✠ Blog des ALTEN SOUVERÄNEN TEMPLER ORDENS (ASTO) ✠

Predigt unseres h.e. Grossmeister bei der gestrigen Andacht

Im Heiligenkalender der Kirche hält der 4.
der Augsburger Bischof Ulrich besetzt.
Am 4. Juli 973 ist er gestorben, vor über tausend Jahren. Fünfzig Jahre
J war er Bischof des uralten Handelszentrums, das seit der
Christianisierung des römischen Reiches Bistumsstadt ist.
| Ulrich ist der erste, der vom Papst in einem geordneten
Verfahren heilig gesprochen wurde. Schon zwanzig Jahre
nach seinem Tod geschah dies. Bis dahin beschlossen
die Diözesen selbst die Erhebung und Ernennung ihrer
Patrone.
Ulrich ist der Schutzpatron von Augsburg und der
schwäbischen Diözese. Viele Kirchen sind in Bayern
nach ihm benannt. Dargestellt wird er meist hoch zu
Roß im Bischofsornat mit einem Fisch, oft mit einem
Engel, der ihm den Bischofsstab, den Kelch oder das sogenannte
Ulrichskreuz reicht, das dem „Eisernen Kreuz* *
gleicht, zur Abwehr gegen Unheil, Krankheit, Mäuseplage.
Der Volksglaube schreibt ihm helfende Kraft gegen
Fieber, Körperschwäche und für eine glückliche Sterbestunde
zu. Er ist der Patron der Weber.
Ich erinnere mich und auch andere gerne an Gestalten
der Vergangenheit, die sich dem Gedächtnis der Christenheit
eingeprägt haben, um mir ein Stück Christsein
aus vergangener Zeit zu vergegenwärtigen – und so für
heute aus der Problembewältigung der Menschen jener
Jahre zu lernen.
Auch so erlebe ich mich heute eingegliedert in die große
Kette der Zeugen des Glaubens. Das Nachdenken über
sie öffnet meinen Blick für den weiten Horizont nicht
nur der gegenwärtigen Welt, sondern für die Dimension
von Vergangenheit und Zukunft, denn vor Gott ist die
Vergangenheit nicht Vergangenes und die Zukunft nicht
Künftiges. In ihm, dem Zeitlosen, ist sie Gegenwart.
Ulrich von Augsburg entstammte einem alten alemannischen
Adelsgeschlecht; nur Adelige erhielten die Insignien
eines Bischofs oder eines Abtes. Aber es muß als
außergewöhnlich empfunden worden sein, wie er sein
Bistum betreute: Er entzog sich dem üppigen Lebensstil
der Großen von damals – auch der großen Kirchenfürsten
seiner Zeit – und lebte sparsam, asketisch. Um so
mehr lag ihm die soziale Arbeit am Herzen, viele Legenden
veranschaulichen seine Liebestätigkeit.
Der Heilige von Augsburg wurde in eine Zeit des Wiederaufbaus
hineingeboren. Die Ungarneinfälle hatten
dem Reich Ottos des Großen schweren Schaden zugefügt.
Von Ulrich wird überliefert, daß er seine Diözese
wie keiner vor ihm bereiste, Klöster gründete, zerstörte
Kirchen neu errichten ließ.
Am Sieg des deutschen Ritterheeres über die Ungarn bei
der Schlacht auf dem Lechfeld, die viele für die Rettung
des Abendlandes vor dem Islam halten, wird ihm ein
großer hintergründiger Anteil zugesprochen. Er vor allem
soll es gewesen sein, der die Angst und die Resignation
überwinden half, die sich überall breitgemacht hatten
– ein mitreißender Mann und Bekenner seines Glaubens.
Daß er die Domschule einrichtete, sich um den Ausbau
der Liturgie seiner Kirche und um die Verbesserung der
Predigt in seiner Zeit kümmerte, sicherte ihm einen Platz
unter den verehrten Lehrern, vor allem seiner Diözese.
Er leistete so einen wichtigen Beitrag zur Hebung des allgemeinen
kirchlichen Niveaus, was nötig war.
Ulrich war einer der einflußreichen Reichsfürsten seiner
Zeit. Kurz vor seiner Amtseinsetzung war es zum großen
Bündnis zwischen dem deutschen König und den Bischöfen
gekommen (auf der Synode von Hohenaltheim). Er
nahm an vielen Synoden teil. Als Freund Ottos I . war er
nicht unumstritten. Als er seinem Neffen die bischöfliche
Nachfolge sichern wollte, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen
auf der Synode von Ingelheim, an der
er im achten Lebensjahrzehnt teilnahm (man vergegenwärtige
sich die mittlere Lebenserwartung der Menschen
von damals, die kaum 30 Jahre übertraf). Nach Rom
machte er drei Reisen, zuletzt mit 80 Jahren, da mußte
er getragen werden.
Ulrich von Augsburg war ein Kind seiner Zeit … Aber
in seinem Eifer für sein Amt als Bischof, in seiner Sorge
um die Verkündigung des Wortes Gottes, um den Gottesdienst
und um die Caritas ragte er weit über diese Zeit
hinaus. Seine Nüchternheit gegenüber den machtpolitischen
Entwicklungen seiner Tage – im Innern des Reiches
wie nach außen -, verdient Beachtung und ist lehrreich;
daß er dabei auch selbst auf Macht aus war, holt
ihn wieder zurück in die Reihe mächtiger Menschen.
Auch dieser hervorragende Christ verdient unsere Beachtung,
meinetwegen unsere Verehrung, als einer, der sich
dem Gedächtnis eingeprägt hat; als einer, dessen damaligen
geistlichen Einwirkungen wir bis in die Gegenwart
viel zu danken haben.
Dieser Mann hat auf eindrucksvolle Weise vorgelebt, wie
ein Christ die Spannung zwischen Macht und Demut,
zwischen Einfluß und Bescheidenheit, zwischen der Herausforderung
seiner Zeit und den begrenzten Möglichkeiten
aushalten kann – und zwar so, daß das Wesentliche
wesentlich bleibt und immer wieder zur Hauptsache
wird: Das Evangelium, die Anbetung, die Caritas –
Martyria, Liturgia, Diakonia.
Das alles ist nicht nur das Lebensthema derer, die auf
der Bühne einer Zeit stehen, sondern auch derer, die
zum Publikum gehören. Es ist auch unser Thema.

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