Templer - Blog

Die Rolle der Kirche

Die zweite grosse gesellschaftliche Schicht des Mittelalters war die Kirche. Ihre geistige Grösse und materielle Macht verdeutlichen die wundervollen Kathedralen, die im 12. und 13.Jahrhundert gebaut wurden.

Ohne die Kirche hätte es keine Bücher, keine Wissenschaft, keine Bildung gegeben. Die grossen Kirchenfürsten – Erzbischöfe, Bischöfe, Abte, Prioren und Domherren –
lebten wie die hohen Herren. Sie waren im Religiösen das, was Herzöge, Grafen und Fürsten im Weltlichen waren. Der Papst war der reichste Landbesitzer im westlichen Europa und hatte viele Lehen, von denen das Papsttum den Zehnten und andere Steuern erhielt. So hatten zum Beispiel im 12. Jahrhundert die Normannen, die Süditalien und Sizilien erobert hatten, ihre Ländereien als Untergebene des
Papstes.

Anfangs missfiel den offiziellen Kirchenherren das Anwachsen der sich rivalisierenden Organisationen innerhalb der katholischen Kirche. Männer, die ihr Leben dem Gebet, der Wissenschaft und manchmal auch der körperlichen Arbeit widmeten, gründeten Mönchsorden wie die Benediktiner, Zisterzienser und Karthäuser. Diese Organisationen blieben Zweige der Kirche, selbst wenn sie aus
Protest gegen den wachsenden Reichtum und die Verweltlichung der Kirche gegründet wurden.

Kirche und Mönchsschulen dominierten auf dem Gebiet der Bildung und Erziehung. Sie lehrten die Söhne des Adels Fesen, Schreiben und Latein sowie die Grundbegriffe
der damaligen Wissenschaft.

Viele führende Staatsmänner, Wissenschaftler und Schriftsteller wurden in Mönchsklostern ausgebildet. Dazu zählte auch Henry of Blois, Bischof von Winchester, der aus der Stadt eine Schatztruhe machte und seine eigenen
Burgen baute. Ein anderer Mann, der seine Autorität sehr klug einsetzte, war der Abt Suger, der Frankreich regierte, während Ludwig VII. auf seinem zweiten Kreuzzug unterwegs war. Er war es, der die Abtei St. Denis in Paris zu einem Pilgerzentrum machte.

Andere Geistliche jedoch benutzten ihre Macht, um ihre Pächter genauso hart zu erpressen, wie es die habgierigen Barone taten. Das war um so gefährlicher, als es Aufgabe der Kirche war, den Frieden im Königreich zu wahren und die Ritter immer wieder an die Ideale des Rittertums und der Ritterlichkeit zu erinnern. In Wahrheit jedoch lagen sich Barone und Geistliche oftmals in den Haaren und befanden
sich manchmal sogar im Krieg gegeneinander. So waren zum Beispiel unter dem französischen König Philipp Augustus der Graf von Auxerre und der Bischof von Auxerre erbittertste Feinde. Der Kleinkrieg, der aus dieser Feindschaft erwuchs, forderte Dutzende von unschuldigen Opfern.

Die Adligen waren oft gierig nach den Besitzungen der Kirche und der Klöster. Bei Feldzügen gegen feindliche Herren machten sie es sich oft zum Prinzip, durch ein Dorf zu reiten, um eine Kirche zu plündern und das Gold- und Silbergerät zu rauben. Die Kirche besass zwar wenig kämpfende Männer, aber sie hatte den Schutz des Königs und des Papstes. Auch hatte sie die Macht, jeden, der die Kirche beleidigte, zu exkommunizieren, d. h. von der Kirche auszuschliessen. Und das war für damalige Verhältnisse eine vernichtende Bestrafung.

Je reicher die Kirche wurde, desto mehr wuchs ihr Ehrgeiz. Sie ermahnte die Fürsten zur Friedenshaltung im eigenen Land, und sie segnete ihre kriegerischen Expeditionen ins heidnische Ausland. Sie war endgültig eine politische Macht geworden.

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