Templer - Blog

Was bedeutet dieser Stich?

Eine der wunderlichsten Blüten der alchemistischen Literatur ist das
berühmte „Mutus Liber” (das stumme Buch), das ein pseudonymer
„Altus” — wohl der 1696 in Utrecht verstorbene „Philologus und
Chemicus” Jacob Tolle — 1677 in La Rochelle (Rupellae) erscheinen
ließ. Es enthält nur Bildseiten von in künstlerischer Hinsicht eher bescheidener
Qualität, die den alchemistischen Prozeß illustrieren, dazwischen
spärliche Bemerkungen wie „bete, lies, lies, lies nochmals
und du wirst verstehen” sowie am Ende „Als ein Sehender wirst du
fortgehen”.
Das Titelkupfer zeigt den Traum Jakobs mit den auf einer Leiter
vom Himmel steigenden Engeln, als Hinweis auf die göttliche Gnade
der Intuition, die dem Schläfer visionär die Natur des „Steines” bzw.
seiner Materia Prima erkennen läßt, im Sinne des Sprichwortes „Den
Seinen gibt’s der Herr im Schlafe”. „Dormiens vigila”, wache im
Schlafen, lautet auch eine Devise im „Amphitheater der göttlichen
Weisheit” des Heinrich Khunrath. — Die Bibelzitate sind spiegelschriftlich
zu lesen: Deut. 33/13, 28; Gen. 27/28, 39; Gen. 28/11, 12. Zwei
davon berichten über den Traum Jakobs, das dritte über den Tau
des Himmels, dessen Aufsammeln mit Hilfe von Tüchern auch auf
einer Tafel des „Mutus Liber” dargestellt wird. Die doppelte Rosenranke
könnte auf die bipolar strukturierte Welt (Sulphur-Mercurius)
hindeuten, die Rose selbst auf das endliche Erblühen des großen
Werkes.

(Bitte auf das Bild klicken um es ganz zu sehen.)

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