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Die „Göttliche Komödie“

Es bedeutende Mahnung an die Lebenden.
Denn die Seele kann frei entscheiden über ihren Rückweg
aus der Hölle. Deshalb muss sie sich entsprechendes
Unterscheidungsvermögen aneignen. Rechtzeitige Besinnung
ist immer möglich. Auf diese jederzeit mögliche
Umkehr macht die Göttliche Komödie dadurch aufmerksam,
dass an vielen Stellen der Komödie bis in die tieferen
Höllenkreise hinein spürbare Verwunderung darüber herrscht,
dass ein „Lebender“ in diese Sphären vordringt. Das
ist eine der Signaturen des verborgenen Wortsinnes. Das ist
der Schlüssel, um im Leben mit der eigenen Hölle abzurechnen.
Meister Eckhart lebte zur gleichen Zeit wie Dante
und betonte: „Die Hölle ist ein innerer Zustand, und wer
die Hölle in sich hat, bringt sie an jeden Ort. In dieser Hölle
brennt der Eigenwille.“ Dante stellt in seinem „Gastmahl“
(Conv. 1,13) das geistige Anliegen noch deutlicher heraus:

„Das wird das neue Licht sein, die neue Sonne, die dann
aufgehen wird, wenn die alte untergeht, und die denen
Licht schenken wird, die in Finsternis und Schatten sitzen
wegen der gewohnten Sonne.“
Die Göttliche Komödie unterscheidet also ganz genau
den gleissenden, äusseren Schein, die Sonne der äusseren
Lebensumstände mit ihrem höchsten kulturellen Niveau
im Unterschied zur ursprünglichen geistigen Sonne mit
ihrem unvergänglichen inneren Leben. Deshalb macht die
Dichtung auch die althergebrachte religiöse Vorstellung
von der Erbsünde als lähmendes Gespinst zunichte. Deshalb
muss diese äussere Sonne mit all ihren Aspekten auf
dem inneren Weg der Seele untergehen.
Nur dann gelangt die Seele zu „vollkommenem Wissen“.
Vergil sieht diese Aufgabe und spricht im 28. Gesang
des Inferno darüber:

„Vollkommene Kenntnis soll ich ihm verkünden.“
(28. Gesang, Inferno)
Aber die Göttliche Komödie liefert den Schlüssel dazu.
Jede Seele muss diese innereigene Kenntnis letztlich selbst
erringen. Im zweiten Gesang des Paradiso spricht Beatrice
eindringlich zu Dante darüber:
„ Verfolge klar den Weg, den ich betrat.
Er wird Dich zur ersehnten Wahrheit führen.
Und selber findest Du hinfort den Pfad.“
(2. Gesang, Paradiso)

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