine Leser auf: „Mit jedem neuen Zinsschritt droht ein weiteres Börsenfiasko.“

Sie dürfen sich gerne einmal ein Verbraucherpreisindex vom Statistischen Bundesamt ansehen (www.destatis.de). Letzte Veröffentlichung (und schon längst übertroffen): +7.4 % Inflationsrate, +35.3 % Verbraucherpreise Energie, +8.6 % Verbraucherpreise Nahrungsmittel. Die Erläuterung der Behörde: „Der Verbraucherpreisindex misst monatlich die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die
private Haushalte in Deutschland für Konsumzwecke kaufen. Beim Berechnen des Verbraucherpreisindex bzw. der Inflationsrate verwenden wir einen „Warenkorb“, der
650 Güterarten umfasst und sämtliche von privaten Haushalten in Deutschland
gekauften Waren und Dienstleistungen repräsentiert. Mit welchen Gewichten diese Güterarten in den Gesamtindex einfliessen, ist im Wägungsschema festgehalten.“ Es ist kein Geheimnis, dass der Verbraucherpreisindex hedonistisch gefärbt ist. Ob wahr oder nicht wahrgenommen:

Wenn zum Beispiel Butter teurer wird, wird die bisherige Gewichtung im Index
zurückgenommen – mit der internen Begründung, wegen der Teuerung wurde der
Durchschnittsdeutsche eben weniger Butter kaufen. Mit anderen Worten: Wo lesen Sie in Ihrer Zeitung, wann und wie oft warum die Gewichtung im Verbraucherpreisindex geändert wird? Das interessiert wohl keinen. Und viele Statistiker verstehen es selbst nicht. Es wäre nützlich, wenn auch politisch nicht gewollt, dass auch bei uns wie in den USA eine „Statistik“ der „gefühlten Inflation“ veröffentlicht würde. Diese entspricht ohnehin eher der echten Teuerung, wie wir sie jeweils erleben.

Sie lesen regelmässig Vergleiche der Inflationsraten in verschiedenen Staaten.
Vorsicht! Andere Länder haben andere Vorgaben, andere Berechnungsmethoden,
andere „Warenkörbe“, andere Gewichtungen. Die Veröffentlichungen der „internationalen“
Inflationsraten sind gut gemeint. Aber stimmen einfach nicht. Sie können eigentlich nicht die Teuerungsraten von der Türkei, von Russland, China, den USA sowie von Deutschland und der Schweiz direkt vergleichen. Der Spruch „Äpfel mit Birnen vergleichen“ ist hier zwar übertrieben. Bei Äpfeln allein können Sie den Unterschied gut feststellen: Ein Gravensteiner schmeckt anders als ein Apfel der Sorte Golden Delicious (süsslicher) oder von Boskoop (säuerlicher). Dennoch: Die Inflation in der Türkei ist höher als in der Schweiz…

Haben Sie mich richtig verstanden? Die veröffentlichten Inflationsraten werden demnächst wieder etwas sinken. Warum? Der “Warenkorb” wird wieder angepasst…

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