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Die Geschichte des Vatikans (Teil 7)

Die Begrenzung des Vatikans auf das Staatswesen (1555-1870)
Die Periode von 1555 bis 1870 markiert einen entscheidenden Abschnitt in der Geschichte des Vatikans, in dem sich sein politischer und territorieller Einfluss drastisch reduzierte und der Kirchenstaat schließlich von der Landkarte verschwand. Dieser Zeitraum war geprägt von politischen und militärischen Konflikten in Europa, die den Kirchenstaat als Machtakteur beeinflussten, sowie von Veränderungen in der religiösen Bedeutung des Vatikans, die durch den Absolutismus und die Aufklärung geprägt waren.
Der Kirchenstaat als politische Macht im 16.-18. Jahrhundert:
Während des 16. bis 18. Jahrhunderts war der Kirchenstaat eine bedeutende politische und militärische Macht in Europa. Die Päpste spielten oft eine Schlüsselrolle in den zahlreichen europäischen Kriegen dieser Zeit. Sie wechselten häufig zwischen den antihabsburgischen und antibourbonischen Koalitionen, um ihre Interessen zu wahren. Noch im Jahr 1740 erstreckte sich der Kirchenstaat von Bologna über Ancona bis nach Rom und schloss außerdem Avignon ein.
Rückgang der religiösen Bedeutung und Aufklärung:
Die religiöse Bedeutung des Vatikans begann jedoch abzunehmen, da der Absolutismus und die Aufklärung in Europa an Einfluss gewannen. Dies war insbesondere an der nicht mehr national umkämpften Position des Papsttums ablesbar. Von 1523 bis zur Wahl des Polen Karol Wojtyla als Johannes Paul II. im Jahr 1978 waren alle Päpste Italiener. Absolute Monarchen beschnitten den Einfluss der Kirche in ihren Ländern, und die Aufklärung schränkte auf individueller Ebene die Reichweite der Religion als sinnstiftendes Element menschlichen Daseins ein.
Die Französische Revolution und das Ende des Kirchenstaats:
Die Französische Revolution von 1789 markierte den Beginn des säkularen Zeitalters und hatte erhebliche Auswirkungen auf den Kirchenstaat. Dieses politische und gesellschaftliche Umfeld betrachtete den Kirchenstaat als anachronistisches Gebilde. Im Jahr 1809 besetzte Napoleon den Kirchenstaat und führte drastische Veränderungen durch.
Nach der Restauration des Kirchenstaates auf dem Wiener Kongress im Jahr 1815 begann das italienische Risorgimento, die Bewegung für die nationale Einigung Italiens. Im Zuge dieses Prozesses verlor der Kirchenstaat nach und nach sein Territorium, da verschiedene Regionen sich für die Vereinigung mit dem Königreich Italien aussprachen. Der entscheidende Schlag gegen den Kirchenstaat erfolgte im Jahr 1870, als die italienischen Truppen unter Viktor Emanuel II. Rom eroberten und die Stadt in das Königreich Italien eingliederten.
Mit dieser Annexion verschwand der Kirchenstaat endgültig von der politischen Landkarte. Die päpstlichen Gebiete beschränkten sich fortan auf den Vatikan, und der Papst verlor seinen Status als weltlicher Herrscher. Dieser historische Wandel hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Rolle des Vatikans in der Welt und ebnete den Weg für die Entstehung des heutigen unabhängigen Vatikanstaats.

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