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Neuer Malteser-Chef muss versöhnen und weiter reformieren

Nach dem Tod seines Großmeisters im April, mitten in Verfassungsreform und Pandemie sowie mit einem neuen Papstgesandten an der Seite wählte der Malteserorden einen neuen Leiter. Auf den wartet viel Arbeit.

Joe Biden und Marco Luzzago eint eine Aufgabe. Beide müssen eine gespaltene Gemeinschaft versöhnen: Biden als künftiger US-Präsident, Luzzago als neuer Leiter des Souveränen Malteserordens. Dessen höchstes Leitungsgremium, der Große Staatsrat, wählte Luzzago am Sonntagmittag zum Nachfolger des bisherigen Großmeisters, Giacomo della Torre, der Ende April 75-jährig gestorben war.

Normalerweise dient ein Großmeister des Malteserordens bis zu seinem Lebensende. Doch der 70-jährige Norditaliener Luzzago wurde zunächst einmal nur zum Statthalter gewählt. Damit hat er zwar dieselben Pflichten und Rechte wie ein Großmeister, seine Amtszeit ist aber auf ein Jahr begrenzt. Die Gründe dafür liegen einerseits in den Umständen einer Wahl in Pandemiezeiten, vor allem jedoch in der Verfassungsreform des Ordens. Diese soll, so hofft man, im Laufe des kommenden Jahres abgeschlossen werden.

Keine Verschiebung möglich
Im Vorfeld hatte der frühere Großmeister, der Brite Matthew Festing, mit einigen seiner Gefolgsleute versucht, die Wahl zu verschieben. Doch die Übergangsleitung unter dem Portugiesen Ruy Goncalo do Valle Peixoto de Villas-Boas entschied anders. Für das vergangene Wochenende lud sie den Staatsrat nach Rom. 44 von insgesamt 56 Mitgliedern, unter ihnen zwei Frauen, kamen in die ordenseigene Villa auf den Aventin-Hügel über dem Tiber. Die anderen, so eine Sprecherin des Ordens, seien durch Reisebeschränkungen oder gesundheitliche Gründe behindert.

Bilder vom Gottesdienst und dem eigens errichteten großen Zelt auf dem Ordensgelände sollten belegen, dass die Versammlung pandemie-konform stattfand: Masken, Desinfektionsmittelspender, Thermoscanner, Tische und Stühle auf Abstand. Laut Satzung musste die Stimmabgabe persönlich erfolgen, ein Quorum gibt es nicht.

Malteser seit 1975
Der aus Brescia stammende Luzzago musste nach dem Medizinstudium in Padua und Parma die Leitung familieneigener Unternehmen übernehmen. Dem Orden gehört er seit 1975 an; 2003 legte er die Ewigen Gelübde ab. Seit 2010 war er ausschließlich für die Kommandantur in der Region Marken tätig. Ab Montag wird Luzzago sich gänzlich der weiteren Reform des Ordens widmen müssen – und der Versöhnung seiner Mitglieder.

Nach internen Machtkämpfen zwischen konservativen und eher gemäßigten Kräften im Orden hatte der Papst Großmeister Festing im Januar 2017 zum Rücktritt gezwungen. Zudem entmachtete er den von ihm selbst ernannten Kardinalprotektor des Malteserordens, US-Kardinal Raymond Burke, indem er seinen Vertrauten, Erzbischof Angelo Becciu, als Sonderbeauftragten auf den Aventin schickte.

Im September entzog Franziskus – wohl wegen anderer Vorfälle – Becciu das Vertrauen. Dessen Aufgabe bei den Maltesern übernahm der italienische Erzbischof und langjährige Vatikan-Diplomat Silvano Tomasi, den der Papst Ende November in den Kardinalsstand erheben will. Tomasi war auch an diesem Wochenende ständig präsent.

Von Krisen gebeutelt
Der Malteserorden war in den vergangenen Jahren auch Schauplatz kircheninterner Flügelkämpfe zwischen traditionalistischen Franziskus-Gegnern und gemäßigten, Franziskus-treuen Mitgliedern. Offizielle Gottesdienste wurden wiederholt Anlass eines Streits um den ordentlichen oder außerordentlichen, “alten Ritus”, weswegen Großmeister della Torre im Juni 2019 nur noch den ordentlichen Messritus erlaubte. Als der Brite Henry Sire in seinem Buch “Dictator Pope” schwerste, auch persönliche Vorwürfe gegen Franziskus erhob, wurde er ausgeschlossen.

Bei der Reform ihrer Verfassung und ihres Kodex wollen die Malteser sich vor allem eine zeitgemäßere Leitungsstruktur geben. Jener Teil, der die Organisation als Orden betrifft, muss vom Papst genehmigt werden, anderes nicht. Darüber hinaus sind Reformen in Finanzwesen und Compliance, aber auch bei der Berücksichtigung von Frauen in Entscheidungsfunktionen unterwegs.

Der “Souveräne Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem von Rhodos und von Malta”, so der offizielle Titel, ist politisch ein eigenes Völkerrechtssubjekt und unterhält diplomatische Beziehungen zu 110 Staaten, darunter Deutschland und Österreich. Als kirchlicher Orden jedoch unterstehen die Malteser dem Papst. Vor dessen Gesandten Tomasi und dem Staatsrat legte Luzzago nach seiner Wahl am Sonntagnachmittag seinen Amtseid ab.

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