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Wir sollten mehr spielen …

Der Ursprung unseres Spieltriebs
Den Spieltrieb findet man nicht nur bei Menschen- und Säugetierkindern, sondern auch bei Vögeln und Reptilien (bei Letzteren allerdings wurde das Spielen bisher nur in Gefangenschaft beobachtet). Es scheint: Je komplexer ein Gehirn, desto mehr spielt ein Tier in seiner Kindheit.

Affen- und auch Menschenkinder setzen für ihr Spiel auch ein extra „Spielegesicht“ auf, damit der andere weiß, dass es nicht ernst gemeint ist. Alle Beteiligten halten sich an feste Verhaltensregeln: Hunde beißen nicht richtig, Katzen lassen die Krallen eingezogen, und die Rollen „Jäger – Gejagter“ wechseln auch ständig.

Die Theorie, dass Säugetierkinder dabei allein das Jagen, Anschleichen und ähnliche Verhaltensweisen erlernen, gilt inzwischen als überholt. Vielmehr geht die Wissenschaft davon aus, dass vor allem die soziale Kompetenz durch das Spielen trainiert wird. Dadurch können sich Spielende auch besser auf neue Situationen einstellen und Unerwartetes bewältigen.

Spielen trainiert für die unerwarteten Situationen im Leben
Schon als Baby schenken wir dem Unerwarteten mehr Aufmerksamkeit. Das ergab auch ein Experiment der John Hopkins Universität mit elf Monate alten Säuglingen: den Babys wurden dabei Spielzeugautos gezeigt, die eine Rampe runterrollen und gegen eine Wand fahren.

Der zweiten Gruppe wurde gezeigt, wie das Auto wie durch Zauberhand durch eine Wand fährt. Danach durften beide Baby-Gruppen mit dem Auto oder anderen Spielsachen spielen.

Die Gruppe, die das Auto durch die Wand hatte fahren sehen, widmete sich viel mehr dem Auto als die Vergleichsgruppe. Sie wussten: Die physikalischen Gesetze stimmen hier nicht, und wollten das genauer untersuchen.

Entwicklungsstufen des Spiels
Spielen hilft Kindern, sich die Welt zu erschließen. Dabei durchlaufen sie alle dieselben Entwicklungsstufen. Als erstes erkunden Babys die Welt über die Sinneswahrnehmung, über das explorative Spiel: sie heben Gegenstände hoch, beißen hinein, lassen Dinge fallen.

Sobald die Sprache dazu kommt, gehen Kinder zum Rollenspiel über: Sie ahmen den Alltag nach (Mutter-Vater-Kind) oder versetzten sich in eine andere Realität, sind Prinzessin, König, Polizist.

Zuletzt kommt dann das Regelspiel. Hier üben Kinder die Sozialstrukturen ein. Sie halten sich an Regeln oder brechen sie bewusst. Und sie lernen zum ersten Mal zu verlieren. Das Regelspiel ist meist auch das, was als Erwachsene*r weiterverfolgt wird.

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Warum wir als Erwachsene noch spielen
Mit der Pubertät nimmt der Spieltrieb ab (wenn man Computerspiele einmal ausklammert). Trotzdem spielen wir unser Leben lang immer wieder. Woher genau die Basismotivation fürs Spielen im Erwachsenenalter kommt, dafür gibt es verschiedene Theorien. Manche Spieler möchten soziale Interaktion mit anderen, bei anderen steht das Gewinnen im Vordergrund.

Für Sigmund Freud ist Spielen Lustbefriedigung und trägt dazu bei, Konflikte zu verarbeiten, unterdrückte Wünsche zu erfüllen und Tabus zu brechen.

In jedem Fall aber ist Spielen entspannend, da es ohne Leistungsdruck abläuft. Man kann sich in andere Rollen versetzen, die geltende soziale Ordnung wird außer Kraft gesetzt, man darf das, was man sonst nie darf: lügen, täuschen, bluffen. Der Normbruch ist völlig ok.
Spielen bietet eine Auszeit vom Alltag und ist damit auch erholsam.

Der Markt reagiert
Der Spiele-Markt für Erwachsene ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden, die Branche boomt: im ersten Corona-Jahr 2020 stieg der Verkauf von Brettspielen für Erwachsene um 37 Prozent. Es gibt Malbücher für Erwachsene, Ü18-Spielplätze, Escape-Rooms. Und Erwachsene, die sich Kinderspielzeug kaufen, wie Modelleisenbahnen oder Spielzeugautos. Inzwischen hat man für diese Erwachsenen auch einen Begriff gefunden: „Kidults“ – eine Mischung aus „kids“ (Kinder) und „adults“ (Erwachsene).

Regression erwünscht
Dieses Zurückfallen in Kindheitsmuster nennt man in der Psychologie „Regression“. Kritiker befürchten, dass das Zurückfallen in kindliche Verhaltensweise zu einem Jugendwahn führt, dass die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen sinken könnte. Bei vielen Firmen aber ist Regression durchaus erwünscht: Nicht umsonst punkten Tech-Firmen wie Google, Facebook und Apple bei ihren Mitarbeitern mit großen Spielplätzen im Büro.

Denn Spielen ist das Gegenteil von Sorge und von Langeweile. Beim Spiel können Konflikte unter Kollegen gelöst werden, Kreativität und Team-Work wird gefördert, man betrachtet Dinge aus einer anderen Perspektive, ist frei von Angst. Denn: Man darf Fehler machen.

Spielen schadet also nie, außer vielleicht dem eigenen Portemonnaie. Dabei muss man für die positiven Effekte des Spielens gar nicht in teure Escape-Rooms oder den „Todesstern“ von Lego besitzen. Für ein gutes Spiel reichen meist Karten, Würfel oder Stift und Papier.

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